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Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)

Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)

Titel: Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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Einen willkommeneren Anblick könnte man sich nicht vorstellen.
    »Ihr seid so lange weggeblieben!«, rief er. »Es ist schon fast neun Uhr! Ich bin vor Sorge beinahe wahnsinnig geworden.«
    »Wir sind hier, Henry«, sagte Konrad, »mit triumphalem Ergebnis. Hilf uns und wir sind im Handumdrehen bei dir.«

11. Kapitel
Hausarrest
    Henry schickten wir mit dem Kopf des Quastenflossers direkt nach Genf. Die Stadttore wurden um zehn Uhr geschlossen und er hatte nur wenig Zeit zu verlieren. Ich wollte, dass der Kopf so schnell wie möglich bei Polidori abgeliefert wurde.
    Unseren Eltern würden wir sagen, dass Henry nach unserem Ausflug gleich zu sich nach Hause zurückkehren wollte. Wir drei beeilten uns nun sehr, denn es wurde immer dunkler, und uns war klar, dass sich unsere Eltern bestimmt schon Sorgen machten – und wahrscheinlich auch ziemlich wütend waren.
    »Es wird Fragen geben«, sagte ich, als wir uns den Ställen näherten und die Pferde nur noch traben ließen. »Wir dürfen ihnen nur so wenig wie möglich erzählen. Wir sind klatschnass, weil wir beim Angeln ins Wasser gefallen sind.«
    »Wir haben aber keine Fische vorzuweisen«, wandte Elizabeth ein.
    »Daran hätte ich denken sollen«, sagte ich, »aber das ist nun nicht mehr zu ändern. Wir haben heute eben nur des Sports wegen geangelt. Und wir kommen zu spät, weil wir die Zeit vergessen haben.«
    »Am wichtigsten ist aber«, ergänzte Konrad, »dass wir kein Wort über Polidori oder unsere Suche sagen.«
    Mutter und Vater mussten unsere Pferde gehört haben, denn sie liefen schon in den Hof, bevor wir abgestiegen waren. Bei unserem Anblick brach Mutter in Tränen aus, schimpfte und umarmte uns gleichzeitig.
    Wir übergaben die Pferde den Stallknechten und wurden dann ins Haus geführt.
    »Eure arme Mutter hat sich wahnsinnige Sorgen gemacht – und ich auch«, sagte Vater zornig.
    Als ich meinen Reitpelz auszog, schnappte Mutter nach Luft. »Victor, dein Arm!«
    Ich schaute auf den Blutfleck auf meinem Hemd. »Ach, nur eine kleine Wunde«, sagte ich, froh über die Gelegenheit, vor Elizabeth tapfer zu erscheinen.
    »Wir müssen Dr. Lesage rufen«, rief Mutter aus.
    »Vor morgen früh werden wir ihn wohl kaum erreichen können«, sagte Vater. »Ich kümmere mich selbst um Victor.« Er wandte sich an Schultz, unseren Butler. »Konrad und Elizabeth brauchen sofort ein warmes Bad. Und geben Sie den beiden ein kleines Glas Kognak. Und bitte Bettwärmer zwischen die Decken.«
    »Sehr wohl, Herr Frankenstein«, antwortete Schultz.
    Ich schaute meinem Bruder und Elizabeth nach, die kleinlaut wie unartige Kinder jeweils zu ihrem Bad geführt wurden.
    Dann wandte sich Vater an mich: »Komm in mein Arbeitszimmer.«
    Mutter machte Anstalten, uns zu begleiten, doch mein Vater fing ihren Blick auf und schüttelte leicht den Kopf.
    In seinem Zimmer ließ er mich an dem großen Eichentisch Platz nehmen und sagte, ich solle das Hemd ausziehen.
    »Du bist gebissen worden«, sagte er ruhig.
    Ich räusperte mich. »Ja, das war ein Fisch. Ein ziemlich großer.«
    Vater holte einen kleinen Koffer aus einem der Schränke und nahm ein sauberes weißes Tuch heraus, das er auf dem Tisch ausbreitete. Als Nächstes legte er einige Knäuel Baumwollwatte bereit, ein Päckchen Nadeln und eine Rolle Garn. Ich hatte schon immer gewusst, dass Vaters Wissen beeindruckend war, aber nicht, dass er sich auch mit einfachen Operationen auskannte.
    Auf dem Beistelltisch goss er einen Becher mit Kognak ein und stellte ihn dann vor mich auf den Eichentisch.
    »Du wirst dich vielleicht stärken wollen«, meinte er.
    »Mir geht es gut«, sagte ich mit trockenem Mund.
    »Also gut. Streck deinen Arm aus.«
    Er nahm eine durchsichtige Flasche, zog den Stöpsel heraus und goss eine kleine Menge Flüssigkeit direkt in meine Wunden. Es war schlimmer als der Biss selbst. Der Schmerz durchbohrte meinen Arm und ich schrie auf.
    »Alkohol. Gut zur Desinfektion«, sagte Vater, »bevor wir die Wunden zunähen.« Er machte sich daran, eine Nadel einzufädeln. »Was hat euch denn geritten, in den Untergrund zu steigen?«
    »Untergrund?«, krächzte ich, nun wirklich überrascht.
    »Ich habe einen kurzen Blick in deine Satteltaschen geworfen«, meinte er, »und eine Laterne mit einer Flasche Öl gefunden.«
    Was war ich doch für ein Dummkopf.
    Ich überlegte mir meine Antwort sorgfältig. »Wir haben Gerüchte gehört, dass da ein Teich unter der Erde sei, wo wir einen Quastenflosser sehen

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