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Duftspur

Duftspur

Titel: Duftspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sinje Beck
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T-Shirts, blaue Unterhemden, gestreifte Boxershorts und eine weit über den Knien abgeschnittene Jeans. Ich werfe alles auf das rechte Bett, dabei fallen Steine aus den Taschen der kurzen Hose. Sie kullern unters Bett und ich krieche hinterdrein. Sie gleichen denen, die ich gestern gefunden habe. Zwischen Mauerritze und Fußboden klemmt ein Briefumschlag. Ich zupfe ihn heraus. Er ist an einen Notar in Betzdorf adressiert und frankiert. Ob jemand den Brief gesucht hat? Ob Michael sich freuen würde, wenn ich ihn einwerfe? Da fällt mir ein, dass ich mein Schweißprotokoll auch noch versenden muss. Ich stecke den gefundenen Umschlag und die Steine erst mal ein. Vielleicht reicht meine Mittagspause für einen Besuch im Kiosk, um mich nach den Mineralienarten zu erkundigen. Zeit zum Essenfassen.
     
    Spaghetti Bolognese, lecker. Die freundliche Dame an der Essensausgabe lächelt und wünscht einen guten Appetit. Ich steure den Tisch an, an welchem Jörn, Udo, Kurt und zwei mir noch nicht vorgestellte Mädchen sitzen und die Gespräche verstummen just in dem Moment, als ich mich dazusetze. Kennen Sie das? Eine echt unangenehme Situation.
    »Mahlzeit«, sage ich die Formel für Bürokantinen. Die jungen Frauen nicken und lächeln. Langsam kommen mir die weiblichen Wesen hier gespenstisch vor. Sie nicken und lächeln, alle.
    Udo und Kurt stehen fast gleichzeitig auf, wobei sie ihren Nachtisch, Waldmeisterwackelpeter mit Sahne, nicht mal angerührt haben. Burgherr Jörn wahrt die Etikette und versucht sich in freundlicher Konversation. Wie es so laufe am ersten Tag, will er wissen. Ganz gut, gebe ich kund. Übertrieben fröhlich ruft er ein: »Tja, dann wolln wir mal – auf zur zweiten Runde«, und verlässt ebenfalls den Tisch. Jetzt sitze ich da mit den zwei Frolleins. Die trauen sich beim Pudding dann doch mal den Mund aufzutun und ich erfahre, dass sie hier ein Praktikum absolvieren, Tina und Lisa.
    »Heiner, angenehm«, stelle ich mich vor, was ein Kichern und den Aufbruch der beiden auslöst. Wie früher. Es hat sich nichts geändert. Das grüne Wackelzeug löffle ich alleine aus. Hat trotzdem geschmeckt.
    Es bleibt noch Zeit für den Kiosk. Der hat natürlich noch nicht geöffnet. Schade. Gerade als ich mich abwenden will, kommt eine zierliche Gestalt aus dem Lädchen.
    »Du bist der Neue, nicht wahr?«
    Ich gebe vor, einen Blick auf meinen Rücken zu werfen, zeige ihr mich von hinten und frage: »Hat mir da etwa jemand ein Schild angeheftet?«
    Sie muss lachen.
    »Greta«, sagt sie und streckt mir freundlich die Hand entgegen.
    »Heiner«, sage ich und ergreife sie.
    »Komm rein«, lädt sie mich ein und ich folge ihr in den kleinen Laden, der überquillt von Dingen, die besonders Kindern das Leben verschönern und Eltern bisweilen die Laune verderben. Diese Diskrepanz mache ihr, Greta, manchmal das Geschäft schwer, erfahre ich. Mitten im Raum ist ein Wagen voller Schmucksteine. Dessen Anblick bringt mich zu dem, weswegen ich eigentlich gekommen bin. Beinahe hätte ich es nämlich vergessen, denn Greta erzählt so schön. Ich krame die Steine nebst Hosentaschenflusen aus meiner Jeans und frage sie, welche das seien. Sie schaut sich die Ausbeute an und ihr freundliches Lächeln gefriert, fast unmerklich, doch ich merke es, habe ich mich doch in den vergangenen Wochen außer mit meiner Misere auch mit Körpersprache befasst. Greta wird ein wenig steif und beugt den Kopf so tief, dass ich ihr nicht ins Gesicht schauen kann. Es ist ganz still und ich frage:
    »Stimmt was nicht?«
    »Woher hast du die Steine?«
    »Aus meiner Hosentasche«, versuche ich die gespannte Atmosphäre zu lockern. Sie lacht, mehr aus Pflichtgefühl, denn aus vollem Herzen.
    »Na, dann wollen wir mal sehen«, mit zwei schnellen Handbewegungen klemmt sie sich eine lange rot gefärbte Ponysträhne der ansonsten kurzen schwarzen Haare hinter die Ohren und greift sich anschließend einen blauen Stein aus meiner Sammlung.
    »Das ist ein Chalcedon, den findet man sogar in Rheinland-Pfalz. Im Mittelalter galt er als Symbol der Macht. Also Vorsicht, überlege dir genau, wem du ihn schenkst«, sie lächelt nur mit den Mundwinkeln.
    »Dieser hier«, sie greift nach einem bräunlichen Stein mit weißen Linien, »entstammt auch der Quarzgruppe und nennt sich Achat, er galt in Griechenland als Schutz gegen Gift.« Ohne mich anzuschauen nimmt sie einen farblosen Stein.
    »Das weißt du bestimmt.«
    »Ein Bergkristall?« Sie nickt.
    »Wird seit dem Mittelalter

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