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Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)

Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)

Titel: Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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befestigt, mit vielen Schläuchen. Er hatte eine Maske auf, unter der Nase verlief ein Schlauch. Das Bett war hoch aufgerichtet, sodass er saß. In den Kniekehlen war es erneut hochgestellt, eine Art kleine Welle. Ich drehte mich zu dem Pfleger um, der sich auf einen Stuhl zwischen beide Zimmer gesetzt hatte, vor sich ein Buch.
    „Wieso braucht er die Maske?“
    „Wegen dem Sauerstoff“, erklärte er, ohne von seinem Buch aufzusehen. Das passt ja zu dem Spruch „Wir sind für Sie da“, dachte ich mir. Aber ich traute mich nicht, ihn noch mal zu stören. Mit den Fenstern anstelle von Wänden kam ich mir vor wie in einem Zoo. Ich musste erneut den Impuls unterdrücken, der sich in mir breit machte: Flucht. Mama stand an Papas Seite und streichelte seine Hand, so wie ich es gestern gemacht hatte. Von der anderen Seite kamen wir an Stefan nicht heran, weil da ein Teil der Geräte stand. Die Hand von Stefan ging zur Maske, und er zog sie ab. Sofort war der Pfleger da und machte sie ihm wieder über den Mund. „Na, na, na, Herr Kamphoven, wir wollen doch artig sein.“
    In mir ballte sich der Zorn. Wie kam dieser Typ dazu, meinen Vater wie ein kleines Baby zu behandeln. Die Augen von Papa öffneten sich und schlossen sich. Er fing an zu brabbeln. Er öffnete wieder die Augen, sah mich an, drehte den Kopf weg, sah Mama an, schloss wieder die Augen. Er hatte uns entweder nicht wahrgenommen oder nicht erkannt. Mama liefen still die Tränen runter. In mir war alles nur leer.

    Als wir bald darauf wieder vor dem Krankenhaus standen, zog Mama den Schlüssel aus der Handtasche. Ihre Hände zitterten, und der Schlüssel fiel zu Boden. Ich bückte mich.
    „Ich fahre besser.“
    „Ja“, antwortete Marianne kurz. Ich schloss das Auto auf. Während ich mich darauf konzentrierte, den Weg von der Stadt aus zu finden, saß Mama still neben mir. Sie zuckte noch nicht einmal, als ich falsch abbog und wir einen umständlichen Bogen durch ein Wohngebiet fahren mussten. Den rechten Ellenbogen an die Tür gestützt, lag ihr Kopf in der Hand. Sie starrte aus dem Fenster.
    Schweigend erreichten wir den Hof. Zwei Autos parkten vor dem Stall. Vermutlich von der Auszubildenden und dem Trainer. Ich stellte den Panda meiner Mutter unter den Carport.
    Während Mama hochging, machte ich in der Küche heißes Wasser für einen Tee. Als Marianne ein halbe Stunde später zurückkam, hatte sie frische Sachen an. Das Gesicht geschminkt, die Haare gemacht, sie duftete angenehm.
    „Willst du weg?“ Ich versuchte, es möglichst beiläufig klingen zu lassen. Ich war irritiert, Papa lag schließlich auf der Intensivstation. Ich wurde wütend, nein, mehr als wütend. Ich wusste nur nicht auf wen. Die Ärzte, die gesagt hatten, es wäre eine Routinesache? Keiner von ihnen war auf die Idee gekommen, uns zu erklären, was wirklich auf uns zukam. Auf Papa, weil er einfach einen Herzinfarkt bekam? Auf Mama, die jetzt vor mir stand und so tat, als wäre ein ganz normaler Tag?
    „Ja, natürlich. Ich gehe arbeiten.“
    „Heute?“, versicherte ich mich.
    „Hast du damit ein Problem?“ Ihre Augen funkelten mich an.
    „Nein, wieso sollte ich damit ein Problem haben? Papa liegt auf der Intensivstation, um ihn herum Monitore, Schläuche und er mit einer Windel. Nein, geh ruhig arbeiten. Das ist bestimmt sehr wichtig.“
    Der Schlag kam für mich völlig unerwartet. Meine Wange brannte. Ich starrte meine Mutter an. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass sie die Hand gegen mich erhoben hatte.
    „Manchmal weiß ich wirklich nicht, was in deinem Kopf vorgeht.“ Ihre Stimme klang resigniert, aber fest. „Vielleicht hätte ich das schon viel eher mal machen müssen.“ Sie drehte sich um und verschwand. Ich hörte den Motor ihres Autos aufheulen.
    Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Als ich im Spiegel meine Backe betrachtete, konnte ich den Händeabdruck deutlich sehen. Hinter dieser Ohrfeige hatte eine Menge Kraft gelegen. Also war sie genauso wütend wie ich. Seltsamerweise war ich ihr für den Schlag dankbar. Er hatte mich auch wieder in die Realität zurückgebracht. Morgen würde ich ein Gespräch mit dem Arzt verlangen. Ich wollte endlich wissen, was mit Papa los war, genug spekuliert. Wie war es so weit gekommen? Er hatte viel körperlich gearbeitet, war dauernd an der frischen Luft. Gut, er aß gerne. Was kein Wunder war, denn Mama kochte wunderbar. Besser als die meisten Köche, die ich in Restaurants oder Hotels erlebt hatte. Trotzdem, wie hatte

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