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Dünengrab

Dünengrab

Titel: Dünengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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wie bei kabbeliger See. Femke dachte an die Schwärme von Mücken und kleinen Stechfliegen, die bei Windstille über den Kanälen jenseits des Deichs tanzten. Dann griff sie nach der Thermoskanne, die auf dem Campingtisch neben ihrem Wagen stand, nahm sich ein Käsebrötchen vom Stapel und biss hinein. Links und rechts der Fahrbahn parkten zahllose Einsatzfahrzeuge sowie einige zivile Dienstwagen und zwei mit Elektronik vollgestopfte Bullis. Auf einer sanften Anhöhe in einem nicht bewachsenen Bereich des Uferrandstreifens standen Tjark und Fred wie zwei Generäle auf dem Feldherrenhügel, ruhig und gelassen.
    Femke hatte am Vormittag einige Informationen für sie zusammengetragen, aber beschlossen, die Ermittler im Augenblick noch nicht damit zu behelligen. Sie hatten gerade Wichtigeres zu tun und die Suchaktion zu koordinieren.
    Um Tjark und Fred herum stachen Polizisten in grünen Overalls mit langen Stangen in das Unterholz – insgesamt mochten es vielleicht fünfzig sein. Sie gehörten zur Einsatzhundertschaft, mit der Fred heute Morgen samt einem Kriminaltechnikteam in Werlesiel eingefallen war. Kurz hinter Werlesiel und kurz vor Bornum hatte Femke die Küstenstraße absperren lassen. Ihre Kollegen regelten dort den Verkehr und leiteten ihn auf die Umleitung über die Dörfer.
    In etwa hundert Metern Entfernung war eine Gruppe der Spurensicherung in einem mit Flatterband abgesperrten Bereich damit beschäftigt, das Blut auf der Straße zu untersuchen sowie Abdrücke und den Reifenabrieb der Bremsspur sicherzustellen. An anderer Stelle nahmen sie das Areal rund um Fokko Broers Haus unter die Lupe, der den Forensikern mit kraftloser Stimme gesagt hatte, er habe nichts dagegen und eine behördliche Anordnung sei nicht nötig. Er hatte auch zugestimmt, dass in seinem Haus die Spuren gesichert sowie Fingerabdrücke genommen wurden, und sich bereit erklärt, seine eigenen für eine Vergleichsuntersuchung abzugeben. Wahrscheinlich waren seine erkennungsdienstlichen Merkmale aber ohnehin noch in einer Polizeidatenbank vorhanden.
    Femke stopfte sich den Rest Brötchen in den Mund und ging, den Pappbecher in der Hand, quer über die Straße zu den Bullis. Sie kam sich reichlich überflüssig vor. Die Maschinerie, die Tjark in Gang gesetzt hatte, lief wie geölt und war auf ein kleines Zahnrad wie sie nicht angewiesen. Dennoch hatte sie das Gefühl, vor Ort sein zu müssen – denn letztlich war es immer noch ihr Ort, zumindest fühlte es sich so an. Faktisch hielt sie die Zügel jedoch nicht mehr in der Hand, sondern Tjark.
    Tja, dachte Femke, und irgendwie war er ganz anders, als sie ihn sich vorgestellt hatte. Einerseits war er durchaus sympathisch und sogar hilfsbereit, andererseits benahm er sich ihr gegenüber wie ein überheblicher Macho. Der Erfolg seines Buchs war ihm vielleicht doch etwas zu Kopf gestiegen. Und sie, nun, sie hatte sich regelrecht als Groupie geoutet und dann auch noch das Wort »Bibel« in den Mund genommen. Selbst schuld.
    Als sie bei den Wagen angekommen war, um – ja, um was eigentlich zu tun? – , kam Tjark ihr entgegen. Er war vom Feldherrenhügel herabgestiegen und hatte sich durch einen Pattweg zur Straße geschlängelt. Mit dem Funkgerät in der Hand winkte er ihr lächelnd zu. Der steife Wind verwehte seine Haare und ließ die Schöße seines Sakkos sowie den darübergezogenen neongelben Windbreaker mit der Aufschrift »Polizei« tanzen.
    Femke folgte seiner Geste und stoppte vor einem weißen Wagen vom Format eines Kleinlasters. Auf dem Dach des Beweissicherungskraftwagens war eine Teleskopstange befestigt. Auf den ersten Blick glich sie dem Periskop eines U-Boots – mit dem Unterschied, dass am oberen Ende eine hochempfindliche Kamera und Richtmikrofone angebracht waren. Die seitliche Schiebetür war geöffnet. Im Inneren sah Femke zwei Kollegen an einem Tisch, auf dem sich mehrere verkabelte Flachbildschirme und Joysticks befanden.
    »Gibt es schon was?«, vernahm sie Tjarks Stimme. Die Techniker verneinten, worauf Tjark sich zu Femke drehte und in das Innere des Wagens deutete. Auf dem linken Monitor sah sie den Küstenstreifen aus der Vogelperspektive auf einem Videobild. Es erinnerte an Aufnahmen aus Google Earth. Der andere Bildschirm zeigte ein wirres Geflecht von grellen Farben.
    »Hier werden die Bilder vom Hubschrauber empfangen. Ein Copilot steuert dort oben die Kamerabewegungen«, erklärte Tjark. »Der eine Monitor zeigt die Videoansicht durch ein leistungsstarkes

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