Duft der Unschuld - Tennington (German Edition)
Sein Zittern kam sicher nicht allein von der Kälte hier draußen. Auch seine Lenden waren erwacht, ich spürte es an meinem Beckenknochen.
„Ich will dich, Yves, aber ich kann nicht“, flüsterte ich und streichelte durch sein Haar, über seinen Rücken, küsste seine Stirn und schluchzte noch einmal auf.
„Ich verstehe das“, erwiderte er und ich glaubte ihm. Ich wusste nicht wieso, aber es klang so ehrlich und ernsthaft, ich musste es ihm einfach glauben.
Ich spannte meine Bauchmuskeln an und richtete mich wieder auf, was gar nicht so einfach war mit Yves auf mir. Schließlich saß er auf meinem Schoß und wir ordneten die Wolldecke wieder um uns, während wir uns aneinander festhielten.
Ich schloss die Augen und ließ meine Nase durch sein Haar gleiten. „Erdbeeren und Sahne, frisch gemähtes Gras, ein wenig Tee, Pfefferminze … und Zimt.“
Er sah mich verwirrt an. „Was?“
Ich kicherte leise. „Danach riechst du.“
„Ehrlich? Das ist … schräg .“
Ich nickte. „Ehrlich. Aber wieso ist das schräg?“
„Weil Erdbeeren mit Schlagsahne mein liebster Nachtisch sind, weil ich es liebe, in frisch abgemähten Wiesen zu liegen … weil Pfefferminztee mein liebster Tee ist und ich an nichts vorbeigehen kann, das nach Zimt riecht.“
Nun war ich es, der staunte. „Magst du zufällig auch schnelle Autos und das Meer?“
Er nickte. „Sag nicht, dass ich nach Benzin und Salzwasser rieche!“
„Doch … Da sind noch mehr Nuancen, aber ich kann nicht alle eindeutig erkennen. Manche vermischen sich zu sehr. Aber alle zusammen ergeben dich … den sensationellsten Duft, den ich kenne.“
Er küsste mich erneut, nur ganz kurz diesmal. „Weißt du, meine Nase mag nicht so ausgeprägt arbeiten wie deine, aber du riechst frisch und … wie soll ich das sagen? Sauber? Aber nicht nach Waschmittel oder so … du riechst nach …“, er kicherte und zeigte sich selbst einen Vogel, „nach Unschuld .“
„Unschuld?!“, echote ich.
„Ja. Und ich meine ganz sicher keine sexuelle Unschuld … Du riechst, wenn man das überhaupt kann, so, als hättest du ein vollkommen reines Herz.“
Ich schluckte hart und starrte ihn nur mit noch größeren Augen an. Der Grund für das, was meine Eltern und die anderen mir angetan hatten. Ich roch also danach? Wer hätte das gedacht?
Ein Zittern durchlief mich, das ihm nicht verborgen blieb. Immerhin saß er engumschlungen auf meinem Schoß.
„Das … Ich hätte das nicht sagen sollen.“ Sofort wurde sein Griff fester, fühlte ich mich dichter an ihn gepresst.
„Du hast nichts falsch gemacht. Ich hatte nur keine Ahnung, dass ich so rieche … und auch nicht, dass man so etwas riechen kann.“
„Du tust es. Und das finde ich … sehr schützenswert. Deshalb verstehe ich auch, dass du sagst, du kannst nicht … also mit mir …“ Fing er jetzt tatsächlich an zu stottern?
Ich schob ihn etwas von mir und sah ihn an. „Beziehst du das jetzt auf Sex?“
„Nein. Wenn ich Sex will, gibt es genug, die ihn mir ermöglichen könnten“, sagte er fest und bemerkte doch, dass ich mich verspannte. Meine Finger krallten sich in seine Seiten und ich zwang mich, sie wieder zu lockern. Ich wollte ihm nicht weh tun. Das alles war nicht seine Schuld.
„Ich habe nicht gesagt, dass ich das noch will, okay?“, setzte er hinzu und beugte sich wieder zu mir. Seine Lippen waren ganz dicht vor meinen, als er sagte: „Wenn ich die Wahl habe, will ich dich, und wenn ich darauf warten muss, werde ich es tun.“
Schon der Lufthauch seiner Worte ließ einen Schauer durch meinen Körper rieseln, meine Kopfhaut kribbelte und ich atmete scharf ein. Aber das, was er sagte, ließ mein Herz aussetzen. Einige quälend lange Sekunden übersprang es einfach und setzte dann mit mindestens doppeltem Tempo fort. Es pochte so laut in meiner Brust, dass ich schon glaubte, er könnte es hören.
Und endlich schaffte ich es, mich zu bewegen, meine Lippen an seine zu legen und ihn in meinen Armen zu halten, wie man nur jemanden hielt, den man liebte. Ich wollte ihn spüren, so nah wie jetzt, immer. Sex spielte überhaupt keine Rolle. Es waren seine Nähe und sein Verständnis für alles, was unausgesprochen zwischen uns stand, dort wohl auch immer stehen würde. Seine Akzeptanz, seine Zuneigung und vor allem der tiefe und so tröstliche Sinn seiner Worte. So etwas sagte man nicht, wenn man es nicht so meinte. Zumindest Yves tat das nicht, da war ich mir sicher.
Und ich fragte mich, ob er noch
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