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Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)

Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)

Titel: Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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verzweifelt.«
    »Was für ein schrecklicher Verlust«, sagte ich.
    »Mich mit drei Kleinen allein zu lassen …«
    »Das Elend muss …«
    »Ich hätte ihn nachträglich noch erwürgen können.« Sie drehte sich um und schrie: »Ilse, pass aufs Baby auf!«
    Dann ging sie mit uns durch den Garten zum Stall. Dem Geruch nach müsste der einmal ordentlich ausgemistet werden. An der Rückseite in einem Kämmerchen unter dem Heuboden zeigte sie uns eine kleine zerkratzte Truhe und klappte den Deckel auf. Darin befand sich eine Reihe von modrig riechenden Notizbüchern.
    Henry und ich machten ein großes Theater daraus, sie schnell durchzublättern und uns irgendwelche Bemerkungen zuzumurmeln.
    »Ich glaube, das wird für das Archiv von großem Interesse sein«, sagte ich.
    »Mit Sicherheit«, bestätigte Henry.
    »Der verdammte Narr hat ständig irgendwelche Aufträge für den Hexendoktor, den Polidori, erledigt«, sagte die Frau finster.
    »Ich glaube nicht, dass wir den kennen«, sagte Henry unschuldig.
    »Der hat ihn nach Mineralien und Schimmelpilzen in den Höhlen suchen lassen. Dann hat sich mein Mann in den Kopf gesetzt, dass es da unter den Bergen Diamanten und Gold gibt.« Sie kniff die Augen zusammen. »Mit dem Polidori habt ihr doch nichts zu tun, oder?«
    »Ach du lieber Himmel, nein«, sagte Henry. »Unser Interesse ist rein archivarisch.«
    Einen Moment lang verschwand der finstere Ausdruck und sie sah Henry und mich mit mütterlicher Sorge an.
    »Sie haben doch nicht irgendwelche Pläne im Kopf, oder? Dass Sie selber forschen wollen und so?«
    »Wir sind nur Beauftragte, Madame«, sagte ich, und um ihren Blick zu vermeiden, fing ich an, Silbermünzen aus meinem Geldbeutel abzuzählen. »Wir würden gern alle diese Karten mitnehmen, wenn Sie damit einverstanden sind.«
    »Sie können sie alle haben.«
    Sie starrte auf die Münzen, die ich ihr in die Hand drückte. Ich mochte weder den Anblick noch den Geruch der Armut um sie herum, und so gab ich ihr mehr, als ich gemusst hätte.
    »Das ist sehr anständig von Ihnen, junger Herr«, sagte sie, aber immer noch mit einem gewissen Widerstreben. »Ich hoffe nur, Sie haben keine so närrischen Vorstellungen wie mein verstorbener Mann. Diese Höhlen bringen einen um. Genau das machen sie.«
    »Ich danke Ihnen, Madame«, sagte ich. »Wirklich vielen Dank.«
    Wir verstauten die Notizbücher in unseren Satteltaschen, und als wir davonritten, beobachtete sie uns von der Tür ihrer Hütte aus.
    Einige Minuten lang sagten wir beide nichts. Henry sah beunruhigt aus.
    »Meinst du, es war Polidori, der ihn in den Tod geschickt hat?«, fragte er dann.
    »Das klingt zu dramatisch. Es scheint so, als hätte er einige Aufträge für Polidori erledigt und dann seine eigenen Abenteuer unternommen.«
    »Entscheidend ist aber, dass die Höhlen gefährlich sind«, meinte Henry.
    »Aber wir erforschen sie nicht. Wir folgen bloß seinen Karten bis zu diesen Tümpeln. Wir wissen genau, wonach wir suchen. Das finden wir und dann kehren wir um.«
    Ich spornte mein Pferd zu einem leichten Galopp an und so ritten wir nach Hause.
    »Was ist mit der hier?«, fragte Konrad.
    Elizabeth, Henry und ich waren nach dem Abendessen in seinem Zimmer. Wir hatten die letzten beiden Stunden auf dem Boden zugebracht und beim flackernden Kerzenschein Temerlins Notizbücher und Karten genau studiert. Temerlin war ein tatkräftiger Mann gewesen. Es sah so aus, als gebe es nur wenige Höhlen, Wege, Risse und Spalten, die er nicht erforscht hatte.
    Konrad hatte eine große Karte aus einem der Notizbücher ausgebreitet und wir kamen mit unseren Kerzen näher.
    Die Karte war ein Wunder, fast schon erschreckend, denn sie sah aus wie das komplizierte Gekritzel eines systematischen Geisteskranken. Aus einer einzigen Passage wurden schnell viele, und während die meisten Wendungen und Kreuzungen sehr klar waren, führten doch viele der mit Tinte gezeichneten Linien ins Nichts, wie die treibenden Gedanken eines kranken Gehirns.
    »Ich nehme an, das sind die Tunnels, die er nie bis zum Ende erforscht hat«, sagte Henry und tippte auf eine dieser geisterhaften, sich verlaufenden Linien.
    »Die Öffnung hier«, sagte Konrad, »liegt in den Vorbergen, nicht weit nordöstlich von hier. Hat Polidori nicht gesagt, dass dort der Eingang ist?«
    Ich nickte und einen Moment lang schwiegen wir. Eingeschüchtert von dem riesigen verborgenen Labyrinth in unseren Bergen, folgten wir mit dem Blick dem endlosen unterirdischen

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