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Dünengrab

Dünengrab

Titel: Dünengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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müssen erfolgt sein, bevor er die Leichen eingewickelt hat.«
    »Er richtet die Körper an Bord auf und tut es dann.«
    »Ein Kopfschuss mit einem Schrotgewehr aus nächster Distanz ist eine ziemliche Sauerei. Es würde an Deck jede Menge Blut geben. Das müsste er beseitigen, und jemand könnte es entdecken.«
    »Er schießt, während die toten Körper im Wasser schwimmen.«
    »Guter Vorschlag. Dennoch eine Schweinerei, wenn er sie an Bord zieht.«
    »Vielleicht schleppt er sie mit dem Boot an Land.«
    »Denkbar«, sagte Tjark. »Weiter wissen wir nach den Obduktionen, dass er das letzte Opfer wenigstens vierundzwanzig Stunden lang festgehalten hat. Wahrscheinlich, um es in aller Ruhe zu vergewaltigen. Möglicherweise war das bei den anderen Frauen auch der Fall – vorausgesetzt, er folgt einem festen Modus. Er benötigt also einen Ort. Ein Versteck. Wenn er fertig ist und die Opfer loswerden will, schießt er ihnen vielleicht schon dort in den Kopf, wartet eine Weile, verpackt die Leichen und fährt dann los, um sie zu begraben.«
    »Ja«, sagte Femke. »Aber wie und warum ertrinken sie dann?«
    Eben. Das war das Problem. Das Wie – und das führte zu dem anderen großen W, dem Warum, das schließlich auf das entscheidende große W deutete: auf das Wer.
    Tjark versuchte es noch einmal mit der Zigarette. Dieses Mal mit Erfolg. »Er könnte seine Opfer woanders entsorgen. Warum tut er es hier?«, fragte er Femke und deutete auf die drei Öffnungen im Sand zehn Meter unter ihnen.
    »Weil es ein sicherer Platz ist.«
    »Woher weiß er das?«
    »Weil er den Platz kennt.«
    Tjark zog an der Zigarette. »Woher kennt er die Stelle?«
    Femke dachte einen Moment lang nach. »Entweder, weil er aus der Gegend stammt …«
    »… oder weil er oft hier vorbeifährt.« Tjark stieß einen Strahl Rauch aus. »Er weiß, dass er im Moment seinen Friedhof nicht benutzen kann. Der Friedhof ist aber wichtig für ihn. Er gehört nur ihm – und was darauf begraben ist, ebenfalls. Ich kann mir vorstellen, dass er zu dem Ort eine persönliche Beziehung hat. Es gehört dazu, ein Opfer hier zu begraben. Das ist Teil des Rituals und Plans.«
    »Weil er den Friedhof nicht mehr benutzen kann, braucht er einen neuen Plan. Einen neuen Ort.«
    Tjark nickte. »Entweder er sucht sich einen neuen Ort, oder er wartet ab, bis dieser Ort wieder sicher ist. Bis dahin lässt er Vikki vielleicht am Leben. Allein die Tatsache, dass Vikki aus seinem Auto springen konnte, muss ihn bereits aus dem Konzept gebracht haben. Die gesamte Phase der Irritation verschafft uns vielleicht einen Zeitvorteil – und vor allem Vikki.«
    »Du gehst also davon aus, dass der Mörder sie hat?«
    »Machen wir uns nichts vor, Femke: Natürlich hat er das.« Tjark dachte nach. »Möglicherweise wäre es sogar das Beste, wir würden wieder abziehen, Ruhe einkehren lassen und darauf warten, dass er aus seinem Bau kriecht.«
    »Das wird der niemals tun. Er weiß doch, dass die Polizei hinter ihm her ist.«
    »Menschen wie dieser Mörder«, sagte Tjark, bevor er ein letztes Mal an der Zigarette zog, »sind nicht mit normalen Maßstäben zu messen.« Er drehte sich zu ihr. »Es könnte sogar sein, dass er auf die Idee kommt, uns als sportliche Gegner zu sehen und uns seine Überlegenheit demonstrieren zu wollen.«
    Femke verzog das Gesicht. »So verrückt wird er gewiss nicht sein.«
    »Warum entführst du eine Frau?«
    »Um etwas zu erpressen oder mich an ihr zu vergehen.«
    »Warum hältst du sie wenigstens vierundzwanzig Stunden in einem Versteck gefangen?«
    »Um sie immer wieder zu vergewaltigen und Dinge zu tun, die ansonsten nur in meiner Phantasie möglich sind.«
    »Wenn du mit dem Opfer tun und lassen kannst, was du willst, was hast du dann?«
    »Macht, Kontrolle, Freiheit.«
    »Irgendwann entscheidest du über ihr Leben. Wenn sie dich langweilen oder deine Ansprüche nicht erfüllen, tötest du sie. Dann bist du Gott. Gott kann alles, und Gott wird nicht von der Polizei erwischt, weil Gott der Allergrößte ist, und das soll jeder wissen.«
    Femke schwieg. »Ich verstehe«, sagte sie schließlich und zuckte kurz zusammen, als Tjarks Handy klingelte.
    Es war ein kurzes Gespräch. Danach sagte er zu Femke: »Die Labor-Ergebnisse von der KTU sind da. Ich werde wohl noch einmal nach Oldenburg fahren müssen.«
    »Können die das nicht schicken?«
    »Können sie und werden sie. Ein paar Details bespreche ich aber lieber persönlich.«

39
    Die Planen, in die die Toten

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