Duncans Lady
nicht verstehen.“
Er runzelte die Stirn. „Streiten wir uns etwa?“
Ihre Schultern sackten nach unten, und einen Moment lang konnte er genau sehen, wie anstrengend der Morgen für sie gewesen war. „Ich will nicht mit dir streiten, Duncan.“
„Dann sollten wir es bleiben lassen.“
Sie nickte. Als bräuchte sie etwas Abstand, überquerte sie den strohbedeckten Boden, um mit Frances zu reden. Der Stand war nicht mehr als ein uraltes Zelt aus Segeltuch mit zwei offenen Seiten, an denen lange Tische mit Bergen von Essen standen. Hinter den Tischen standen Frances und Jessie und verkauften Kedgeree, ein Reisgericht mit Fisch und Eiern. Am anderen Ende des Tisches zapfte Brian Bier. Überall auf der kleinen Grünfläche standen ähnliche Zelte, in denen Männer und Frauen von örtlichen Organisationen saßen, doch der Stand vom Sinclair Hotel hatte den größten Zulauf.
Gegen Mittag wurde es noch voller, und sowohl Mara als auch Duncan hatten alle Hände voll zu tun, um die Kunden zu bedienen. Erst nachdem der Ansturm vorüber war, konnte er wieder mit ihr reden. „Ich wollte nicht runterspielen, was du durchgemacht hast, Mara. Ich weiß, dass deine Sensibilität dir das Leben schwer gemacht hat, und ich weiß, dass es heute wie eine Prüfung für dich sein muss. Ich habe nur versucht, dir zu sagen, dass ich dich verstehe.“
„Ich denke, das ist bei Weitem nicht alles. Wolltest du dich nicht eher selbst beruhigen? Willst du wirklich nicht wissen, ob ich von irgendjemandem die Zukunft gesehen habe? Oder ob ich, während ich die Sandwiches und Chips überreiche, sehe, wer sterben oder auch nur furchtbar leiden wird?“
Er antwortete nicht sofort, sondern schluckte seinen spontan aufwallenden Ärger hinunter und versuchte, sich über seine Gefühle klar zu werden.
Sie ergriff zuerst das Wort, ohne ihn dabei anzusehen. „Entschuldige.“
„Was zum Teufel ist hier eigentlich gerade los?“
Sie schwieg eine Weile, während sie mit gezwungenem Lächeln die Sandwiches und das Wechselgeld herausgab. Widerwillig ließ er sich in eine Unterhaltung mit zwei Dorfbewohnern verwickeln. Erst als die Menge sich wieder etwas verlief, wandte er sich ihr erneut zu. „Wirst du es mir erzählen?“
„Ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll.“
„Was?“
Sie hielt den Rücken gerade wie ein Soldat und reckte das Kinn nach vorn. Sie schüttelte den Kopf.
Er war eigensinnig und starrköpfig. Schon vor langer Zeit hatte er gelernt, wie er in Situationen wie dieser bekam was er wollte. Doch als er Mara fixierte, musste Duncan feststellen, dass er diesmal einen ebenbürtigen Gegner gefunden hatte. Er konnte herumbohren, bitten und betteln, doch sie würde ihm nichts erzählen, wenn sie nicht wollte.
„Kann ich dir helfen?“, fragte er also stattdessen.
Sie schien vor seinen Augen zusammenzusinken. „Es gibt nichts, was du tun könntest.“
„Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so frustriert war.“
„Ich werde mich ein wenig umsehen.“ Sie band die weiße Schürze auf, die Frances ihr gegeben hatte. „Kommst du eine Weile ohne mich zurecht?“
„Möchtest du Gesellschaft haben? Oder willst du lieber allein gehen?“
„Wenn du die Gesellschaft bist, gerne.“
Er empfand eine seltsame Mischung von Emotionen, die er gar nicht genauer analysieren wollte. Er nahm seine Schürze ebenfalls ab und bat Jessie, sich um ihren Tisch zu kümmern, während sie unterwegs waren.
Außerhalb des Zelts ergriff er ihre Hand und verschränkte seine Finger mit ihren. Er erwartete, dass sie sich ihm entzog, aber sie ließ ihre Hand, wo sie war. „Sollen wir einfach nur ein wenig herumgehen, oder möchtest du dir etwas Besonderes anschauen?“
„Lass uns einfach nur ein bisschen schlendern.“
Das Johnsman-Fest war eine Mischung aus mittelalterlichem Markttag und traditionellem Fest. Es wurde in vielen kleinen Dörfern der Highlands gefeiert. Es gab keine schriftlichen Aufzeichnungen darüber, wann das erste Johnsman-Fest stattgefunden hatte, doch jeder wusste, dass das Fest schon in der Antike am Mittsommertag gefeiert wurde. Am Abend bildeten Tanz und Lagerfeuer den Höhepunkt. Schon vor Jahrhunderten waren Männer im Plaid mit ihren Damen über den Dorfanger von Druidheachd geschlendert, hatten um Stoffballen oder schöne Bänder gefeilscht. Schon damals hatte es Feuerschlucker und Jongleure gegeben, herumziehende Barden und Wettkämpfe, um die Kraft und Ausdauer der besten Männer des Clans auf die
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