Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
tief Luft und nahm allen Mut für die nächste Frage zusammen.
„Wusstest du es auch?“
Er senkte den Kopf, sammelte sich, dann hob er ihn und sah mich an. „Erst habe ich es nur geahnt, als ich an deinem Bett saß und mich fragte, was so furchtbar schiefgelaufen war. Was ich übersehen hatte.“
Tränen glitzerten in seinen Augen. Es schnitt mir ins Herz, aber ich war nicht in der Lage, etwas zu sagen. Stumm starrte ich ihn weiter an.
„Dann im Krankenhaus, nachdem du aus dem Koma aufgewacht warst, kam Henning mit Thomas zu uns nach Hause. Ich glaube, ich habe Henning noch nie so wütend in seinem Leben gesehen. Thomas saß heulend wie ein Häufchen Elend vor uns.“
„Ich dachte er würde ihn umbringen.“, flüsterte Mama leise. Papa räusperte sich. „Jedenfalls zwang Henning Thomas dazu, uns alles zu erzählen. Niemals habe ich jemand anderen an die Pferde gelassen. Immer habe ich alles zweimal kontrolliert. Warum nur an diesem Tag nicht? Wenn ich doch nur an dem Hufeisen gerüttelt hätte.“ Er wischte sich eine Träne aus den Augen. Ich schüttelte den Kopf.
„Es war nicht deine Schuld, ich bin Fly geritten und ich habe gemerkt, dass irgendetwas auf der Galoppstrecke passiert war. Er wollte nicht springen, aber ich war doch so nahe am Sieg dran.“ Ich verstummte. Aus meinen Augen kamen keine Tränen mehr. Es tat weh, meine stillen Gedanken auszusprechen, und doch war ich froh, es endlich zu können. Papa drückte meine Hand, ein trauriges Lächeln erschien auf seinem Gesicht.
„Er wäre immer für dich gesprungen. Das ist etwas, das Thomas nie verstanden hat. Dieses Band zwischen euch, vom ersten Tag seiner Geburt an.“
Wir verharrten, jeder in seinen Erinnerungen vertieft.
„Es gab eine Zeit, in der ich Thomas am liebsten erwürgt hätte, für das, was er uns angetan hat. Und dann wieder sah ich nur, welchen Fehler ich an dem Tag gemacht hatte.“ Papa brach ab.
„Ich glaube nicht, dass Thomas gewollt hat, dass Fly stirbt und ich im Krankenhaus lande.“ Mir war nicht ganz klar, woher meine Großzügigkeit kam.
„Nein, das hat er nicht, ich weiß. Trotzdem konnte ich ihm erst an dem Tag wirklich verzeihen, als du bei mir im Krankenhaus aufgetaucht bist.“
Ich sah Papa an und dann Mama, die sich geräuschvoll die Nase putzte. „Ich habe euch mit meinem Weggang wehgetan.“
„Nein“, erklärte Papa, „es war nicht, dass du weggegangen bist. Jedes Kind geht irgendwann weg. Aber dass du dich einfach wie ein Dieb in der Nacht aus dem Haus geschlichen hast, das hat uns wehgetan.“
„Papa meint das nicht so“, setzte Mama an. Er unterbrach sie. „Doch, genau so meine ich es, Vera. Wir sollten uns nicht mehr anlügen. Wieso, Vera, bist du weggegangen, ohne ein Wort? Hast du gedacht, wir wüssten nicht, wie sehr du Fly geliebt hast? Dass wir nicht sehen, wie schwer dir die Rückkehr nach Hause gefallen ist.“
„Warum habt ihr mich dann gezwungen, nach Hause zu kommen?“
Papa seufzte. „Weil ich dachte, es wäre wichtig, dass du dich dem, was passiert ist, offen stellst, bevor du eine endgültige Entscheidung für die Zukunft triffst.“
Ich sah Mama an. Sie zuckte mit den Achseln. Papa löste seine Hand von meiner und legte sie auf Mamas. „Marianne meinte, ich sollte dir mehr Zeit lassen.“
„Mama hatte Recht, ich war noch nicht so weit. Mir fehlte der Mut, es euch zu sagen. Ich wusste selber nicht mehr, was ich wollte, wie hätte ich es euch da erklären können? Ich brauchte Abstand zu allem.“
„Und jetzt?“
„Stefan, findest du nicht, es reicht für heute Abend?“, wandte Mama ein.
Papa schüttelte den Kopf. „Nein, wenn ich eines gelernt habe von den letzten Wochen, dann, dass du nie weißt, wie viel Zeit dir bleibt.“
„Ich laufe nicht wieder davon. Es gibt jemanden, der mich braucht.“
„Duke?“, fragte er leise.
Ich nickte.
Papa löste sich aus der Umarmung von Mama und stand auf. Mama starrte ihn entsetzt an. „Das wirst du jetzt nicht wirklich tun, Stefan.“
Papa stellte eine Kiste vor mich hin. Er griff hinein, holte eine Besitzurkunde von einem Pferd heraus und legte sie vor mich.
„Du brauchst dir um Duke keine Gedanken mehr zu machen, er gehört dir.“
Mein Blick wanderte zwischen dem Papier vor mir, dem Vertrag und der Kiste hin und her.
„Was ist das?“, fragte ich rau.
„Vielleicht erweckt das bei dir einen falschen Eindruck.“ Mama stöhnte leise, aber Papa ließ sich davon nicht beirren. „Als du damals die Abmachung
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