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Duell: Island Krimi (German Edition)

Duell: Island Krimi (German Edition)

Titel: Duell: Island Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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Nachmittag war ihr Mann nicht zu Hause, und Hrefna erwähnte ihn auch nicht. Sie war eher klein und etwas mollig und trug die langen Haare offen. Von Dagný wusste Marian, dass sie als Übersetzerin und Dolmetscherin aus dem Russischen arbeitete.
    Marian akzeptierte eine Tasse Kaffee und setzte sich im Wohnzimmer in einen Sessel.
    »Dagný sagte mir, ihr seid …«
    »Wir haben denselben Vater«, führte Marian den Satz zu Ende.
    »Sie ist eine sehr nette Frau«, sagte Hrefna. »Sie hat mir über deine Tuberkulose erzählt.«
    »Wieso das?«, fragte Marian.
    »Es ist … Nun, ein Verwandter von mir hatte Tuberkulose. Er ist auch in Vífilsstaðir gewesen.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Er war aber sehr viel älter als du. Er starb. Er war der Bruder meines Vaters, und die beiden verstanden sich sehr gut. Ich weiß nicht, wie oft er ihn damals in diesem Sanatorium besucht hat.«
    »Es war nicht schlimm, dort zu sein«, entgegnete Marian zurückhaltend und überlegte, was Dagný damit bezweckt haben könnte, Hrefna von dieser Krankheit zu erzählen. Vielleicht, um die Begegnung einfacher zu machen, um das Eis zu brechen.
    »In unserer Familie hat es sehr viele Tuberkulose-Fälle gegeben«, entgegnete Hrefna. »Wir sind ungeschoren davongekommen. Aber vor der Tuberkulose sind wohl alle gleich.«
    »Niemand war dagegen gefeit«, entgegnete Marian.
    »Und in was hat sich Viðar da reingeritten?«, fragte Hrefna. Sie ging in die Küche, um den Kaffee zu holen. Nach kurzer Zeit kam sie zurück, setzte sich aufs Sofa und goss den Kaffee ein.
    »Soweit wir wissen, geht es um irgendwelche Unstimmigkeiten in der Buchhaltung.« Marian bemühte sich sehr um die richtige Wortwahl. »Dort arbeitet er ja. Was ich dir jetzt sage, darf auf gar keinen Fall publik werden, was du hoffentlich verstehst. Im Augenblick wissen wir noch nicht einmal, ob er überhaupt daran beteiligt ist. Vom Elektrizitätswerk sind wir darum gebeten worden, die Angelegenheit möglichst vertraulich zu behandeln.«
    »Ach, ihr habt also noch gar nicht mit ihm gesprochen?«
    »Wir versuchen zunächst, uns Informationen über die Personen zu beschaffen, die eventuell mit diesem Fall zu tun haben könnten«, sagte Marian. »Über Dagný erfuhr ich von deiner Bekanntschaft mit Viðar. Deswegen kam mir die Idee, mich mit dir in Verbindung zu setzen. Soweit ich weiß, seid ihr zur gleichen Zeit in Moskau gewesen.«
    »Viðar war irgendwie immer schon so etwas wie ein ungeschliffener Klotz«, entgegnete Hrefna. »Ich fand ihn nie besonders sympathisch, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er betrügen würde. Das passt gar nicht zu ihm.«
    »Es muss ja auch nicht sein. Wie gesagt, es handelt sich um eine allererste Recherche. Es kann sehr gut sein, dass er überhaupt nichts mit der Sache zu tun hat. Wir haben da einige Mitarbeiter im Visier. Inwiefern war er ein ungeschliffener Klotz?«
    »Sehr sozial war er nicht veranlagt, hat sich kaum mit den anderen Isländern in Moskau abgegeben, sondern nur mit seiner Bríet. Trotzdem war er immer dabei, wenn wir uns trafen. Man forderte uns dazu auf, an solchen Treffen teilzunehmen, um Kritik und Selbstkritik zu über. Zu der Zeit waren die Sozialdemokraten die schlimmsten Feinde, und da war es von Vorteil, wenn man möglichst schlecht über sie redete.«
    »Diese Bríet, ist sie nicht Krankenschwester?«
    »Ja. Damals in Moskau studierte sie russische Literatur, aber sie warf das Handtuch und machte stattdessen eine Ausbildung zur Krankenschwester. In Dänemark, glaube ich, und anschließend hier in Island.«
    »Und die beiden sind seit den Tagen in Moskau zusammen?«
    »Ja. Aber geheiratet haben sie nie, und sie leben auch nicht zusammen. Kinder haben sie auch nicht. Wahrscheinlich wollten sie wohl keine Familie gründen. Ich weiß nicht, ob sie das zu bürgerlich fanden, aber so war es. Die beiden wollen sich einfach nicht in die Karten sehen lassen.«
    »Hat Viðar jemals im Auftrag der Sowjets gearbeitet?«
    »Ich glaube, nicht viel. Soweit ich weiß, hat er sich um die Reisepässe und die Visa von Isländern gekümmert. Wer auch immer ins Land kam, wurde observiert, genau wie heutzutage. Aber Viðar hat vielleicht engere Bekanntschaft mit irgendwelchen Russen geschlossen als unsereins, und deswegen hatte er größere Vorteile als der Rest von uns.«
    »Was für Vorteile denn?«
    »Er hatte beispielsweise eine kleine Wohnung für sich. Wir anderen mussten uns die Zimmer teilen, so etwas in der Art. Er hatte auch mehr

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