Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
Maschine an, und wenn sie aufhört zu blinken, drücke für mich bitte die Taste Milchkaffe. Danke, Henning.“
Warum konnte er das mit diesem blöden „Schneckchen“ nicht endlich bleiben lassen. Damals in der Rehaklinik hatte er damit angefangen. Durch die Verletzungen am Kopf und die vielen Brüche war meine ganze Motorik verlangsamt gewesen. Während mich alle mit Samthandschuhen anfassten, hatte Henning keine Hemmung, mich bei jeder Gelegenheit „lahme Schnecke“ oder „Schneckchen“ zu nennen. Was mich so zur Weißglut brachte, dass ich oft mehr aus mir herausholte, als es den Therapeuten in der Stunde mit mir gelang. Doch die Zeit, da ich ein lahmes Schneckchen gewesen war, lag lange zurück. Ich nahm die Kanne aus dem Kühlschrank und stellte sie in die Maschine. Es war eine DeLonghi, aber selbst für mich ganz simpel zu bedienen.
Und schon hörte ich den Schlüssel im Schloss. Henning kam mit einer Tüte Brötchen in der Hand rein, in Laufhose, Trainingsshirt, mit rotem Kopf und verschwitzt.
„Ah, gut, du bist wach, ich dachte schon, du wolltest den ganzen Morgen verschlafen.“
Sein Blick wanderte über mich, und ein schelmisches Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. In diesem Augenblick wurde mir erst bewusst, dass ich mich nicht angezogen hatte, sondern nach wie vor nur sein Pyjamaoberteil trug. Meine Beine waren nackt. Während mir die Röte in die Wangen schoss, startete ich den ersten Angriff, bevor er irgendeine anzügliche Bemerkung machen konnte. Ich hob drohend den Zeigefinger.
„Henning Sander, egal, was es ist, das dir auf der Zunge liegt, schluck es hinunter, ich warne dich.“
Er hob überrascht die Augenbraun und setzte seinen treuen Hundeblick auf.
„Bei mir funktioniert das nicht. Das solltest du langsam wissen. Geh unter die Dusche, du stinkst bis hier.“
„Das ist männlich.“
„Nein, das ist ekelig“, korrigierte ich ihn.
„Okay, ich geh ja schon.“ Er warf mir die Brötchentüte zu, dann ließ er seinen Blick erneut über meine Körper wandern. Seine Augen verharrten an dem Übergang von Bein und Pyjamastoff. „Allerdings empfehle ich dir, dass du dir besser was anderes anziehst, bevor wir zusammen frühstücken.“ Erst jetzt hob er den Blick und sah mir in die Augen. „Schließlich bin ich nur ein Mann.“
„Mach, dass du unter die Dusche kommst, und stell sie am Ende auf kalt“, riet ich ihm, in meinem Kopf schoben sich die Kondome in seiner Nachttischschublade nach vorn. Von wegen keine Frauen, die hier übernachteten. Er verschwand mit einem „Sag später nicht, ich hätte dich nicht gewarnt“.
Ich wartete, bis ich das Wasser rauschen hörte. Dann ging ich in das Gästezimmer und zog mich an.
Als Henning fertig war, frühstückten wir zusammen. Er erklärte mir, dass er mich im Krankenhaus absetzen würde, bevor er ins Büro fuhr. Marianne wollte ebenfalls gegen zehn Uhr dort sein. Ich würde dann mit ihr nach Hause fahren. Interessanterweise ging er davon aus, dass ich bereits wusste, dass Papa die Operation gut überstanden hatte. Offensichtlich war meine Schauspielerei gestern Nacht doch nicht perfekt gewesen. Sollte ich so tun, als wüsste ich nichts? Nein, denn das würde nur zu einer Diskussion führen, warum ich mich gestern verstellt hatte. Mich überraschte das enge Verhältnis zwischen Henning und Mama. Mir war früher nie aufgefallen, dass sie so intensiv in Kontakt standen. Ich fühlte einen kleinen Stich in meiner Brust. Schließlich war ich ihre Tochter.
Beim Essen kontrollierte Henning über sein Handy die Mails. Immer mal wieder runzelte er die Stirn. Das gab mir Zeit, meinen eigenen Gedanken nachzuhängen. Obwohl ich gestern das Bild von Thomas mit Selina gesehen hatte, musterte ich seine Finger. Es war tatsächlich kein Ring daran zu entdecken. Warum hatten die beiden nicht geheiratet? Ich erinnerte mich dunkel daran, dass er an dem Abend vor seinem Abflug nach Kanada noch bei mir im Stall gewesen war. Hatten wir da nicht über seine Hochzeit gesprochen? Ich wusste es nicht mehr, wie so vieles, das kurz vor dem Unfall passiert war.
„Bist du fertig?“, unterbrach er meine Gedanken. Mir flog das Brötchen aus der Hand. „Wow, dich scheint ja irgendwas ganz schön zu beschäftigen. Möchtest du darüber reden?“ Seine Augenbrauen wanderten fragend in die Höhe.
Ich schüttelte den Kopf, würgte das restliche Brötchen hinunter und trank hastig den Kaffee aus, während Henning mich beobachtete.
„Fertig.“
Gemeinsam
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