Dune 01: Der Wüstenplanet
verändern, Mutter. Wir brauchen einen Katalysator. Chani, du sorgst dafür, daß gleich eine Expedition aufbricht, die nach Vorgewürzmasse sucht. Was geschieht eurer Meinung nach, wenn wir das Wasser des Lebens mit der Vorgewürzmasse mischen?«
Jessica wägte nachdenklich seine Worte ab. Plötzlich wurde ihr klar, was er vorhatte.
Entsetzt keuchte sie: »Paul!«
»Wir haben dann das Wasser des Todes«, beantwortete Paul die eigene Frage. »Es wird zu einer Kettenreaktion kommen.« Er zeigte auf den Boden. »Die Kleinen Bringer würden sterben, was ein Glied in der Kette zwischen den Würmern und dem Gewürz zerstört. Und damit würde aus Arrakis eine echte Wüste werden – eine Wüste, in der es ohne Bringer auch kein Gewürz mehr gibt.«
Chani legte erschreckt eine Hand über den Mund. Es war ein unaussprechlicher Plan, den Paul da vorgetragen hatte.
»Wer in der Lage ist, eine Sache zu kontrollieren«, sagte Paul, »kann sie auch zerstören und zeigt damit, daß er völlig Herr der Situation ist. Wir sind in der Lage, das Gewürz zu vernichten.«
»Was läßt die Gilde bis jetzt noch zögern?« flüsterte Jessica.
»Sie suchen nach mir«, erwiderte Paul. »Vergiß das nicht! Die besten Navigatoren der Gilde, hervorragend ausgebildete Männer, die es verstehen, die Zukunft in ihren Visionen zu erforschen, und in der Lage sind, die schnellsten Kurse für die besten Heighliner zu finden, suchen nach mir. Aber sie sind unfähig, mich zu finden. Sie werden nervös! Weil sie genau wissen, daß ich ihr Geheimnis kenne.« Paul legte eine Handfläche vor seine Augen. »Ohne das Gewürz sind sie nämlich blind!«
Endlich fand Chani ihre Stimme wieder. »Du sagtest, du hättest die Gegenwart gesehen!«
Paul legte sich zurück und suchte nach der vollendeten Vergangenheit, folgte ihr in die Zukunft und stellte fest, daß die Visionen schwanden.
»Tut, was ich euch befohlen habe«, sagte er. »Die Zukunft wird sich für mich ebenso ungewiß erweisen wie für die Gilde. Das Gesichtsfeld meiner Vision verengt sich schnell. Alles konzentriert sich auf den Ort, wo das Gewürz gefunden wird ... wo sie bisher noch nicht einzugreifen gewagt haben ... weil jeder Eingriff den Verlust dessen nach sich gezogen hätte, hinter dem sie her sind. Aber jetzt sind sie zu allem entschlossen. Alle Wege führen in die Dunkelheit hinein.«
9
Und nachdem Arrakis zum Brennpunkt des Universums geworden war, begann der Morgen grau heraufzudämmern.
Aus ›Arrakis erwacht‹,
von Prinzessin Irulan
»Schau dir das nur an!« flüsterte Stilgar.
Paul, der neben ihm in einer Felsspalte hoch oben auf dem Schildwall lag, schaute durch das Fernglas. Die Öllinse war auf ein Sternenschiff gerichtet, das unter ihnen auf der Ebene allmählich sichtbar wurde. Die morgendliche Sonne warf einen rötlichen Schimmer über die Ostseite des Leichters. Hinter den Bullaugen erkannte man noch immer das Licht der letzten Nacht. Jenseits des Schiffskörpers lag die Stadt Arrakeen kaltglänzend unter den Strahlen der nördlichen Sonne.
Es war nicht nur die Anwesenheit des Leichters, die Stilgar zu diesem erstaunten Ausruf verleitet hatte, das wurde Paul klar, sondern die gesamte Konstruktion, zu deren Mittelpunkt das Schiff geworden war. Ein drei Stockwerke hoher, metallener Bau erstreckte sich mit einem Radius von zweitausend Metern kreisförmig über das Land. Es war wie ein gigantisches Zelt, dessen Mittelpunkt der Leichter bildete. Hier hatten der Padischah-Imperator Shaddam IV. und fünf Legionen seiner Sardaukar Quartier bezogen.
Gurney Halleck, der neben Paul auf dem felsigen Boden kniete, meinte: »Ich zähle neun Ebenen. Offenbar hat er eine Menge Sardaukar mitgebracht.«
»Fünf Legionen«, sagte Paul.
»Es wird hell«, zischte Stilgar. »Sie dürfen dich nicht zu Gesicht bekommen, Muad'dib. Laß uns hinter die Felsen zurückgehen.«
»Ich bin hier völlig sicher«, erwiderte Paul.
»Das Schiff ist mit Projektilwaffen ausgerüstet«, sagte Gurney. »Sie glauben also, daß wir Schilde tragen«, meinte Paul. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie auch nur einen einzigen Schuß für drei Leute verschwenden würden – selbst wenn sie uns sähen.«
Paul schaute mit dem Fernglas in eine andere Richtung des Beckens und ließ seinen Blick über die riesigen Felsklippen schweifen, unter denen die Gräber der Männer seines Vaters lagen. Er hatte das unbestimmte Gefühl, daß all diese getöteten Männer ihnen jetzt zusahen. Die von
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