Duenenmord
dahinter stecken könnte.«
»Was meinen Sie mit mehr ?«
»Das wissen Sie ganz genau.«
»Frau Kommissarin, nicht hinter jeder verschwundenen Akte steckt ein Geheimnis oder was auch immer Sie vermuten oder Monika vermutet hat«, erklärte Heise ruhig.
»Aber hinter einigen«, entgegnete Kasper. »Warum sind Sie nach Rostock versetzt worden, kurze Zeit nach Arnolts Unfall?«
»Ich hatte gesundheitliche Probleme und habe um Versetzung gebeten.«
»Haben Sie etwa einen Kurantrag gestellt? Spatis wurden nicht versetzt, nur weil sie gesundheitliche Probleme hatten.«
»Ich schon.«
»Sehen Sie, und genau das ist der entscheidende Punkt.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
Kasper ließ die Frage im Raum stehen. »Ich schlage vor, wir setzen das Gespräch in Bergen fort.«
»Warum?«, wollte Heise wissen.
»Wir brauchen Ihre Fingerabdrücke und machen dann gleich ein Protokoll.«
»Sie wissen, dass ich mich weigern kann«, wandte Heise ein. »Solange Sie nichts in der Hand haben …«
»Ja, Sie könnten sich weigern«, gab Romy zu. »Aber das macht einen verdammt schlechten Eindruck, und das wissen Sie. Wir müssen Spuren abgleichen, und da es zwischen Ihnen und Monika Sänger einen Konflikt gab, für den wir Zeugen benennen können, wird uns der Staatsanwalt gerne und mit Volldampf unterstützen.« Das war sehr optimistisch formuliert, aber Heise sparte sich weitere Einwände.
Die Fotos trafen per Mailanhang ein. Max druckte sie sofort aus. Zwei Schwarz-Weiß-Aufnahmen stammten aus der Bausoldatenzeit – körnige Bilder eines Hobbyfotografen, noch dazu in Eile geknipst, denn natürlich durfte weder in Mukran noch in der Prora fotografiert werden. Vier junge Männer in Uniform mit dem typischen Spatenabzeichen auf den Schulterklappen standen rauchend zusammen, im Hintergrund war der Eingang von Block V verschwommen zu erkennen.
»Rolf Arnolt befindet sich links außen«, hatte der Mitarbeiter aus dem Dokuzentrum, ein Geschichtsstudent, der zurzeit ein Praktikum in der Prora absolvierte, notiert. »Der Typ, der sich gerade die Mütze in den Nacken geschoben hat und ziemlich frech grinst. Frau Sänger hat ihn sofort erkannt.«
Arnolt wirkte schmal, fast hager, doch das Lächeln war in der Tat jungenhaft unverschämt. Im Mundwinkel steckte eine Kippe, nach der er gerade mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand griff.
»Die anderen Spatis konnten bisher nicht identifiziert werden, da die handschriftlichen Anmerkungen auf der Rückseite des Bildes nicht mehr zu entziffern sind und der fotografierende Bausoldat Herbert Bauer, der uns die Aufnahmezur Verfügung gestellt hat, leider nicht mehr lebt«, hieß es weiter in der Mail.
Max musterte die Gesichter eingehend, um sich dann dem zweiten Prora-Foto zuzuwenden. »Die 84er-Gruppe und Freunde – so war das Foto beschriftet«, hatte der Student erläutert. Sechs junge Männer lächelten selbstbewusst in die Kamera, drei hockten auf dem Boden, drei standen hinter ihnen – das Arrangement wirkte wie ein Sportfoto, fehlte nur noch der hochgereckte Pokal oder ein Fußball.
»Bauer, Bäsler, Heise im Vordergrund hockend, dahinter: Schmidt, Arnolt, Finke.«
Im direkten Vergleich mit den Fotos von der Website war Stefan Heise mühelos zu identifizieren. Der Mann hatte sich gut gehalten. So hatte Monika Sänger wohl die Spur aufgenommen. Max war gespannt, wo er Jochen Bäsler aufstöbern und wie lange er dazu benötigen würde.
Die beiden anderen Fotos waren aktuelle Aufnahmen von der Eröffnung der Jugendherberge aus dem letzten Sommer. »Zur Ergänzung«, wie der Student höflich angemerkt hatte. »Frau Sänger inmitten der Politprominenz am großen Jubeltag Anfang Juli.«
Im Eingangsbereich auf den Treppenstufen hatte großer Andrang geherrscht. Monika Sänger, die mit ihren roten Locken hervorstach, lächelte freudestrahlend. Sie war eine große kräftige Frau, der man zumindest auf diesem Bild ihre fünfundfünfzig Jahre nicht ansah; sie machte einen sympathischen, zupackenden Eindruck, eine Kindergärtnerin par excellence. Die zweite Aufnahme zeigte Sänger im Gespräch mit dem Jugendherbergsleiter, neben ihr standen Dieter Keil und eine Stadträtin aus Bergen. Im Hintergrund war eine Gruppe von mehreren Leuten über eine Bauzeichnung gebeugt. »Es gibt schon weitere Baupläne«, lautete die Bildunterschrift. »Alle hoffen, dass die Gelder für die geplante Bildungsstätte im nächsten Jahr fließen werden.«
Fine linste um die Ecke. »Die KTU meldet sich
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