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Duenenmond

Duenenmond

Titel: Duenenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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bogenförmigen Fenster, zwei cremefarbene Ohrensessel, braun-beige gestreifte Vorhänge und draußen eine an einen kleinen Hügel geduckte Kiefer und die Ostsee. Kein Zweifel, sie war im Bett ihres Hotelzimmers. Ihr Kopf schien etwa auf das doppelte Volumen angewachsen zu sein, und irgendwie hatte sich ein Dröhnen eingeschlichen, das da nicht hingehörte. Wieder dieseslaute Klopfen. Es klang, als würde ein schwerer Gegenstand auf Holz schlagen, und erzeugte einen intensiven Schmerz in ihrem Schädel.
    »Herrgott, ja doch«, rief sie gereizt, zog die Füße unter dem Laken hervor, blieb mit einem hängen und wäre fast aus dem Bett gefallen. »Blöder Mist«, fluchte sie leise. Dann schaffte sie es aufzustehen. Mit nackten Füßen lief sie über das Parkett zur Tür. Sie wollte, dass dieser Lärm schleunigst aufhörte.
    Vor ihr stand Jan. Sie erkannte ihn gerade noch, bevor die Nacht unerwartet zurückkam. Es wurde schwarz um sie, und irgendwie fühlte sich ihre Stirn plötzlich angenehm kühl an. Weniger angenehm war das Gefühl in ihren Knien. Wie war dieser weiche Brei dahin gekommen, wo eigentlich ihre Gelenke sein sollten?
    Nach wenigen Sekunden des Komplettausfalls meldete sich ihr Geist zurück. Sie saß auf ihrem Bett, und ihr war schlecht. Jan war noch da. Er war also doch keine Erscheinung gewesen, sondern hatte anscheinend verhindert, dass sie der Länge nach auf das Parkett gekracht war. Gut so, immerhin hatte er ja auch dieses Spektakel vor ihrer Tür veranstaltet, das sie so eilig aus dem Bett getrieben hatte.
    »Guten Morgen«, sagte sie, weil ihr in ihrem Zustand noch nichts Klügeres einfiel.
    Er warf einen Blick auf seine Uhr, der nicht nötig gewesen wäre. Jan wusste genau, wie spät es war. »Mahlzeit, passt wohl besser«, sagte er.
    »Na und, ich habe doch Urlaub«, brummte sie trotzig, machte eine schiefe Rückwärtsrolle, die ihre Übelkeit verschlimmerte, und verkroch sich stöhnend unter die Decke.
    »Warum hast du das gemacht?«
    Jo hatte keine Ahnung, wovon er sprach.
    »Was gemacht?«, fragte sie.
    Sein Blick war sehr ernst. Man könnte sogar sagen: sorgenvoll. Gut, sie war die halbe Nacht alleine herumgelaufen. Aber so schlimm war das nun auch wieder nicht. Woher wusste er überhaupt schon davon? Sie versuchte angestrengt, sich den Abend noch einmal im Schnelldurchlauf durch den Kopf gehen zu lassen, doch der Schluss fehlte ihr.
    »Anton hat dich gefunden. Gerade noch rechtzeitig.«
    »Ich kenne überhaupt keinen Anton.« Jo wurde immer mulmiger. Lieber Himmel, sie würde nie wieder Alkohol anrühren. Was hatte sie bloß angestellt? Sie war doch nur zum Malen gegangen. Erst zum Hafen, dann noch in die Dünen. Soweit konnte sie sich erinnern.
    »Anton ist der Strandkorbvermieter.« Jan war nach Jos misslungener Rolle rückwärts aufgestanden und an das Fenster gegangen. Jetzt drehte er sich wieder zu ihr um, kam zum Bett, setzte sich auf die Kante und nahm ihre Hände.
    »Hatte das etwas mit mir zu tun? Josefine, ich will das wissen. Du hast das doch nicht etwa meinetwegen gemacht, oder?«
    Sie zog die Stirn kraus.
    »Gemalt?«, fragte sie gedehnt. Sie verstand kein Wort.
    »Verdammt, Josefine, das ist nicht witzig. Anton hat dich aus dem Wasser gefischt. Du wärst beinahe ertrunken! Ich bin absolut im Bilde, du brauchst mir nichts vorzumachen.«
    Immerhin einer von ihnen war im Bilde.
    »Das sollte nicht witzig sein.« Jo versuchte, ihre Hände frei zu bekommen, sonst zerquetschte er ihr noch die Finger, abersie hatte keine Chance. Inzwischen hatten seine Worte ihr Gehirn erreicht – alle seine Worte.
    »Moment, du denkst doch nicht … Haha, du glaubst, ich wollte mich umbringen? Und dann auch noch wegen deiner Beleidigungen?« Sie musste lachen, beruhigte sich aber schnell wieder. Erstens war das Ganze nicht sehr lustig, und zweitens verursachten die Erschütterungen einen dumpfen Schmerz, den sie umgehend wieder abstellen wollte.
    »Ich hoffe, der Grund ist ein anderer, aber was du vorhattest, liegt doch wohl auf der Hand.«
    »So ein Blödsinn!« Trotz der Wärme fröstelte sie und zog sich das Laken bis zum Kinn. Allmählich dämmerte es ihr: Sie hatte sich, schließlich am Strand angekommen, auf eine Bank gesetzt, von der sie einen perfekten Blick auf die Dünen und den darüber stehenden Vollmond hatte. Sie erinnerte sich, dass in dieser Nacht alles so ganz anders ausgesehen hatte als am Tag im gleißenden Sonnenlicht. Die Düne sah samtig weich und irgendwie lebendig aus, fast

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