Duell: Island Krimi (German Edition)
die Schachtel in der Spurensicherung ab und bat darum, diese Abdrücke mit dem Daumenabdruck von der Zigarettenschachtel zu vergleichen, und den Fingerabdrücken aus dem Kino, und zwar so schnell wie möglich.
Während Marian mit dem Moskwitsch beschäftigt war, hatte Albert den letzten Mann aus dem Hafnarbíó ausfindig gemacht, mit dem die Polizei noch nicht gesprochen hatte, von dem man aber mit Sicherheit wusste, dass er im Kino gewesen war. Es war der Pilot, mit dem Viktoria ein Verhältnis hatte. Seit dem Gespräch im Skúlakaffi war er auf internationalen Strecken geflogen, aber jetzt war er wieder in Island. Albert hatte ihn telefonisch erreicht, und sie hatten sich an einem Ort verabredet, der gleich weit entfernt war von dem Haus des Piloten und vom Dezernat der Kriminalpolizei.
»Hättest du nicht etwas Anständigeres vorschlagen können?«, knurrte der Pilot, als er sich zu Albert setzte. Es war kurz nach der Mittagessenszeit, der große Andrang war vorbei.
»Der Kaffee hier ist ausgezeichnet«, erklärte Albert, der keine Lust hatte, sich zu entschuldigen. »Und hier ist es ruhig.«
Der Pilot war in sommerlicher Kleidung gekommen, in Jeans und einem hellen Blouson, er war schlank und sah attraktiv aus. Verdammt attraktiv, hätte Guðný gesagt. Er war gut rasiert und gepflegt, hatte dichte Koteletten und trug die Haare so lang wie Albert. Sein Gesichtsausdruck war so konzentriert, als befände er sich unentwegt im Anflug. Viktoria hatte anscheinend Zeit gefunden, ihm von ihrem Treffen mit der Kriminalpolizei zu erzählen, denn er wusste genau Bescheid und kam sofort zur Sache.
»Ich habe keine Ahnung, was damals in dem Kino passiert ist«, sagte er. »Als ich am Tag danach in der Zeitung davon las, habe ich es einfach nicht glauben können, dass dieser Mord genau in dieser Fünfuhrvorstellung stattgefunden hat. Unglaublich. Wer auch immer es war, er muss den Jungen blitzschnell getötet haben, ohne dass jemand irgendetwas mitbekommen hat. Seid ihr mit euren Ermittlungen schon weitergekommen?«
»Hast du diesen Mann auch bemerkt, den Viktoria dort …«
»Der, den sie im Hotel Loftleiðir gesehen hat?«, unterbrach ihn der Pilot. »Nein, ich habe mich so bedeckt wie möglich gehalten. Ins Kino bin ich nur gegangen, um Viktoria zu treffen. Habt ihr schon mit ihrem Mann gesprochen?«
»Nein.«
»Ist das notwendig?«, fragte der Pilot.
»Ich weiß es noch nicht«, antwortete Albert.
»Muss ich dabei erwähnt werden?«
»Ich weiß es noch nicht«, wiederholte Albert.
»Wir sind befreundet, verstehst du.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob mich das etwas angeht«, entgegnete Albert.
»Okay, also wirst du meinen Namen nicht nennen.«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Viktoria will ihm von uns erzählen, sie möchte sich scheiden lassen und mit mir zusammenleben. Aber ich habe Familie …«
»Das geht mich nichts an«, erklärte Albert ein weiteres Mal. Er verspürte nicht die geringste Lust, sich die Nöte eines fremdgehenden Ehemannes anzuhören. »Hast du vielleicht bemerkt, ob möglicherweise Ausländer in der Vorstellung waren?«
»Ausländer?«
»Ja.«
»Davon weiß ich nichts. Nur das, was Viktoria mir über den Mann im Loftleiðir gesagt hat. Wisst ihr, wer das ist?«
»Hast du ihn gesehen, als er den Kinosaal verließ?«
»Nein, ich habe ihn nicht gesehen, aber Viktoria. Reicht das nicht? Wenn ihr mit ihrem Mann sprechen müsst, gilt das dann womöglich auch für meine Frau?«
»Ich habe nicht gesagt, dass wir mit ihrem Mann sprechen«, sagte Albert.
»Gut«, entgegnete der Pilot erleichtert, so als hätte Albert ihm auf irgendeine Weise einen persönlichen Gefallen getan.
Neunundzwanzig
Später am Tag fuhr Marian zu Dagnýs Freundin Hrefna. Sie kannte Viðar Eyjólfsson seit einem Aufenthalt in Moskau in den dreißiger Jahren. Dagný hatte ihr gesagt, dass sie mit einem Besuch von Marian zu rechnen hatte, es ginge um Ermittlungen, die unbedingt geheim bleiben müssten. Hrefna war bereits neugierig und gespannt, als sie Marian die Tür öffnete.
»Du bist von der Kriminalpolizei?«, fragte sie, und Marian merkte gleich, dass hier äußerste Vorsicht geboten war.
»Dagný hat dich angerufen?«
»Ja, sie hat mit mir gesprochen. Komm doch rein. Was möchtest du über Viðar wissen?«, sagte sie, während sie die Tür schloss. »Lass uns ins Wohnzimmer gehen. Möchtest du einen Kaffee?«
Hrefna und ihr Mann lebten in einer geräumigen Wohnung im Hlíðar-Viertel. An diesem
Weitere Kostenlose Bücher