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Duft der Unschuld - Tennington (German Edition)

Duft der Unschuld - Tennington (German Edition)

Titel: Duft der Unschuld - Tennington (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathan Jaeger
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liegenbleiben?
    Ich schwang die Beine vom Bett, während ununterbrochen der Satz ‚Zachary ist deinetwegen tot‘ durch meinen Kopf zog. Immer wieder. Anscheinend hatte der Gedanke eine eigene Dauerwiederholungstaste gefunden und gedrückt.
    Ich stöhnte und wischte mir mit der Hand über die Stirn. Unfassbar, dass ich offensichtlich keinerlei sichtbare Verletzungen davongetragen hatte … Dafür umso mehr unsichtbare!
    Ich ging etwas wacklig auf den Spind zu, der neben dem Bett stand, fummelte an dessen Verschluss und sah, dass von meinen Klamotten immerhin mein Rucksack und meine Kleidung übriggeblieben waren.
    Hastig zog ich mich an und kramte in den Taschen des Rucksacks. Erleichtertes Ausatmen – die falschen Papiere waren noch da. Im verstärkten Rückenteil des Rucksacks hatte Zachary einen Schnitt gesetzt und die noch übrigen Ausweise hineingeschoben. Ich konnte sie nur deshalb fühlen, weil ich wusste, wo sie waren.
    Die Erleichterung wandelte sich wieder in die Endloswiederholung in meinem Kopf und in die bittere Erkenntnis, dass ich nun wirklich und wahrhaftig allein war. Gestrandet in Paraìba. Ich wusste, bei den Ausweisen lag auch Bargeld. Ich hatte das nicht gewollt, aber Dad … hatte darauf bestanden, für den Fall, dass wir getrennt wurden.
    Getrennt! Ich schluchzte auf und sah mich, nachdem ich mich vollständig angezogen hatte, mit dem Rucksack in der Hand noch einmal in dem Raum um. Nein, nichts lag herum, ich hatte alles, was ich brauchte.
    … bis auf Schutz, Gesellschaft, Liebe, Geborgenheit …
    Noch ein Schluchzen. Ich schniefte und atmete zwanghaft tief ein und aus, bis sich das Rauschen in meinen Ohren wieder etwas beruhigt hatte. Ich musste hier raus, der Geruch von Krankheit und Tod, von Leid!, schnürte mir die Brust ein.
    Ich konnte jetzt nur zwei Dinge tun.
    Allein weiterziehen und versuchen, zu überleben, ohne dass meine Familie mich fand. Oder aufgeben und mich stellen.
    Das würde weitere Tode verhindern, oder nicht?
    Ein Bild von Yves schoss durch mein Bewusstsein. Wie ein Lichtblitz. Es tauchte auf und verschwand.
    Während ich durch die Flure der Klinik schlich und endlich begriff, dass es tiefste Nacht war, dachte ich an Yves. Ich klammerte mich förmlich an jede noch so kleine Erinnerung, an jede Empfindung, die ich mir bewusstzumachen vermochte.
    Yves war in Sicherheit, bei seinem Vater in diesem verrückten Labor, zumindest hoffte ich das.
    Als ich die Klinik verließ, empfing mich der nächtliche Lärm einer Stadt, den ich erst in den letzten Tagen wieder so richtig bemerkt hatte. In Tennington war alles ruhig gewesen, beschaulich und friedlich.
    Nun war meine Welt wie die Scheiben des Restaurants zersplittert und ich lief über knirschende Reste davon.
    Ich wusste nicht, wie lange ich einfach durch die Straßen gegangen war, doch irgendwann suchte ich mir ein Taxi und fuhr zum Hotel, in welchem Zachary und ich ...
    Wieder brachte ein unkontrolliertes Schluchzen meinen ganzen Körper zum Zittern.
    Zachary. Wie sollte ich Stephen erklären, dass sein Freund tot war? Wie sollte ich dem freundlichen Dekan jemals unter die Augen treten mit dieser Nachricht?
    Yves … Seine Stimme lenkte mich ab und ich glaubte fast, ihn neben mir zu spüren. Dabei war es nur eine Erinnerung, die mich begleitete. Ich musste ihm fernbleiben, oder nicht? Bestand sonst nicht womöglich die Gefahr, dass er ebenfalls …?
    Ich schüttelte heftig den Kopf und kramte den Schlüssel unseres Hotelzimmers hervor, als ich vor der Tür angekommen war.
    Der Portier unten hatte mich nur kurz angesehen und genickt. Nun musste ich hineingehen und alles zusammenraffen, was ich vielleicht noch brauchen konnte.
    Ich ließ Zacharys Sachen, wo sie waren, kramte nur aus einer Tasche das Ledermäppchen mit seinen Ausweisen hervor. Die sollte ich nicht hier lassen. Falls man mich doch fand, würden sie sonst zu genau sehen, mit welchen Namen ich zurzeit reiste.
    Ein wenig staunte ich über meine Klarheit und Weitsicht. In letzter Zeit hatte ich mich ja intelligenztechnisch nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Aber vermutlich gab es dafür irgendeinen psychologischen Ausdruck, der genau auf meinen Zustand passte.
    Ich sah mich nicht noch lange im Hotelzimmer um, schnappte mir nur ein paar Kleidungsstücke, die ich in eine der kleineren Reisetasche stopfte, dazu meinen Kulturbeutel, und fand in meinem großen Koffer etwas, das mir bislang entgangen war. Yves hatte ihn gepackt, ja.
    Aber dass er mir außer seinem

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