Duftspur

sich um die Weiten seiner heimatlichen Nordsee, einzig begrenzt durch die Erdkrümmung, die den Himmel ins Meer fallen lässt. Ich zögere, mich an seinen Tisch zu setzen und die Elfe gibt mir mit einem sachten Kopfschütteln und einer einladenden Geste den Wink, mich an den vordersten Tisch zu setzen und Kurt seiner Stimmung zu überlassen. Okay, sie wird es wissen. Ich lasse mich erschöpft auf einem knarrenden Stuhl nieder und ziehe zuvor das Kissen unter meinem Allerwertesten weg. Eine Macke von mir. Die Vorstellung, dass ein Gast zuvor seine Darmwinde dort hinein konserviert hat, ist mir unerträglich, daher sitze ich lieber auf blankem Holz.
    »Ein Bier bitte.«
     

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    So, Heiner, jetzt denk mal scharf nach, spornt Kalle mich an, endlich meinem Vorsatz vom gestrigen Abend der Gedanken- und Faktensammelei nachzukommen. Wer hat hier was mit wem und warum, und wieso herrscht hier so eine gereizte Stimmung zwischen den Leuten? Du brauchst ein Pinboard, schlägt Kalle vor, so eine große Tafel, wie man sie in den Filmen sieht, wo sich Sonderkommissionen einen Weg zum Massenmörder zu bahnen versuchen, indem sie die Opfer mit Zeittafel und Örtlichkeit in Beziehung zueinander setzen. Kalle, hier geht es nicht um Massenmord, wir haben ja noch nicht mal eine Leiche. Warum fordert der kleine Detektiv nicht gleich eine Profiling via Powerpoint-Präsentation? Die gab es noch nicht zu Astrid Lindgrens Blomquist-Zeiten, gebe ich mir selbst die Antwort. Wo ich schon mal dabei bin Antworten zu finden, könnte ich tatsächlich damit anfangen, die Personen miteinander in Beziehung zu setzen.
    »Hallo, bitte ein Bier, ja?«
    Es heißt landläufig, ein Fisch beginne immer vom Kopf an zu stinken, daher beginne ich die neuen Leute, denen ich hier begegnet bin, vom Burgherrn an abwärts der Hierarchieleiter zu beschreiben. Da wäre Jörn Jäger, der smarte Typ mit seinen edlen Händen und teilweise gekürzten Fingern, seiner vollen Stimme und seiner halben Portion, gemessen an Kurt. Auffällig wäre Jörns Fönwelle und seine Ähnlichkeit mit Günter Netzer, nein, der Gedankengang bringt mich nicht weiter. Anders – Jörn ist mit dem Bürgerbäckermeister auf Du und Du und hat Probleme mit Udo, dem Kirmesmensch. Dann kennt Jörn den Alfons. Zu Letzterem komme ich später. Heiner, worum geht es denn jetzt überhaupt, will Kalle an der Lippe knibbelnd wissen. Es geht darum zu begreifen, was hier vor sich geht in Bezug auf das angenommene Verschwinden Michaels und die Verfolger Lucas, weiter geht es um den ominösen Inhalt des alten Koffers, wer weiß, was die Burgler so unter Wildschwein verstehen und ja, und letzten Endes geht es auch darum, wie ich meine gestellten Aufgaben ›Aushilfslakai und Aufpasser‹ bestehen und als Hausmeister der Behindertenwerkstatt aus der Prüfung hervorgehen soll. Stopp, bremst Kalle, das steht doch jetzt auf einem ganz anderen Blatt. Sicher, doch auch diese Karte ist mit im Spiel. Wenn es mir nicht gelingt auf die blaue, kleine Lady zu achten, wie soll ich dann einen verantwortlichen Posten in einer Einrichtung mit vollständig Entmündigten bekommen? Aha, raunt Kalle, wobei er kein Wort verstanden hat.
    »Hallo – Sie denken an mein Bier, ja?«
    Also, noch mal: Jörn. Nee, ich glaube nicht, dass der in irgendetwas verstrickt ist. Lass uns mit Udo weitermachen, der scheint interessanter zu sein. Der hat auf jeden Fall Dreck am Stecken. Wilderer oder Mörder, das ist hier die Frage. Ich sollte unbedingt mit Kurt reden. Kurt, der hat seine eigenen Probleme, entnehme ich einerseits seinem leiblichen Schutzwall und andererseits seiner Trauermine, die er immer dann hat, wenn die Elfe an ihm vorüber schwebt. Der ist unglücklich verliebt, wage ich eine Mutmaßung. Jetzt setzt sie sich zu ihm, da will ich mit meinem Durst nicht stören und gedulde mich. Betrachten wir das Dreigestirn Greta, Michael und Luca. Da sind deutliche Spannungen wahrzunehmen, letztlich sichtbar als schlagkräftiger Abdruck von Gretas Hand auf Lucas Backe. Michael hat möglicherweise mit beiden Damen ein Verhältnis, wobei Greta die Sache deutlich ernster zu nehmen scheint als die beiden anderen. Das ist doch jetzt alles von dir frei interpretiert, hakt Kalle ein. So was sehe ich, davon verstehst du nichts, bringe ich den Zweifler zum Schweigen. Michael wollte sich gar hier niederlassen. Das wäre doch noch ein Ansatzpunkt. Ich muss das von Michael ins Auge gefasste Häuschen finden. Wer weiß, er hatte doch auch so eine