Düstere Sehnsucht - Feehan, C: Düstere Sehnsucht - Deadly Game

Handrücken die Tränen vom Gesicht.
    Ken. Kannst du mich hören? Sie wandte sich an ihn, weil sie jemanden brauchte. Sie brauchte sonst nie jemanden, aber jetzt war sie erschüttert und wütend, und ihr graute davor, dass ihm etwas zugestoßen sein könnte.
    Sean lief im Gleichschritt neben ihr her und warf
immer wieder verstohlene Blicke auf sie, in denen Ärger stand, aber sie weigerte sich, seine Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen.
    Ich höre dich, und ich habe ein Gewehr auf deinen Freund gerichtet, Mari.
    Sie hörte ihr Herz in ihren Ohren hämmern. Ihre Hand legte sich wieder auf das Kreuz, das sich zwischen ihre Brüste schmiegte. »Sean. Hast du schon mal von zwei Scharfschützen gehört, die Norton heißen?«
    »Ja, zum Teufel. Von denen hat jeder schon gehört.«
    »Einer von ihnen hat dich in diesem Moment im Visier. Vorhin hätte er dich beinah getötet. Hast du die Kugel nicht gehört, als du zu Boden gegangen bist?« Du darfst ihn nicht erschießen, Ken. Wenn du das tust, wie willst du mir dann zu dem Geläude folgen?
    Im Moment bin ich nicht besonders gut auf dich zu sprechen, Mari. Ich hätte durchaus Lust auf eine kleine Gemeinheit.
    Seans Atem klang wie ein einziges langgezogenes Schnaufen. Er sah sich panisch nach allen Seiten um. »Bist du ganz sicher, Mari?«
    Vermutlich gibt es dafür einen guten Grund, räumte sie, an Ken gewandt, ein. Ich musste mir etwas einfallen lassen, um zu verhindern, dass alle getötet werden, und schließlich hast du damit angefangen und es bei mir genauso gemacht. Ich habe dir das Leben gerettet, genauso, wie du mir das Leben gerettet hast.
    So nennst du das also?
    »Oh ja, ich bin ganz sicher«, sagte sie zu Sean. So hast du es genannt, rief sie Ken in Erinnerung. Und nur, damit du Bescheid weißt: Ich wusste zu dem Zeitpunkt noch nichts von dem Gas oder der Sprengung des Gebäudes. Das war nicht mein Team. Das geht alles auf das Konto von jemandem, den Whitney dort eingeschleust hatte.

    Ich habe teuflische Kopfschmerzen, und die habe ich dir zu verdanken. Schwenk nach links. Mir gefällt es, ihn schwitzen zu sehen. Wenn du nach links läufst, gibt mir das eher die Gelegenheit einen Streifschuss auf ihn abzugeben.
    Sie sah zur Seite. Sean schwitzte tatsächlich. Kleine Schweißtropfen rannen an seinem Gesicht hinunter, und sein Hemd hatte feuchte Flecken. Du bist wirklich zu Gemeinheiten aufgelegt. Du brauchst keinen Streifschuss auf ihn abzugeben. Und mein Mitgefühl wegen deiner Kopfschmerzen hält sich in Grenzen, denn du hast das bei mir auch schon getan, und ich finde, du hast sie verdient.
    Ich werde auf den Mistkerl schießen, Mari.
    Na schön. Damit weckst du bestimmt mein Mitgefühl, jede Menge Mitgefühl.
    Der Mistkerl hätte dich nicht schlagen sollen, das war absolut nicht nötig.
    Ihr Herzschlag setzte aus. Kens Stimme klang mordlustig, und jede Spur von Ausgelassenheit war verschwunden. Ich brauche seine Hilfe, um die anderen rauszuholen.
    Du glaubst im Ernst, ich würde dich gehen lassen?
    Du musst mich gehen lassen, Ken. Das ist mein Ernst. Sie hörte ihren Herzschlag laut in ihren Ohren. Es waren nur noch ein paar Schritte. Sowie sie es zwischen die Bäume geschafft hatten, würde Sean vor einer Kugel sicher sein. Ich könnte es mir nie im Leben verzeihen, wenn einer der anderen Frauen meinetwegen etwas zustieße.
    Für kurze Zeit herrschte Schweigen. Mittlerweile zählte sie die Schritte und versuchte zu beurteilen, wie viele noch nötig waren, um den Schutz der Bäume zu erreichen.
    Mari, wenn er dich anrührt, ist er tot. Darüber solltest du dir im Klaren sein. Und ich werde auf jedem Schritt des Weges bei dir
sein. Versuch nicht, uns auf eine falsche Fährte zu locken. Dann würde ich nämlich sauer, und das ist eine Seite von mir, die du ganz bestimmt nicht kennenlernen willst.
    Nein, die wollte sie gewiss nicht kennenlernen. Sie kannte Männer wie Ken, und die Gletscherkälte, die in den Augen dieser Männer brannte, rührte nicht daher, dass sie nett waren. Ich verlasse mich darauf, dass du mir folgst. Ich will nie wieder dort in der Falle sitzen.
    Dann sind wir uns ja einig.
    Erleichterung durchflutete sie. Sean raste auf die nahen Bäume zu, und sie ließ sich einige Schritte zurückfallen, um seinen Körper teilweise zu decken, nur für den Fall, dass Ken es sich doch noch anders überlegte. Jetzt wich ihre Erleichterung der Furcht, denn obwohl die Rückkehr ihre eigene Entscheidung war und sie wusste, dass Ken ihre Fährte aufgenommen