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Düstermühle: Ein Münsterland-Krimi (German Edition)

Düstermühle: Ein Münsterland-Krimi (German Edition)

Titel: Düstermühle: Ein Münsterland-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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nichts. Ich bin müde, Helga. Und ich habe Hunger. Lass uns ins Haus gehen.«
    Seine Tochter blickte ihn besorgt an. Doch sie verkniff sich weitere Fragen und rollte wieder ins Haus.
    An der Tür blieb Antonius stehen und blickte Renate hinterher. Eine einsame Gestalt im Zwielicht, die sich langsam entfernte. Von welchem Kind hatte sie gesprochen? Er verstand gar nichts mehr.
    »Vater? Wo bleibst du denn?«
    Mit schwerem Herzen schloss er die Tür. Er musste weitermachen. Er durfte sich nichts anmerken lassen. Irgendwie würde es ihnen schon gelingen, den Deckel wieder zu schließen.

17
    Die Sonne ging auf. Zunächst färbte sich der Himmel über den kahlen Baumwipfeln orange, dann erschien ein blutroter Ball am Horizont. Die Luft war glasklar und frostig, der Himmel kalt und weiß. Raureif hatte sich in der Nacht gebildet und hüllte alles ein.
    Carl saß in seinem Sessel und betrachtete die stille Landschaft. Er war schon seit Stunden auf. Hatte sich eine Kanne Kaffee gekocht, im Sessel Platz genommen und auf das Heraufziehen des neuen Tages gewartet. Im Haus regte sich lange nichts. Irgendwann hörte er die Kinder herumtoben. Dann Christas lautstarke Ermahnungen. Die Geräusche verlagerten sich in die Küche. Es polterte, Porzellan ging zu Bruch, ein Kind heulte, Christa schrie. Dann wurde es ruhig. Kurz darauf streckte Christa den Kopf durch die Tür und fragte, ob er nicht mit ihnen frühstücken wolle. Doch Carl lehnte dankend ab. Er wollte lieber allein sein.
    Er zog seine Liste hervor. Er hatte sie inzwischen vervollständigt. Alle Personen, die seines Wissens auf dem Gutshof gelebt hatten. Dabei war der letzte Name der wichtigste. Es war die einzige Person auf der Liste, die noch lebte. Beinahe hätte er sie vergessen. Renates Mutter, Ilse. Sie wohnte in einem Pflegeheim in Warendorf. 1940 hatte sie als Magd auf dem Hof gearbeitet. Nur ein knappes Jahr lang, danach war sie in den Ort gezogen, um zu heiraten.
    Sie war die letzte Augenzeugin. Ihr Geist hatte sich zurückgezogen. Sie war meist nicht mehr ansprechbar. Aber es gab immer noch Momente, in denen sie klar war. Wenn er in so einem Moment mit ihr sprach, würde sie vielleicht eine Antwort haben.
    Er sah auf die Uhr. In einer knappen Stunde würde Christa ihn zum Hochamt fahren, wie jeden Sonntag. Er würde sie bitten, ihn heute stattdessen nach Warendorf zu bringen. Den Kirchgang ließ er nur ungern ausfallen, die Traditionen waren ihm wichtig, aber diese Angelegenheit war wichtiger. Er musste mit Ilse reden.
    Kurz darauf öffnete sich die Wohnzimmertür. Christa trat ein. Er wandte sich zu ihr um. Sie wirkte betreten, den Blick hielt sie zu Boden gerichtet.
    »Vater, ich hab gerade einen Anruf von einem Kunden bekommen. Da geht es drunter und drüber. Die brauchen meine Hilfe, jetzt gleich. Es ist sehr dringend.«
    Er nickte. Was sollte er dagegen sagen? Sie verdiente nun mal das Geld.
    »Deshalb kann dich heute nicht zur Kirche bringen«, sagte sie. »Es tut mir so leid, aber es geht nicht.«
    »Soll ich auf die Kinder aufpassen?«
    »Nein, das brauchst du nicht. Ich bringe sie zu Schulfreunden, dort können sie sich austoben.«
    Er nickte. Aus der Fahrt nach Warendorf würde also nichts.
    »Es tut mir leid, Vater, wirklich.«
    »Nein. Schon gut. Ist in Ordnung.«
    Sie erklärte ihm ausführlich die Notsituation, in der sich dieser Kunde befand, doch Carl verstand ohnehin kein Wort davon. Schließlich entschuldigte sie sich ein weiteres Mal, ging aus dem Zimmer und schloss die Tür.
    Er blieb allein zurück. Eine Weile später hörte er Geschrei im Hausflur, dann flog die Tür ins Schloss, und es wurde wieder still. Die Sonne stand inzwischen höher am Himmel, sie tauchte die Welt in blasses Licht.
    Carl dachte nach. Dann beugte er sich über sein Tischchen, zog das Kärtchen hervor, das seit Tagen neben dem Telefon lag, entzifferte mühsam die klein gedruckte Zahlenfolge, nahm das Telefon und wählte schließlich.
    Es dauerte, doch dann meldete sich eine Stimme am anderen Ende. »Hier Bernhard Hambrock.«
    »Guten Morgen, Herr Hambrock. Hier spricht Carl Beeke. Aus Düstermühle.«
    »Herr Beeke, schön, von Ihnen zu hören. Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich habe mich gefragt, ob Sie heute Vormittag schon etwas vorhaben? Vielleicht könnten wir einen kleinen Ausflug machen. Nach Warendorf.«
    Keller und Gratczek erreichten Köln am späten Vormittag. Die Stadt zeigte sich von ihrer schönsten Seite. Wehmütig betrachtete Keller die

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