Duftspur
Schultern, da ich nicht weiß, worauf er hinaus will. Stochre im Nebel, fordert Kalle mich auf, bevor er dich nicht in etwas einweiht, dass ihm unangenehm zu sein scheint.
»Mir war gestern, als habe Udo etwas am Laufen, er benahm sich mir gegenüber seltsam, besonders als ich im Putzmittellager nach Handschuhen suchte.«
Jörns Aufmerksamkeit ist voll auf mich gerichtet. Seine Augenpartie sagt ›und weiter?‹.
»Also, es ist mehr so ein Gefühl, aber, na ja, ich will niemandem was, wahrscheinlich ist auch gar nichts Verdächtiges daran ...«, sichere ich mich ab.
»Sag es einfach, ich werde es schon richtig einzuschätzen wissen«, versucht Jörn meine Bedenken zu zerstreuen.
»Da war ein alter Koffer und später dann«, ich zeige auf meinen blutunterlaufenen Nasenrücken, den ein schillernder Streifen ziert, »war da kein Koffer mehr aus dem es streng roch. Doch vielleicht kann Kurt mehr dazu sagen.«
Jörn nickt. »Danke. Dieses Gespräch hat nie stattgefunden.«
Bevor Jörn sich davon machen kann, stoppe ich ihn:
»Wer war das vorhin?«
»Das war der Bäckermeister, der ist hier auch gleichzeitig Bürgermeister und passionierter Jäger. Jetzt willst du bestimmt wissen, was er mit uns zu tun hat.«
Ich gucke aufmerksam und wissensdurstig, mein Blick ruht auf Jörns Nasenwurzel.
»Unser Bäckerbürgermeister hat Udo beim Wildern erwischt. Schon zum dritten Mal.«
Ich schaue überrascht.
»Wildschweine.«
Ich lache erleichtert auf und Jörn guckt verdutzt: »Ja, Wildschweine. Im Frühjahr und Herbst verwüsten ganze Heerscharen die Gärten auf der Suche nach eiweißreicher Kost. Niemand fühlt sich verantwortlich für die Schäden der privaten Haushalte. Das Land und die Förster nicht, die Pächter nicht und der Bürgermeister schon mal gar nicht. Die Jagd in der Nähe von Wohnsiedlungen ist untersagt. Tja und Udo, der darf sich eben nicht mit Blattschüssen des Problems annehmen. Was hast du denn gedacht?«
»Auch auf die Gefahr hin mich lächerlich zu machen ...«, ich setze jetzt alles auf eine Karte, »na ja, Michael ist verschwunden und da war ein roter Turnschuh und Udos seltsames Verhalten ...«
Jetzt muss Jörn auch lachen: »Er ist zwar ein Jäger und wohl ein Wilderer, aber doch kein Mörder.«
Ob die Angehörigen der Rotte des toten Schwarzkittels das genauso sehen?
»Um Michael mach dir mal keine Sorgen, der verschwindet häufiger ohne ein Wort. Vielleicht ist er bei Greta oder einer anderen schönen Maid.«
»Moin. Ne, was seid ihr gut gelaunt. Gibt’s einen Grund?«, will Kurt beim Hereinkommen wissen.
»Wir haben uns gerade über deinen Bart unterhalten und uns gefragt, wann du ihn für uns mal offen trägst.« Jörn blickt mit tierischem Ernst und wendet sich zum Gehen.
»Spakken«, murrt Kurt hinter ihm drein und zu mir gewandt: »Erinnere mich daran, dass ich dem Hänfling was in den Kaffee mixe. Apropos, ich zeig dir jetzt mal, wie die Maschine funktioniert.«
Ich erfahre die Details und dass man für die derzeitigen Gäste einer Herzsportgruppe, die die Zimmer im Wildgehege belegen, ein bisschen weniger Pulver brauche.
Als nächstes soll ich Pflaumen entsteinen. Kurt reicht mir drei Schüsseln aufgetauter Früchte und ein Messer. In der Zeitung, die ich auf dem Tisch für die Kerne ausbreite, steht ein Artikel, der meine Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Es geht um Duftstoffe und ihre Wirkweise. Pheromone, lese ich, sind chemische Substanzen, die von einem Tier ausgeschieden werden, um damit ein anderes Tier der gleichen Art zu beeinflussen. Aha. Wozu, ist die Frage. Es geht um Sex. Autsch, jetzt habe ich mich geschnitten. Ein hellrotes Bluttröpfchen vermischt sich mit dem dunklen Pflaumensaft. Ich habe mich nur angeritzt. Weiter im Text. Ohne Pheromone ist tote Hose bei einigen Tieren. Hamsterweibchen locken in der Zeit des Eisprungs mit einem Sekret aus ihrem Geschlechtsorgan – Kalle, hör nicht hin – die Männchen an. Schnüffelt der Hamstermann dann noch das Kopulationshormon Aphrodisin, geht’s ab bei Hamsters. Verflixt, ist das Steinobst glitschig. Wenn ich nicht aufpasse, liegt die Hälfte gleich unterm Tisch. Der Hamstermann schüttet also ein Pheromon aus, dass beim Weibchen eine Duldungsstarre auslöst. Ganz schön clever der Kerl. Ich muss an die Fliegen denken. Heute habe ich den Test wieder vergessen. Manche Versuche ließen den Schluss zu, dass die Lockstoffe der Tierwelt unter bestimmten Bedingungen Wirkungen auf bestimmte Menschen haben. Frauen an
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