Düstermühle: Ein Münsterland-Krimi (German Edition)
stecken?«
»Das war die Idee von Heinz. Der Boden war gefroren, wir würden also nicht viele Spuren hinterlassen. Heinz hat den Benzinkanister beigesteuert, er stammte aus seiner Garage. Sein Plan war, gemeinsam zur Schmiede zu fahren und die Sache zu beenden. Aber das wollte Siegfried nicht. Er meinte, es wäre zu auffällig, wenn alle fahren. Einer alleine sollte gehen. Und er hat darauf bestanden, es zu tun. Ihm ging es darum, seinem Vater Genugtuung zu verschaffen. Die Familie Schulte-Stein hat für viel Unglück bei der Familie Wüllenhues gesorgt. Er hatte also seine Gründe. Deshalb hat keiner widersprochen.«
»Aber dann ist irgendwas schiefgegangen, und Siegfried Wüllenhues hat eine Herzattacke erlitten.«
»Ja, das stimmt.« Vornholte betrachtete wieder seine Hände. »Ich fühle mich furchtbar schuldig deshalb. Wäre all das nicht passiert, würde Siegfried noch leben. Ich bin nicht nur schuldig an Alfons’ Tod, ich habe auch Siegfried auf dem Gewissen.«
»Wie ging es weiter?«, fragte Keller.
»Heinz und Antonius meinten, das Beste wäre zu schweigen. Keiner konnte uns etwas nachweisen. Wir sollten einfach abwarten, bis Gras über die Sache gewachsen war. Aber ich habe das nicht ausgehalten. Siegfried wurde anfangs für den Mörder gehalten. Es war unerträglich für mich, dass er für meine Sünden verantwortlich gemacht wurde.«
Gratczek verstand plötzlich. »Da haben Sie ein paar Tage später den alten Schuppen bei Schulte-Stein angezündet! Um auf sich aufmerksam zu machen. Jetzt verstehe ich. Sie wollten zeigen, dass Siegfried nicht der Mörder ist. Schließlich konnte er diesmal nicht der Brandstifter gewesen sein.«
»Ich musste irgendetwas tun. Es durfte nicht sein, dass ein anderer für meine Taten büßt. Später hieß es plötzlich, Siegfried hätte den Mord gar nicht begehen können, wegen seines Rheumas. Von da an habe ich mich zurückgehalten, so wie Heinz und Antonius das von mir verlangt hatten.«
»Sie haben sich also zurückgehalten.« Keller verschränkte die Arme. »Und was war mit dem Fotoalbum? Das haben Sie aus Rosa Deutschmanns Wohnung gestohlen. Oder etwa nicht?«
Vornholte nickte schuldbewusst. »Ja, das war ich. Auch das ist etwas, worauf ich nicht stolz bin. Aber es gab keine Alternative.«
»Was wollen Sie damit sagen?«, fragte Keller. »Was war so wichtig an dem Album?«
»Es waren alte Fotos darin. Vom Anwesen der Schulte-Steins. Die Fotos müssen irgendetwas mit Hanne zu tun gehabt haben. Carl hat erzählt, dass Alfons bei Rosa war und das Album sehen wollte. Er hat ein Foto mitgenommen, als sie nicht im Raum war. Das muss etwa zur gleichen Zeit gewesen sein, als Jens Vogelsang bei ihm auf dem Hof aufgetaucht war. Alfons hat das Foto gestohlen, verstehen Sie? Offenbar war es für ihn sehr wichtig. Ich gehe davon aus, dass es ein Kinderbild von Hanne war. In der Nachkriegszeit wurden lange Zeit keine Bilder geschossen, deshalb wurde sie erst wieder fotografiert, als sie vierzehn war. Ich brauchte das Album. Wenn in diesem Album weitere Kinderfotos von Hanne gewesen wären, dann hätte man uns auf die Spur kommen können. Carl war ja überzeugt gewesen, das Album hätte etwas mit dem Mord zu tun. Wer wusste denn schon, was auf den anderen Fotos abgebildet war? Wir konnten nicht sicher sein, ob uns dieses Album verraten würde. Es wäre nämlich eine Spur, die zu uns geführt hätte. Deshalb haben wir beschlossen, das Fotoalbum zu stehlen.«
»Aber wieso musste Rosa sterben?«, fragte Keller. »Hat Sie Ihnen gedroht? Wollte sie alles auffliegen lassen?«
»Rosa?« Er sah sie mit großen Augen an. »Sie denken, ich habe Rosa ermordet?«
»Wer war es denn sonst? Einer Ihrer Komplizen? Heinz Moorkamp oder Antonius Holtkamp?«
Vornholte blickte von einem zum anderen. Dann lehnte er sich zurück, legte die Hände ineinander und sagte ruhig: »Ich möchte einen Anwalt.«
»Was soll das heißen? Sind Sie jetzt der Mörder von Rosa Deutschmann, oder sind Sie es nicht?«
Doch er weigerte sich weiterzureden. Plötzlich wirkte er gar nicht mehr schwach. Alles war verändert. Sie erkannten ihn kaum wieder.
»Ich werde nichts mehr sagen«, sagte er entschlossen. »Nicht, so lange ich keinen Anwalt bekomme.«
Hambrock war hinaus auf den Parkplatz gegangen, um frische Luft zu schnappen und sich die Beine ein wenig zu vertreten. Die Sonne stand jetzt tief am Himmel, nicht mehr lange, dann würde es dunkel werden. Ihnen stand eine sternenklare Nacht bevor.
Er
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