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Duenenmord

Duenenmord

Titel: Duenenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Peters
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Ihr Lebensweg interessieren mich nicht, ich bleibe dabei – Sie ziehen die Konsequenzen, Sie stellen sich und verlassen die Kita! Ich meine es ernst. Weg von Kindern, für immer. Sonst sorge ich dafür. Und ich will es aus Ihrem Mund hören. Vielleicht hilft mir das. Warten Sie auf meine SMS. Wassernixe.
    Sie haben sich getroffen, dachte Romy sofort, und Monika hat versucht abzuwiegeln, um Verständnis gebeten, um Bedenkzeit, um Rücknahme der Forderungen. Vielleicht hat sie sogar aus ihrem eigenen Leben berichtet und aufzurechnen versucht – sieh mal, mein toter Bruder, mein Stasi-Vater, das hat mich geprägt, vergib mir, bitte. Doch Wassernixe beharrt drei Monate später darauf, dass die Erzieherin zu dem steht, was sie getan hat und die Kita verlässt. Warum? Weil sie selbst nicht vergessen kann. Weil sie gezeichnet ist für den Rest ihres Lebens und wenigstens die Genugtuung fordert, dass es Monika ähnlich ergeht. Bei einem zweiten Treffen soll sie bestätigen, dass sie die Forderungen von Wassernixe erfüllt. Ich will es aus Ihrem Mund hören. Vielleicht hilft mir das.
    Romy sah auf, und Sängers Blick traf sie. »Haben Sie nie etwas bemerkt?«, fragte sie.
    »Nein, wer kommt denn auf so etwas?«, entgegnete er sofort. »Ich empfand sie manchmal als etwas streng und sehr energisch, ja, durchaus autoritär, wenn sie aus ihrem Alltag berichtete, aber …«
    »Lotte hat ihre Stiefmutter nicht geliebt«, bemerkte Romy.
    »Nicht besonders, nein«, gab er sofort zu, doch ein Zusammenzucken konnte er nicht verbergen.
    »Wir müssen auch mit Lotte sprechen.«
    »Was versprechen Sie sich davon? Monika hätte es nicht gewagt, meine Tochter …«
    Romy zog eine Braue hoch. »Würden Sie einen Eid darauf schwören, nach all dem, was in den letzten Tagen passiert und bekannt geworden ist?«
    Einen Moment blieb es still. »Ich möchte jetzt nach Hause, Frau Kommissarin.«
    »Herr Sänger, die Identifizierung Ihrer Frau im rechtsmedizinischen Institut steht noch aus. Wenn Sie es wünschen, wird ein Beamter Sie hinfahren.«
    Romy hielt den Zeitpunkt für denkbar ungünstig, doch zu ihrer Verblüffung nickte der Witwer nach kurzem Zögern. »Sie haben recht, ich fahre noch heute oder morgen nach Greifswald. Dann habe ich das hinter mir. Aber … nein, eine Begleitung ist nicht nötig.«
    Zehn Minuten später machte er sich auf den Weg, zuvor hatte er die Kontaktdaten seiner Tochter hinterlegt. Romy öffnete das Fenster und blickte über die verschneiten Dächer. Unten stapfte Sänger gerade zu seinem Wagen, und sie konnte erkennen, dass er sein Handy ans Ohr presste und seine Schritte plötzlich beschleunigte.
    Romy schloss das Fenster wieder, als sie nebenan Kaspers Stimme hörte. Der weitere Tagesablauf musste geplant werden.Der Schnee knirschte laut unter den Sohlen. Ingo liebte dieses Geräusch seit seiner Kindheit. Noch mehr liebte er es, durch den Schwarber Märchenwald zu wandern oder die Findlinge am Nordstrand zu bewundern. Seit zehn Jahren arbeitete er in der Nonnewitzer Ferienhaussiedlung als Haustechniker, wie es vollmundig hieß. Er war schlicht »Mädchen für alles« – der Mann, der Glühbirnen auswechselte, Boiler und Fenster reparierte, Zäune ausbesserte, Abflüsse reinigte und tausend Sachen mehr erledigte. Manchmal musste er sogar Streit schlichten oder Autos abschleppen. Kein anspruchsvoller oder gar gutbezahlter Job, und wenn in der Hochsaison Schwärme von Touristen wie die Hornissen einfielen, war er auch alles andere als einfach oder bequem. Ingo mochte ihn trotzdem und wollte nirgendwo anders sein.
    Die Jahre in Stralsund hatten ihm nicht gutgetan, obwohl er auf der Werft bedeutend besser verdient hatte, und über die Zeit in Bergen redete er ungern. Nun hatte sich die Polizei angemeldet. Ingo hatte zunächst vermutet, es ginge um den Absturz des Mädchens und die Maßnahmen im Bereich der Steilküste, um die Touristen von waghalsigen Erkundigungen abzuhalten, aber der Kommissar wollte mit ihm über Monika sprechen. Ihre Ehe lag fast dreißig Jahre zurück, und das war gut so. Es hatte kein glücklicher Stern über ihrer Beziehung gestanden. Besser, sie wären sich nie begegnet. Aber nun war sie tot. Ein Gewaltverbrechen, hatte der Kommissar gesagt. Das passte, aber so eine Bemerkung durfte man höchstens denken, wenn überhaupt. Gedanken hinterlassen auch Spuren, hatte mal irgendwer zu ihm gesagt. Gar nicht so verkehrt.
    Ingo spuckte in den Schnee und schirmte die Augen mit einer Hand gegen die

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