Dune 02: Der Herr des Wüstenplaneten
solchen Vermischung vielleicht nicht ganz verloren sein.
Dummes Zeug! wütete die Ehrwürdige Mutter. Wer wußte denn, welche genetischen Veränderungen Chani in die Erbmasse hineinbringen mochte? Die Schwesternschaft könne nur mit der reinen Linie etwas anfangen! Und ein Thronfolger würde Pauls Ambitionen erneuern und ihn zu neuen Anstrengungen anspornen, sein Imperium zu konsolidieren. Die Verschwörung könne einen solchen Rückschlag nicht hinnehmen.
Irulan wollte wissen, wie sie Chani daran hätte hindern können, die neue Diät auszuprobieren?
Aber die Ehrwürdige Mutter war nicht in der Stimmung, irgendwelche Argumente gelten zu lassen. Irulan erhielt ausdrückliche Instruktionen, wie sie dieser neuen Bedrohung zu begegnen hatte. Wenn Chani schwanger würde, dann müsse eben ein Abtreibungsmittel in ihr Essen oder Trinken praktiziert werden. Entweder das, oder sie müsse getötet werden. Ein Thronfolger aus dieser Quelle müsse um jeden Preis verhütet werden.
Ein Abtreibungsversuch wäre ebenso gefährlich wie ein offener Angriff auf die Konkubine, wandte Irulan ein. Sie zitterte bei dem Gedanken, womöglich einen Mordanschlag auf Chani ausführen zu müssen.
Darauf verlangte die Ehrwürdige Mutter zu wissen, ob Irulan sich durch Gefahr von ihrer Pflicht abhalten lasse? Ihre Fingerzeichen signalisierten tiefe Verachtung.
Aufgebracht signalisierte Irulan zurück, daß sie ihren Wert als Agentin im kaiserlichen Haushalt kenne. Ob die Verschwörer eine solch wertvolle Helferin vergeuden wollten? Ob sie vielleicht aufgeopfert werden solle? Auf welche andere Weise könnten sie den Herrscher so zuverlässig aus der Nähe beobachten? Oder hatten sie einen neuen Agenten bei Hof eingeschleust? War es das? Sollte sie jetzt in einem letzten verzweifelten Unternehmen geopfert werden?
In einem Krieg, erwiderte die Ehrwürdige Mutter, sei eine Umwertung aller bestehenden Begriffe unvermeidlich. Die größte Gefahr sei, daß das Haus Atreides sich zu einer Dynastie verfestige. Die Schwesternschaft könne ein solches Risiko nicht auf sich nehmen. Dies gehe weit über die Gefahr für Paul Atreides' Genkombination hinaus. Gelänge es Atreides, seine Familie am Thron zu verankern, mußte die Schwesternschaft eine jahrzehntelange Unterbrechung ihrer Programme befürchten.
Irulan verstand das Argument, aber sie wurde den Gedanken nicht los, daß eine Entscheidung getroffen worden sei, die Prinzgemahlin für irgend etwas von großem Wert zu opfern. War es etwas mit dem Ghola, das sie wissen sollte? Sie sprach ihren Verdacht aus.
Die Ehrwürdige Mutter wollte wissen, ob Irulan denke, die Schwesternschaft sei eine Vereinigung von Dummköpfen? Wann habe sie jemals versäumt, Irulan alles zu sagen, was sie wissen mußte?
Es war keine Antwort, sondern ein Eingeständnis, erkannte Irulan. Es besagte, daß sie nur soviel wie nötig erfahren würde.
Irulan fragte, wieso sie mit Sicherheit annehmen konnten, daß der Ghola zur Vernichtung des Herrschers imstande sei?
Sie könne genauso gut fragen, ob Melange zur Vernichtung imstande sei, konterte die Ehrwürdige Mutter.
Es war ein Tadel, verbunden mit einer subtilen Botschaft, die sie informierte, daß sie diese Ähnlichkeit zwischen dem Gewürz und dem Ghola längst hätte verstehen sollen. Melange war wertvoll, aber sie forderte einen Preis – die Sucht. Sie verlängerte das Leben um Jahre – für einige um Jahrzehnte –, aber es blieb eben doch nur eine andere Art zu sterben.
Der Ghola war etwas von tödlichem Wert.
Das offensichtliche Mittel, eine unerwünschte Geburt zu verhindern, sei, so signalisierte die Ehrwürdige Mutter, die Tötung der voraussichtlichen Mutter vor der Empfängnis.
Irulan war enttäuscht, daß die Ehrwürdige Mutter wieder zum Angriff überging. Natürlich, dachte sie. Wenn du eine bestimmte Summe ausgibst, willst du soviel wie möglich dafür bekommen. Die Augen der alten Frau, glitzernd im blauen Glanz ihrer Melangesüchtigkeit, blickten starr zu Irulan auf, abwägend, beobachtend.
Sie liest meine Gedanken, dachte Irulan mit Bestürzung. Sie hat mich darin ausgebildet und beobachtet. Sie weiß, daß ich begriffen habe, welche Entscheidung hier getroffen worden ist. Sie beobachtet mich jetzt nur, um zu sehen, wie ich mit dieser Erkenntnis fertig werde.
Irulan zwang sich ein Lächeln ab. Sollen sie mich ausgeben. Ich werde ihnen zeigen, was eine Prinzessin wert ist. Vielleicht werde ich ihnen mehr einbringen, als sie erwartet haben.
Nach
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