Duft des Mörders
Geräusch von der Tür gegenüber verriet Jenna, dass Magdi sie durch den Spion beobachtete.
Frank hörte es wohl auch, denn er warf einen schnellen Blick über die Schulter.
„Darf ich reinkommen, oder bieten wir den Nachbarn eine kostenlose Show?“
Ein Großteil ihrer Wut war bereits verraucht. „Eigentlich wollte ich dich bitten zu gehen.“
Er schob einen Fuß vor, damit sie ihm die Tür nicht vor der Nase zuschlagen konnte. „Tu es bitte nicht. Ich bin extra von Staten Island hergefahren, um dich zu sehen. Ich habe mir auf dem Weg hierher einen Strafzettel eingehandelt, weil ich das Tempolimit überschritten habe. Und ich musste zweimal um sechs Häuserblocks fahren, ehe ich einen Parkplatz fand. Ich werde nicht weggehen, Jenna. Nicht, solange wir uns nicht unterhalten haben.“ Als sie sich noch immer nicht regte, holte er hervor, was er bis dahin hinter dem Rücken gehalten hatte. „Vielleicht ändert das ja deine Meinung.“
Sie beugte sich vor, um die Schachtel genauer in Augenschein zu nehmen. „Was ist da drin? Eine Giftschlange?“
„Mach auf.“
Nach kurzem Zögern hob sie den Deckel. Ein vertrautes Aroma nach Äpfeln und Zitronen schlug ihr entgegen. Sie sah ihn an. „Sind das etwa Apfelberliner?“
„Ja, aber nicht irgendwelche, sondern die original Apfelberliner, nach denen du immer so verrückt warst.“
„Das weißt du noch?“
„Wer könnte so was vergessen? Nachdem du von deiner Rucksacktour durch Deutschland zurückgekehrt warst, mussten Adam und ich dir stundenlang zuhören, wie du von diesen Apfelberlinern geschwärmt hast. Immer wieder hast du behauptet, das Rezept von diesem alten Metternich sei das beste überhaupt.“
„Das stimmt ja auch. Leider gibt es die nirgendwo mehr.“
„In Staten Island schon. Das einzige Problem bestand darin, meinen Freund Hans dazu zu überreden, noch eine Lage zu backen, obwohl er gerade schließen wollte. Er hat es trotzdem getan, auch wenn er nicht begeistert war. Ich vermute, er hat mich verflucht, so wütend war er.“
Jenna musste lachen. Frank konnte sie schon damals immer wieder zum Lachen bringen. „Du bist noch immer so verrückt wie früher.“
„Bedeutet das, ich darf reinkommen?“
Sie machte die Tür weit auf und ging ein Stück zur Seite.
15. KAPITEL
S ie ging vor ihm her ins Wohnzimmer, während sie den Gürtel ihres Bademantels enger zog. Sie fühlte sich unwohl. Doch wovor hatte sie eigentlich Angst? Vor Frank oder vor sich selbst?
Sie ließ die Fragen unbeantwortet und deutete auf die Sitzgruppe. „Du kannst dich schon mal setzen. Ich ziehe mich nur schnell um.“
Jenna bemerkte das kurze Aufblitzen in seinen Augen und sah, dass er den Mund aufmachte, um etwas zu sagen, ihn aber gleich wieder schloss. Nein, sie wollte gar nicht wissen, welcher Gedanke ihm durch den Kopf gegangen war, auch wenn sie es sich gut vorstellen konnte. Sie tat so, als sei ihr nichts aufgefallen, und verließ das Zimmer.
Als sie wiederkam, trug sie eine Jeans und ein altes weites Flanellhemd. Frank schnupperte. „Rieche ich da Hühnchen
paprikás
?“
„Du hast eine gute Nase.“
„Weißt du nicht mehr? Meine Großmutter mütterlicherseits war eine Ungarin. Ich bin im Grunde mit Gulasch, Gurken und saurer Sahne aufgewachsen. Und dann diese kleinen, mit Aprikosenmarmelade gefüllten Pfannkuchen. Wie hießen die noch gleich?“
„Palacsinta.“
„Genau,
Palacsinta
.“ Er sah sie erstaunt an. „Soll das etwa heißen, du hast inzwischen kochen gelernt?“
„Wo denkst du hin? Ich habe eine reizende Nachbarin, eine Ungarin, die mich wie eine Tochter verwöhnt und darauf achtet, dass ich genug esse. Heute gibt es Hühnchen
paprikás
, gestern gab es Schweinebraten mit Kartoffelpüree.“ Sie setzte sich ihm gegenüber auf das kleine Sofa mit dem pinkfarbenen Blumenmuster. „Woher hast du gewusst, wo du mich findest?“
„Adam sagte, dass du das Apartment behalten hast.“ Er sah sich anerkennend um. „Sehr nett. Ein krasser Gegensatz zu der Bruchbude, in der du zu deiner Studentenzeit gehaust hast.“
„Während und nach der Ehe mit Adam habe ich das eine oder andere verändert.“
Ihm fielen die Fotos auf, die an den Wänden hingen, und er betrachtete sie einen Moment lang. Einige der Motive hatte sie selbst geschossen. „Von uns dreien bist du die Einzige, die ihren Zielen treu geblieben ist.“
„Nicht wirklich. Ich musste manchen Kompromiss eingehen. Letztlich werde ich mein Ziel schon noch erreichen und das tun
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