Düstere Schatten (Darian & Victoria #2) (German Edition)
den Mondstein. Dieser begann aufzuleuchten und setzte mit einem kurzen, aber lauten Knall die gebannte Energie frei.
In genau diesem Moment erklangen ein lautes Heulen, ein Kreischen und ein Jaulen, wild durcheinander. Stetig wurde es mehr. Die Qual, die in den Schmerzensschreien mitschwang, ging mir durch Mark und Bein. Die Pein erdrückte uns alle. Keuchend erkannte ich, dass sich meine Gefühle in den Gesichtern der anderen spiegelten.
»Es sind die Emotionen der verwandelten Menschen!«, rief uns Aurelia mit zusammengebissenen Zähnen zu. »Sie müssen in dem Zauber festgehalten worden sein. Brecht den Kreis nicht!« Tränen rollten ihr über die Wangen.
Auch Victoria konnte sich nicht mehr zurückhalten. Sie begann, laut zu schreien, um den Schmerz der Lupine zu überdecken. Ihre Augen waren gerötet, die Lider zuckten, als wäre sie kurz vor einer Ohnmacht. Sina schwankte und drohte ebenfalls, der emotionalen Belastung nicht länger standhalten zu können, als neue Gefühle wie eine sanfte Brise durch die anderen glitten. Freude, Liebe, Freundschaft.
In unserer Mitte wurde der Nebel undurchdringlicher. Auf ihm zeichneten sich Bilder ab wie auf einer Leinwand. Im Schnelldurchlauf betrachteten wir jene positiven Momente, die uns soeben aus der Melancholie und dem Schmerz der Verwandelten geholt hatten: Eine Mutter schloss ihre Kinder in ihre Arme. Ein älterer Mann betrachtete glücklich das von unzähligen Falten durchzogene Gesicht einer Frau. Ein junger Mann kniete vor einem lockigen Mädchen und hielt ihr einen Ring entgegen.
Der Schmerz ebbte ab, wurde weggefegt von der Liebe.
Mit einem weiteren Knall war der Nebel verschwunden und die Mondsteinkette stürzte auf den Altar zurück.
»Was war das?«, kam mir Sina zuvor.
Nach einem kurzen Grübeln antwortete Auralia: »Ich vermute, dass wir eben den Grund dafür gefunden haben, warum nicht jeder Mensch das Ritual zum Lupin überlebt hat. Der Zauber hält sich an den Gefühlen fest, die die Verwandelten an das Menschsein binden. Vor allem an die Liebe. Aber mir war nicht bewusst, dass mit der Auflösung des Fluches auch die Emotionen durchlebt werden, positive wie negative. Wusstest du es?«, fragend schaute sie Victoria an, die nur den Kopf schüttelte.
»Im Grimoire stand nichts darüber. Aber jetzt, da wir fertig sind: Hat es denn funktioniert?«
Alle Blicke richteten sich auf Aurelia, der sich ein Lächeln auf die Lippen legte. »Ja!«, hauchte sie. »Wir haben die Lupine befreit. Nun müssen die rückverwandelten Menschen überwacht und wieder in ihr Leben eingeführt werden. Hier gibt es viel Arbeit für die Telepathen, die sich um die Erinnerungen der Opfer und die der Menschen in ihrem Umkreis kümmern müssen.«
Wir alle ließen unsere Hände fallen, zitterten immer noch, Nachwehen dieses außergewöhnlichen Rituals. Sina ließ sich kurzerhand auf dem Boden nieder. Elric, Liz und John taten es ihr nach.
Ein Blick auf Aurelia brachte mir jedoch das »Problem«, von dem sie gesprochen hatte, wieder in Erinnerung. Ich sandte meine Frage im Stillen an sie: »Sag mir bitte, was du weißt.«
Sie schüttelte kaum merklich den Kopf, um die anderen keinen Verdacht schöpfen zu lassen.
Als Miros in die Hände klatschte, war sie offensichtlich froh über die Ablenkung, nicht jedoch über seine Worte: »Da unsere Mission hier nun beendet ist, werden wir uns an die Rückkehr machen.« Er stellte bereits die kleine Pyramide auf, als Aurelia ihn stoppte.
Ihre Worte erfüllten bedeutungsschwer die Luft: »Wenn wir überwechseln, werden wir unsere Zauberkraft verlieren.«
Zwickmühle
Aurelia
Während wir uns in der kleinen Holzhütte dem Pläneschmieden widmeten, versuchte ich noch einmal, zu Selenas Astralprojektion durchzudringen. Etwas war anders. Sie hatte keinerlei Barriere errichtet, um mich auszuschließen. Das konnte kein gutes Zeichen sein. Um die anderen nicht zu beunruhigen, schlug ich vor, Selenas Körper während der Mission zu bewachen.
Sofort, nachdem die anderen aufgebrochen waren, tauchte ich in die Gedankenwelt von Selena ein. Mein erster Blick fiel wieder auf Balthasar, der auf der anderen Seite des Schutzwalles stand und Selena anstarrte.
»Willkommen, Aurelia. Schön, dass du wieder hier bist«, begrüßte er mich, als wären wir Freunde aus alten Schulzeiten. »Im Moment ist es mir unmöglich, den Schutz des Rates zu durchbrechen. Ebenso wie es euch unmöglich sein wird, die Petition ohne meine Hilfe
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