Dünengrab
durchsuchen?«, fragte sie.
»Du hast mit Fokko gesprochen. Die Spusi hat mit ihm gesprochen. Wir nicht, und es gibt nichts schriftlich.«
»Aber …«
»Er war der Letzte, der Vikki gesehen hat, und die Spusi hat Blutspuren in seiner Wohnung sichergestellt.«
»Nun, er hat ausgesagt, dass die Frau verletzt war.«
»Du weißt doch, wie das läuft.«
»Was nicht bedeutet, dass …«
»Du magst Fokko?«, fragte Fred unvermittelt.
»Wie bitte?«
»Jedes Mal, wenn wir über ihn reden, willst du ihn in Schutz nehmen.«
»Ich möchte nicht, dass er im Ort in Verruf gerät.«
»In Ordnung. Wir achten darauf. Dennoch kommen wir nicht umhin, in Werlesiel ein paar Dinge von rechts auf links zu krempeln.«
»Mir wird ganz anders, wenn ich mir vorstelle, dass jemand aus dem Ort für die Morde verantwortlich sein könnte.«
»Möglicherweise stammt der Täter von auswärts, falls dich das tröstet.«
»Nicht wirklich.« Femke lachte müde auf. »Und was ist mit Vikki?«
»Im Augenblick können wir nicht mehr tun als die Arbeit koordinieren, Klinken putzen gehen und Aussagen sammeln sowie darauf warten, dass die Forensiker Ergebnisse liefern. Vorher kommen wir nicht weiter.«
»Vikki ist seit mehr als achtundvierzig Stunden verschwunden …«
Wieder schnitt ihr Fred das Wort ab. »Es gibt nach meiner Meinung drei Optionen. Erstens: Vikki ist untergetaucht. Zweitens: Sie ist bereits tot. Drittens: Sie lebt noch und befindet sich in der Gewalt des Täters, auf dessen Kosten die Toten in den Dünen gehen.« Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Klarer sehen wir erst, wenn die Toten identifiziert sind und wir Näheres über sie erfahren. Sollte Vikki in ein Opferprofil passen, haben wir neue Ermittlungsansätze.« Fred wischte sich einige Krümel aus dem Mundwinkel, betrachtete sie in der Handfläche und pustete sie fort. »Wie gelangen wir an die Webcam-Bilder und die Online-Galerie vom Matjesfest?«
Femke sagte ihm, dass sie sich darum kümmern würde. Dann fragte sie: »Du hast die drei Optionen erwähnt – aber was sagt dir dein Gefühl? Glaubst du, dass Vikki noch lebt und wir eine Chance haben, sie zu finden?«
Einige Augenblicke lang sagte Fred nichts und starrte aus dem Fenster. Schließlich sagte er: »Ich glaube, dass wir nicht viel Zeit haben.«
24
»Ich will, dass Tjark Wolf die Kommission leitet.«
»Er kann und wird die Kommission nicht leiten.«
»Er ist der geeignete Mann. Er hat die entsprechende Erfahrung. Seine Reputation in der Öffentlichkeit ist bei einem Fall dieses Ausmaßes das Beste, was uns passieren kann.«
»Reputation ist das Stichwort, denn genau die ist das Problem …«
»Das verstehe ich nicht.«
»Und ganz davon abgesehen ist meine Abteilung nicht für Werlesiel zuständig. Damit gibt es einen weiteren guten Grund, warum er die Kommission nicht leiten kann und wird.«
»Ich bin geneigt, bürokratische Fragen über Zuständigkeiten in einem solchen Fall unterzuordnen.«
»Ich werde meine Zustimmung nicht geben und Wolf wieder abziehen.«
Dr. Ronald Verhoeven tat so, als wolle er sich gegen die Stirn schlagen. Der Oberstaatsanwalt war ein schlanker, großgewachsener Mann. Das dichte schwarze Haar fiel ihm in Locken auf die Schultern. Auf seinem Schreibtisch lagen ein Tablet-Computer und ein Smartphone der neuesten Generation. Vor ihm stand ein riesiger iMac, auf dessen Bildschirm der Preiselbeerfleck an Hauke Berndtsens Mundwinkel geradezu unangenehm bunt wirkte, wie Tjark fand. Er war ein wenig überrascht, dass Berndtsen mit so etwas wie Videokonferenzen klarkam. Auf Tjark wirkte er immer wie jemand, der im besten Fall noch wusste, wie man einen Rasenmäher startete. Jedenfalls schien er Verhoevens Standpunkt nicht zu teilen. Verhoeven wiederum sagte Berndtsens Sichtweise nicht zu. Tjark selbst gefiel es wenig, danebenzusitzen und zuhören zu müssen, wie über ihn verhandelt wurde. Deswegen spielte er mit seinem Handy, verschickte einige SMS , antwortete auf andere und wartete auf eine Nachricht von Fee. Sie wollte ihm Bescheid geben, wann sie heute mit den Obduktionen beginnen würden.
Die Untersuchungen würden sich gewiss einige Zeit hinziehen, denn die übrigen beiden Leichen hatten sich noch in einem weit schlechteren Zustand befunden als die Tote von Hügel Nummer eins. Sie waren zum größten Teil skelettiert und die Schädel mit Schüssen aus einem Schrotgewehr nahezu pulverisiert worden, was die Identifizierung massiv erschwerte. Klar war bislang lediglich,
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