Duftspur
mein Franzose keine Chance auf der Bahn. In einem der kleinen Örtchen haust Schrauberklaus in seiner Scheune. Die werde ich finden und dort werden wir uns erst mal verkriechen. Erdloch, nein Erdbach, jetzt fällt es mir wieder ein. Da war ich schon mal im Jungscharzeltlager. In der Zeltwertung immer Letzter. Jetzt müssen wir Erste werden. Wenn das mal gut geht. Ich habe gegenüber den Kerlen mit meinen Initialen auf dem Kennzeichen einen Vorteil: Ortskenntnis. Es herrscht reger Betrieb. Verkaufsoffen. Erst mal zurück zum Kreisverkehr. Da ich eine grobe Vorstellung davon habe, wo ich hin will, gelingt es mir besser, mich durchzuschlängeln. Der Ford Mustang ist da nicht so agil. Durch die neue Verkehrsführung weiß ich nicht so recht, wie ich am schnellsten zur Bundesstraße komme. Im Kreisel entscheide ich mich für die Ausfahrt Vogelpark, denn ich meine mich zu erinnern, dass der in der gleichen Richtung liegt. Wir fahren nicht lang geradeaus, da droht ein weiterer Kreisverkehr meine Orientierung durcheinander zu bringen. Doch zuvor muss ein Zebrastreifen genommen werden. Aus dem Augenwinkel erkenne ich, wie sich eine Busladung gräulicher und roséfarbener Popelinejacken formiert. Die Senioren vom Alteisen machen sich daran, den Zebrastreifen zu überqueren. Wir weichen einem in Zielrichtung stochernden Krückstock aus und lassen den Mann daran, wie auch sein überwiegend weibliches Gefolge, rechts liegen. Geschafft. Weiter auf der Fahrt zum Vogelpark. Der Mustang hinter uns scheut und kommt quietschend zum Stehen. Die Masse bestimmt den Verkehrsfluss. Die Pensionäre haben uns einen Vorsprung verschafft, den wir ausbauen können.
Das Mädchen ist ganz still geworden neben mir. Ich halte lieber auch die Klappe. Falls du einen Anwalt brauchst ... meldet sich nun auch noch der Advokat aus meinen Gedanken. Auch ihn hatte ich schon beinahe vergessen, seit der Sache mit Van Gogh im Nachbarland. Die blaue Luca schaut nach hinten. Durch die Plastikscheibe kann man jedoch nicht viel erkennen, die ist schon halb blind.
»Sind sie noch da?«
»Im Moment nicht«, entgegne ich und fahre langsamer. Wir lassen die Stadt hinter uns und stürmen Burg, ein kleines Örtchen mit einem weiteren Kreisel. Der Weg zur Bundesstraße ist das nicht, doch die Richtung scheint zu stimmen. Falls die Typen jetzt auf der gleichen Route sind wie wir und weiterhin so rasen, müsste unser Vorsprung bald dahin sein. Die Ausfahrt zum Friedhof zieht an uns vorbei und wir preschen Richtung Uckersdorf. Die Besiedelung wird um ein weiteres spärlicher, links und rechts zeigt sich eine ansprechende Landschaft. Wald und Wiesen, für die wir im Moment keinen offenen Geist haben. Mein Peugeot liegt flach wie ein Brett auf dem Asphalt und schiebt uns sacht durch Links- und Rechtskurven. 80 ist vorgeschrieben, doch who cares. Hier muss es jetzt irgendwo abgehen. Fast wäre ich vorbeigerauscht. Ich gehe in die Eisen, reiße zeitgleich das Lenkrad links herum und folge dem Hinweis Erdbach, drei Kilometer.
Dummerweise ist auf meine Tankanzeige kein Verlass. Die Nadel dümpelt schon seit geraumer Zeit ganz links auf der Anzeige, schon hinter dem roten Bereich. Wenn man es nicht besser wüsste, müsste man sagen, wir fahren ohne Benzin. Ein schwarzer Punkt im Rückspiegel wird schnell größer. Ich beschließe, dem Verbrauch zum Trotz, auf die Tube zu drücken. Der Punkt bleibt gleich groß. Mit der Drehzahl steigt auch mein Blutdruck. Mit Schmackes brausen wir durch die Kurven und nach einer langgestreckten Biegung verlässt ein Wow meinen Mund. Luca kann meine Begeisterung nicht einordnen und guckt mich schäl von der Seite an. Immerhin ist jetzt der schwarze Punkt im Außenspiegel verschwunden.
»Das ist echt dein Auto?«, fragt sie. Ohne eine Antwort abzuwarten fügt sie an: »Sorry, aber hier riecht es extrem nuttig.« Sie betätigt den Fensteröffner und versucht ein schiefes Grinsen vor mir zu verbergen. »Alfons sagte mir schon, dass er dich aus der Einrichtung kennt.«
»Mach dir um mich mal keine Gedanken«, grunze ich.
»Tschuldigung«, lacht sie mir offen ins Gesicht und ist wohlauf.
Die Verfolger hätten wir abgehängt und kurz vor Erdbach rollt der Wagen aus. Mit dem letzten Schwung steure ich ihn in eine kleine geteerte Bucht gegenüber dem Ortsschild. Der Tank ist so leer wie mein Kopf. Das Hemd klebt mir nass am Rücken. Willkommen in Erdbach.
»Hast du ein Handy?«, will sie wissen.
»Nein.«
»Gut.« Was soll daran gut sein in
Weitere Kostenlose Bücher