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Düstermühle: Ein Münsterland-Krimi (German Edition)

Düstermühle: Ein Münsterland-Krimi (German Edition)

Titel: Düstermühle: Ein Münsterland-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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waren wir verheiratet. Hauptsache, sie musste nicht mehr auf dem Anwesen leben. Danach hat sie den Kontakt einschlafen lassen. Aber von der anderen Seite kam auch nicht viel.«
    »Alfons muss damals sehr wütend gewesen sein, wenn er sie als seine kleine Schwester angesehen hatte.«
    »Natürlich. Aber das war 1955. Er hatte über fünfzig Jahre Zeit, um sich abzukühlen. Diese Geschichte spielte für unser aller Leben keine Rolle mehr. So furchtbar war das alles nicht.«
    »Aber furchtbar genug, um den Namen Schulte-Stein aus allen Dokumenten zu verbannen.«
    »Nein, das verstehen Sie falsch. Sie ist mit fünf Jahren auf den Hof gekommen. An die Zeit davor hat sie sich kaum erinnert. Sie war eine Kriegswaise, wahrscheinlich aus dem Osten. Aus der Zeit davor war ihr nur noch ihr Name geblieben: Hanne Vonnesand. Und eine vage Vorstellung, wie es zu Hause ausgesehen hatte. Ein See war da gewesen und eine Wiese voller Blumen. Aber vielleicht war das auch nur ihre Fantasie. Sie redete sich ein, als Kind ein liebendes Elternhaus gehabt zu haben, auch wenn ihr die Erinnerungen fehlten. Bei Schulte-Stein dagegen fühlte sie sich einsam und ungeliebt. Deshalb der Name.«
    Gratczek blieb noch eine Weile beim Thema. Er fragte noch ein bisschen im Kreis herum, doch Keller hörte bald schon gar nicht mehr richtig zu. Irgendwann schlug er mit der Faust auf den Tisch.
    »Herrgott! Sie wissen doch, wer die Morde begangen hat!«
    Stille. Walther Vornholte war schreckensbleich.
    »Was ist hier los, Herr Vornholte? Soll der Mörder wirklich davonkommen?«
    Der Alte antwortete nicht.
    »Was hat Rosa Deutschmann Ihnen getan, dass Sie ihren Mörder decken?«, rief Keller.
    »Nein … ich … nein.«
    »Jetzt reden Sie doch mit uns!«
    »Ich weiß nichts. Bitte glauben Sie mir. Ich weiß nichts.«
    Es hatte keinen Sinn. Keller gab auf, zumindest für heute. Aber das sollte nicht heißen, dass sie nicht wiederkommen würden.
    Kurz darauf verließen sie den Hof. Gratczek war sauer. Er glaubte wohl, sie hätten mehr erreicht, wenn Keller sich an die Absprachen gehalten hätte. Im Auto schwiegen sie. Jetzt saß Gratczek am Steuer und fuhr über die Bundesstraße zurück nach Münster. Irgendwann ließ die Spannung zwischen ihnen nach.
    »Er weiß etwas«, sagte Keller. »Wir müssen ihn härter rannehmen.«
    »Vielleicht hast du recht«, räumte Gratczek ein. »Wir könnten ihn morgen ins Präsidium bringen lassen.«
    »Oder wir versuchen, mehr über Hanne herauszufinden. Mein Gefühl sagt mir, dass dort seine schwache Stelle ist.« Keller ließ seinen Blick über die graue trostlose Winterlandschaft schweifen. »Vielleicht gibt es ja ein Geheimnis, mit dem man ihn zum Sprechen bringen kann.«
    Carl saß einsam in seinem Sessel und blickte hinaus. Die feuchte Kälte war ihm in die Knochen gezogen, dagegen konnte auch die Wolldecke nichts ausrichten, die er über die Beine gelegt hatte. Aber das störte ihn nicht. Er dachte nach, seit Stunden schon. Im Wohnzimmer wurde es dunkler und dunkler. Doch er machte sich nicht die Mühe, das Licht einzuschalten.
    Er hatte einen Entschluss gefasst. Je länger er darüber nachdachte, desto richtiger erschien er ihm. Er hatte nichts mehr zu verlieren. Auf ihn wartete nur noch der Tod. Und er hatte keine Angst mehr davor.
    Er würde Rosas Mörder finden. Ihn jagen. So lange hinter ihm her sein, bis er gefasst wäre. Ganz egal, was es ihn kostete. Er würde es tun. Das war er Rosa schuldig. Diesen letzten Dienst musste er ihr erweisen.

16
    Am Nachmittag kehrte Hambrock ins Krankenhaus zurück. Er hatte sich davongeschlichen, während seine Mitarbeiter unterwegs waren. Das war natürlich nicht in Ordnung gewesen, aber er konnte nicht anders, er musste zu Birgit. Heute würde er das Handy einfach eingeschaltet lassen, so konnte er im Notfall schnell ins Präsidium zurückfahren, da würde schon keiner merken, was los war.
    Birgits Zustand war unverändert. Aber das bedeutete nicht viel. Es ging ihr eben unverändert schlecht. Sie war in einen künstlichen Tiefschlaf versetzt worden und wurde nun beatmet. Die Ärzte befürchteten ein Multiorganversagen. Und dann konnte alles sehr schnell gehen.
    Vor der Intensivstation zog Hambrock sein Handy aus der Manteltasche. Er wollte Elli anrufen. Sie sollte hier sein, sie hatte ein Recht darauf. Doch bevor er ihre Nummer wählte, entdeckte er seine Eltern jenseits der Glasscheibe des Aufenthaltsraums. Sie hockten mit einigem Abstand zueinander und sahen in

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