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Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)

Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)

Titel: Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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könnten.«
    »Sind die nicht ausgestorben?«, fragte Vater und stach die Nadel in meine Haut. Ich stöhnte, schaffte es aber, nicht aufzuschreien.
    »Nein«, ächzte ich, während er die Nadel kreuz und quer über meine Wunde führte. »Sie leben … am Grund des Sees und … verbringen ihre Tage in unterirdischen Teichen.«
    »Und du bist gebissen worden, als du versucht hast, einen zu fangen?«
    Ich stieß die Luft aus. »Ja, Vater.«
    Er brachte noch zwei weitere Stiche an, schloss somit die erste Wunde, verknotete die Enden und schnitt sie mit einer Schere ab.
    Der Raum verschwamm kurz vor meinen Augen. Mein Vater drehte meinen Arm, damit er an der zweiten Bisswunde arbeiten konnte.
    »Das war sehr dumm«, sagte ich und hoffte, ihn so von seiner gelassenen Art der Befragung abzubringen. »Ich verspreche, dass ich diese Höhlen nie wieder betreten werde. Es tut mir sehr leid.«
    »Warum hast du versucht, den Fisch zu fangen?«, fragte Vater.
    »So ein seltenes Wesen zu fangen …« Ich stöhnte. »Wir haben gedacht, das wäre etwas Besonderes.«
    »Es scheint, als hättest du schon die ganze Zeit geplant, diese Höhlen zu erforschen.«
    Ich antwortete nicht. Ich konnte nicht klar denken. Der Schmerz wurde immer schlimmer und mit ihm mein Schuldgefühl. Ich fragte mich, ob Elizabeth und Konrad einer ähnlichen Befragung durch Mutter unterzogen wurden. Aber zumindest wurde ihnen dabei nicht ihr zerrissenes Fleisch zusammengenäht. Sie müssten eigentlich den Mund halten können.
    Ich langte nach dem Becher mit Kognak, doch Vater schob ihn außer Reichweite.
    »Ja, es war schon lange geplant, Vater.«
    »Du hast eure Mutter und mich absichtlich getäuscht.«
    Ich winselte, als die Nadel wieder in meine Haut drang. »Vater, es tut so weh …« Ich streckte die Hand nach dem Kognak aus, doch Vater verweigerte ihn mir erneut.
    »Du warst auch wieder in der Dunklen Bibliothek.«
    Ich sagte nichts.
    »Ja oder nein, Victor?«
    »Ja, war ich«, antwortete ich. »Woher weißt du das?«
    »Fußspuren im Staub. Bücher waren an einer anderen Stelle im Regal eingestellt. Es passt nicht zu dir, Victor, mich so zu hintergehen. Und ich muss mich fragen, ob diese beiden Betrügereien – der verbotene Besuch der Dunklen Bibliothek und die heutige Expedition – nicht irgendwie miteinander zusammenhängen.«
    Wieso hatte ich nur gedacht, ich könnte ihn zum Narren halten? Er war einer der klügsten Männer in der Republik, ein Richter, dessen tägliche Arbeit es war, Wahrheit und Lüge voneinander zu unterscheiden.
    »Hängen sie miteinander zusammen, Victor?«
    Ich hatte keinen Kampfgeist mehr übrig und nickte. Er schob mir den Kognak näher und gierig leerte ich den Becher. Das Brennen in meiner Kehle überlagerte vorübergehend den Schmerz.
    Vater führte den letzten Stich aus und blickte auf. »Und jetzt möchte ich wissen, warum ihr das alles gemacht habt.«
    »Es war meine Idee, von Anfang an«, sagte ich schnell. Trotz meiner Schmerzen war ich darauf erpicht, die Urheberschaft für unsere Unternehmung für mich zu beanspruchen – und so die Geschichte unter Kontrolle zu halten. »Als Konrad krank war und keiner der Doktoren zu wissen schien, wie sie ihn heilen könnten, haben wir das Rezept für ein Elixier des Lebens gefunden und entschieden, dass das vielleicht unsere einzige Hoffnung wäre. Also sind wir losgezogen, um nach den Zutaten zu suchen.«
    Vaters Gesicht verdüsterte sich. »Hast du denn nichts von dem gehört, was ich euch in der Dunklen Bibliothek gesagt habe? Du hast mir nicht gehorcht und bist weiter einer so kindischen Idee gefolgt!«
    Er schlug mit der Faust auf den Tisch und ich zuckte zusammen, doch die Gewalt, die in dieser Geste lag, stachelte meine eigene Wut an. Ich wurde hier behandelt wie ein Verbrecher. Verhört. Gefoltert.
    »Du hast nicht recht! Das war nicht kindisch! Die Sicht des Wolfs. Das Feuer ohne Flamme. Ich hab beides hergestellt und beides hat funktioniert!«
    Im selben Augenblick schon bereute ich meinen Ausbruch. Vaters Augenbrauen zogen sich zusammen und er beugte sich auf seinem Stuhl vor.
    »Du hast Alchemie praktiziert?«, fragte er mit beunruhigender Ruhe.
    »Nur damit wir die Zutaten zu dem Elixier finden konnten.«
    »Und nach wessen wundersamem Rezept seid ihr vorgegangen? Dem von Meister Caligula? Oder dem von Eclecti?«
    »Agrippa«, sagte ich.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Du bist nicht ehrlich. Mit diesem Rezept kann man nichts anfangen.«
    »Du scheinst eine Menge

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