Duenenmord
Sohn irgendwie verdächtig ist? Dass er lügt? Sie machen es sich verdammt einfach.«
»Machen wir nicht«, gab Kasper lapidar zurück.
»Nur weil er …«
»Wir verdächtigen bisher niemanden, aber wir brauchen seine Fingerabdrücke, um sicherzustellen, dass er nicht in der Nähe des Opfers war«, griff Romy beherzt ein. »Das ist ein völlig normaler Vorgang bei einer Mordermittlung, weil er dazu dient, Spuren zuzuordnen – nicht mehr und nicht weniger. Wir würden jeden darum bitten oder dazu auffordern,der zur Tatzeit dort unten war oder in der Nähe gewesen sein könnte.«
»Dann können Sie ja meine Fingerabdrücke auch gleich nehmen«, schlug Corhardt in pampigem Ton vor.
»Falls Sie am Strand waren, um zum Beispiel nach Ihrem Sohn Ausschau zu halten – ja, durchaus.«
»Verdammt, nein, war ich nicht!«
Romy lächelte liebenswürdig. »Na, sehen Sie.« Sie fasste David ins Auge. »Falls dir noch was einfällt, rufst du mich an, okay?«
»Ja, mach ich.«
Kasper stand auf und begleitete die beiden zur Tür, um ihnen den Weg zu zeigen. Kurz darauf setzte er sich wieder zu Romy. Er atmete laut aus.
»Was geht dir durch den Kopf, Kollege?«, fragte sie.
»Ich hatte plötzlich die fürchterliche Vorstellung, dass David tatsächlich noch einmal zurückgegangen ist, um Monika zu helfen. Und dann brach sie am Wasser zusammen, und der Junge rannte davon.«
Romy schloss kurz die Augen. »Um Gottes willen! Allerdings denke ich nicht, dass die Corhardt ihren Jungen dann ermuntert hätte, freiwillig eine weitere Aussage zu machen, es sei denn … Aber wir sollten aufhören zu spekulieren. Ist Max zurück?«
»Ist er. Und er brennt darauf, uns mit Einzelheiten zu Sängers Leben zu versorgen, unter anderem, wenn ich das richtig verstanden habe. Könnte eine längere Sitzung werden.«
Romy nahm sich ein Käsebrötchen vom üppig bestückten Imbissteller, der in der Mitte des Besprechungstisches thronte. Die Heizung bollerte auf Hochtouren. Winterliches Blau hatte gerade den Himmel über Bergen erobert, wie Romy mit einem schnellen Blick zum Fenster hinaus feststellte, bevor sie Max ansah.
Die gemeinsamen Besprechungen dienten vorrangig dem ausführlichen, manchmal langatmigen Austausch, um gemeinsam auf einer chronologisch erfassten Informationsgrundlage bisherige Erkenntnisse so neutral wie möglich zu resümieren und daraus neue Ansätze und Ermittlungsstrategien abzuleiten – soweit Theorie und Wunschvorstellung. Manchmal entwickelten sich in diesen Runden tatsächlich die entscheidenden Fragen, erst recht, wenn Max gut recherchierte Daten verknüpfen konnte, genauso oft wurde jedoch zäh gerungen, und das Team erzielte keine Einigung, weil zündende Ideen fehlten oder notwendige Untersuchungsergebnisse noch nicht vorlagen. Fest stand jedoch, dass Kaffee und Imbiss stets vom Feinsten waren.
»Okay, wie immer nach Möglichkeit der Reihe nach«, leitete Max seinen Bericht ein, nachdem er sich vergewissert hatte, dass er die volle Aufmerksamkeit der Kollegen hatte. »Der Lebenslauf der Frau ist zunächst mal unauffällig. Monika Sänger, Jahrgang 1957, hat nach dreijähriger pädagogischer Ausbildung zur Kindergärtnerin beziehungsweise Erzieherin in Greifswald 1978 eine Stelle hier in Bergen angenommen …«
»In derselben Kita, in der sie bislang beschäftigt war?«, fragte Romy.
»Nein, sie fing damals im Kindergarten in der Clementstraße an«, präzisierte Max prompt. »1980 heiratete sie den Techniker Ingo Barendsen, die Ehe hielt aber nur vier Jahre und blieb kinderlos.« Max blätterte in seinem Ordner. »Ich erspare euch die durchaus beeindruckende Liste der Fortund Weiterbildungen, der kleineren und größeren Ehrungen und Auszeichnungen, habe die aber der Vollständigkeit halber in meiner Datenbank gelistet, falls da doch noch mal was wichtig werden sollte. Man kann ja nie wissen.«
»Danke, zu gütig!« Romy lächelte und übersah geflissentlich Fines strafenden Seitenblick.
»Fest steht«, fuhr Max unbeirrt fort, »dass sie fleißig bei der Sache war und bis zur Stellvertretung aufstieg. Aber 1990 zog es sie auf einmal nach Kiel …« Max blickte hoch. »Inwiefern vorher irgendwelche Kontakte dahin bestanden haben, kann ich im Moment beim besten Willen nicht nachvollziehen.«
»Umbruch- und Wendezeit«, meinte Kasper und winkte ab. »Westkontakte dürften vorher wohl eher nicht bestanden haben, sonst hätte die Sänger kaum in der Kita Karriere gemacht. Vielleicht wollte sie einfach mal was
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