Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Duftspur

Duftspur

Titel: Duftspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sinje Beck
Vom Netzwerk:
Fleisch, das Öl und den Amber. 8000 Euro pro Kilo. Ui, denke ich, so teuer. Was das wohl für ein Zeug ist? Mit den Bieren kehre ich an unseren Tisch zurück.
    »Ist das bei den Kerlen immer so, dass sie sich nicht freiwillig entscheiden können?«, fragt sie in die Luft.
    »Mir fehlt der Mut ihn vor eine Wahl zu stellen.« Sie seufzt.
    »Lieber einen halben Freund als gar keinen und irgendwann ist der Zeitpunkt da. Ich spüre das dann.« Wobei ich wissen möchte, woher sie die Kraft nimmt, stets in der Boxengasse den Motor auf Touren zu halten, auf ihren Einsatz wartend, um erst wenn sich die Fahne senkt mit erkalteten Reifen in die finale Endrunde zu starten. »Ich weiß es nicht. Es kann durchaus sein, dass mir bis dahin der Sprit ausgeht.« Sie reibt sich den Nacken.
    »Bei den Benzinpreisen ...«, äußere ich.
    »Vielleicht muss ich nicht mehr lange warten. Siehst du die Ferrari-Flagge da unten, die dort aus dem kleinen Dachfenster in Fetzen hängt?«
    Ja, die sehe ich, dank einer Straßenlaterne, die ihr schummriges Licht in der Dämmerung verbreitet. Ich werde ganz kribbelig. Ob das das Haus ist, von dem Michael gesprochen hat?
    »Vielleicht ziehe ich mit Hänsel in das Knusperhäuschen, sobald die Hexe vertrieben ist.«
    Ich versuche mich im Dechiffrieren weiblicher Metaphern und setze für Hänsel Michael ein und für Hexe Luca, wobei die Hexe wahrscheinlich von wandelbarer Gestalt ist. Das Knusperhäuschen muss nicht in den heutigen Sprachgebrauch gebracht werden, denn es sieht genau so aus, wie man es aus den Märchenbüchern kennt. Es ist ein kleines, buckliges Fachwerkhäuschen mit schiefem, welligem und sicherlich brüchigem Dach. Ob es ein Kräutergärtchen drum herum hat, ist von hier oben nicht auszumachen. Trink leer, befielt Kalle, der die Füße unterm Tisch kaum noch still halten kann. Du musst dort hin, drängt er. Cool bleiben, setze ich dem Hibbel entgegen.
    »Sag mal, hast du deinen Mitgefangenen schon kennen gelernt?«, fragt sie zaghaft.
    Sie scheint wirklich nicht zu wissen, wo ihr Freund sein könnte. Weshalb sonst sollte sie ausgerechnet mich fragen?
    »Mitgefangenen?«
    »Ihr seid doch beide im Hungerturm untergebracht?«
    Ich nicke und trinke einen kräftigen Schluck.
    »Der diente bis 1856 als Gefängnis. Danach wurden die Missetäter nach Kirchen verlegt«, ergänzt sie. Jetzt fällt es mir auch wieder ein. Während meiner fünfminütigen Burgführung hat Jörn so was erwähnt.
    »Seit Sonntagabend habe ich Michael nicht mehr gesehen. Also, kennen gelernt habe ich ihn eigentlich nicht«, gebe ich Auskunft, wobei mein Blick den Bildschirm streift, auf dem jetzt so ähnliche Steine zu sehen sind, wie ich sie schon mal gesehen habe. Zack, das Bild ist weg und wird jetzt von einem Japaner ausgefüllt. Laut Untertitel versucht er den Walfang aus wissenschaftlicher Sicht zu begründen.
    »Wart ihr verabredet?«, frage ich nach.
    »Holst du mir noch ein Bier?«, antwortet sie.
    Während die Elfe Kurt intensiv zuhört, verschwinde ich abermals hinter dem Tresen und lasse dabei Greta nicht aus den Augen. Norweger, so höre ich, fangen auch Wale. Sie formt Zeigefinger und Daumen zu einem kleinen O, peilt den Brotkrümel an und schnippt ihn fort. Er rutscht bis zur Tischkante, kann sich dort irgendwie halten. Der Sturz bleibt ihm erspart. Ob Greta nachsetzen wird? Ich stelle das Bier vor ihr ab, sie bedankt sich. Ich denke nicht daran das Thema zu wechseln und hangle mich wieder ran:
    »Bis zum Wochenende wird er wohl wieder auftauchen, um als Micele seine Steine feilzubieten.«
    Ich mache eine Pause, sie reagiert nicht.
    »Jörn sagt,« jetzt merkt sie auf, »dass Michael öfter ohne ein Wort verschwindet. Meldet er sich bei dir normalerweise ab?«
    »Jörn hat schon recht. Der große Blonde mit dem roten Schuh hat es einfach drauf.«
    Ich gucke irritiert.
    »Du kennst doch sicherlich die Agentenparodie mit Pierre Richard, der als Unbeteiligter fälschlicherweise für einen Spion gehalten wird.«
    »Klar«, nicke ich eifrig und ich meine so etwas wie verwandtschaftliche Gefühle zu dem Geiger François, der im Laufe der Geschichte in allerlei Verstrickungen gerät, zu verspüren. Natürlich kenne ich den Film aus den 70ern, doch die von Greta erwähnte Farbe des Schuhs hat mich stutzen lassen.
    »Wo wir bei den seltsamen Vögeln sind«, leite ich ein.
    »Prost«, fällt sie mir ins Wort.
    »Auf die großen Blonden und die kleinen Blauen«, bringe ich uns auf die Einleitung meiner Frage

Weitere Kostenlose Bücher