Dünengrab
Objektiv. Wenn wir wollen, können wir damit aus hundert Metern Höhe eine Biene auf einem Blütenstengel aufnehmen. Das andere gibt das von einer Infrarotsichtkamera aufgenommene Bild wieder. Der Wagen selbst hat eigene Aufnahmetechnik an Bord und kann zwischen Wärmesicht, Restlichtverstärkung oder Radar hin und her schalten.«
»Bekommt er auch Sky rein?«, fragte Femke, weil ihr nichts Besseres einfiel.
»Empfangt ihr auch Sky?«, fragte Tjark einen Kollegen im Wagen. Er hatte so rote Haare wie Pumuckl, der Kobold, und winkte grinsend ab. »Erstens haben wir keinen Decoder, und zweitens sehen wir lieber History Channel.«
Femke wendete sich zu Tjark und sah ihn einen Moment lang an. »Glaubst du, wir finden was?«
Tjark wich ihrem Blick aus. »Es ist ein Stochern im Nebel. Der Uferstreifen ist an einigen Stellen so dicht bewachsen, dass nicht mal eine Maus hindurchschlüpfen kann. An anderen Stellen ist er offener und lichter. Diese nehmen wir uns zuerst vor. Der Einsatzleiter der Hundertschaft hat das gesamte Areal in Sektoren eingeteilt. Zunächst überprüfen sie die leichter zugänglichen. Bislang gibt es noch keinerlei Anhaltspunkte auf irgendetwas, das darin verborgen sein könnte.«
»Wie lange wird es dauern, den Küstenstreifen abzusuchen?«
Tjark blickte in den Himmel und schien nach dem Hubschrauber zu schauen. »Zwei, vielleicht drei Tage.«
Femke ließ die Hände in der Blousontasche verschwinden. »Ich habe das Wittmunder Echo dafür gewinnen können, eine Suchmeldung auf der Homepage zu veröffentlichen«, erklärte sie. »Sie ist bereits online. Die Druckversion wird noch folgen.«
»Okay. Gut.«
»In Kliniken und Praxen ist nirgends eine Person aufgetaucht, auf die Vikkis Beschreibung zutrifft«, fuhr sie fort. »Ich habe auch mit dem Kollegen gesprochen, dessen Nummer mir Fred gegeben hat. Es gibt keine Kontobewegungen, Abbuchungen oder Zahlungen mit Vikkis Kredit- und EC -Karten. Allerdings habe ich eine Mail vom Einwohnermeldeamt erhalten. Vikki hat nach dem Tod der Eltern lange bei einem Onkel in Jever gelebt, bevor sie dort mit sechzehn Jahren auszog und bis zur Volljährigkeit vom Jugendamt betreut wurde. Es ist auch ein gesetzlicher Vormund bestellt worden.«
Tjark nickte. Er sah angespannt aus und merkte auf, als ein Mann in weißem Overall mit einem durchsichtigen Beweismittelbeutel in der Hand auf ihn zukam. Darin erkannte Femke ein Handy mit zersprungenem Display.
Der Forensiker fragte scharf: »Das Luminolgemisch ist sicher nur zufällig auf die Straße und die Hecke gekommen?«
»Lumi… Was?«, fragte Tjark.
»Das ist scheiße, Kollege.«
»Sieht eher aus, als hättest du da ein Telefon.«
Der Polizist seufzte. »Wir haben das Handy in den Büschen nahe der mutmaßlichen Unfallstelle gefunden. Weiter haben wir Lippenstift, einen Kuli und eine kleine Tube Zahnpasta sichergestellt. Lag alles verstreut. Keine Unfallspuren, damit hattest du recht.«
»Das Handy muss ausgelesen werden«, sagte Tjark.
Der Mann nickte, und Femke fragte: »War da auch eine Handtasche?«
»Nein.«
Sie wandte sich an Tjark. »Solche Utensilien gehören in eine Handtasche. Sie hat sie vielleicht am Körper getragen …«
»… und als sie aus dem Auto sprang, ging die Tasche auf, der Inhalt verteilte sich, und sie führte die Tasche danach weiter mit sich, oder aber sie verblieb im Wagen beim möglichen Täter«, ergänzte Tjark.
»Ja«, sagte Femke. Ihre Nasenflügel blähten sich etwas. »Genau das wollte ich gerade sagen.«
Tjark entging die Spitze nicht. Seine Mundwinkel zuckten zu einem entschuldigenden Grinsen. Dann krächzte sein Funkgerät, und fast zeitgleich hörte Femke jenseits des Überwachungswagens lautes Rufen. Tjark nahm das Funkgerät in beide Hände.
»Fred hier«, schnarrte die Stimme aus dem Lautsprecher. »Wir haben etwas gefunden, das du dir ansehen solltest. Quadrant 12F.«
Ein bitterer Geschmack breitete sich in Femkes Mund aus. Der Kloß in ihrem Magen begann zu glühen.
»Trommel die Spusi zusammen«, sagte Fred. »Sie sollen Schaufeln und ihren Videokrempel mitbringen.«
Sofort lief Tjark los und ließ Femke am Wagen stehen. Nicht ihre Baustelle, so einfach war das. Sperr die Straßen ab, Folkmer, kümmere dich um lästigen Routinekram und schau ansonsten den Profis bei der Arbeit zu – ohne zu stören. Sie verzwirbelte eine Haarsträhne. Dann wandte sie sich zu den Monitoren.
»Sieht nach einem Treffer für den Superbullen aus, was?«, fragte der
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