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Dune 02: Der Herr des Wüstenplaneten

Dune 02: Der Herr des Wüstenplaneten

Titel: Dune 02: Der Herr des Wüstenplaneten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Herbert
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vermißt.«

11
     
Ich denke, welche Freude es ist, lebendig zu sein, und ich frage mich, ob ich jemals wieder zu den Wurzeln dieses Fleisches vordringen und mich als den wiedererkennen werde, der ich einst war. Die Wurzel ist da. Ob irgendeine Handlung von mir zu ihr zurückführen kann, bleibt in der Zukunft verborgen. Aber alle Möglichkeiten, die einem Menschen gegeben sind, stehen auch mir offen. Jede beliebige Handlung von mir mag es bewirken.
aus »Der Ghola spricht«
von Alia-von-den-Messern
     
     
    Eingetaucht in den Geruch von Gewürz, umfangen von hellseherischer Trance, sah Paul den Mond zu einem Ellipsoid werden. Er torkelte und rollte und zischte das furchtbare Zischen eines Sterns, der in einer unendlichen See ertränkt wird – hinab ... hinab ...
    Er war fort.
    Dieser Mond war nicht gesunken, um wieder aufzugehen. Die Erkenntnis verschlang ihn. Er war fort: kein Mond. Die Erde erbebte wie das Fell eines Tieres, das sich schüttelt. Schrecken ergriff ihn.
    Paul fuhr von seinem Lager hoch, die Augen weit geöffnet, stierend. Ein Teil von ihm blickte nach außen, ein Teil nach innen. Außen sah er die Fenster seines Schlafzimmers, und er wußte, daß er neben dem Abgrund der Palastmauer lag. Innen sah er weiterhin den Mond fallen.
    Hinter dem Gußsteinfiligran der Fenster lag die Stadt im brennenden Licht des Mittags. In seinem Innern war schwärzeste Nacht. Eine süße Duftwolke von einem nahen Dachgarten spielte mit seinen Sinnen, aber kein Blumenduft konnte diesen gefallenen Mond zurückdrängen.
    Paul stellte seine Füße auf die kalten Fliesen des Bodens, spähte durch das Filigranwerk. Er sah die sanft geschwungene Brücke, die über einen künstlichen kleinen See mit allerlei blühenden Wassergewächsen und einem Springbrunnen zu den Galerien der inneren Stadt führte.
    Seine Augen nahmen das Bild auf, ohne ihn von der Knechtschaft der Droge zu befreien.
    Diese schreckliche Vision eines verlorenen Mondes.
    Die Vision deutete einen monströsen Verlust individueller Sicherheit an. Vielleicht hatte er den Sturz seiner Zivilisation gesehen, umgeworfen von seinen eigenen Anmaßungen.
    Ein Mond ... ein fallender Mond ...
    Es hatte einer massiven Dosis von Gewürzessenz bedurft, die Schlammwolke zu durchdringen, die von den abergläubischen Symbolen des Tarocks aufgewirbelt worden war. Alles, was sie ihm gezeigt hatte, war ein fallender Mond gewesen, und der verhaßte Weg, den er von Anfang an gekannt hatte. Um ein Ende des heiligen Kriegs zu erkaufen, um den Vulkan von Schlächterei und Grausamkeit zum Erlöschen zu bringen, mußte er sich selbst diskreditieren, entehren. Sich frei machen.
    Der Blumenduft vom Dachgarten erinnerte ihn an Chani. Er sehnte sich nach ihren Armen, ihrer Vergessen spendenden Liebe. Aber selbst Chani konnte diese Vision nicht austreiben. Was würde sie sagen, wenn er zu ihr ginge und erklärte, daß er an eine bestimmte Todesart dachte? Wenn er den Tod schon als unausweichlich erkannt hatte, warum wählte er dann nicht den Tod eines Aristokraten und beendete sein Leben mit ruhiger Würde, ohne den Jahren nachzutrauern, die ihm noch beschieden sein mochten? Zu sterben, bevor man ans Ende der Willenskraft kam, war das nicht eine aristokratische Entscheidung?
    Er stand auf und tappte langsam über den Fliesenboden und hinaus auf den Balkon, blickte hinauf zu den Blumengirlanden und Ranken, die vom Rand des Dachgartens herabhingen.
    Mond ... Mond – wo ist dieser Mond?
    Diesem Universum kann man nichts wegnehmen, dachte er.
    Auf einem niedrigen Tisch neben dem Balkongeländer lag die Hälfte einer großen Muschelschale aus den Meeren von Mutter Erde. Er nahm das glatte, mattglänzende Ding in beide Hände und versuchte, sich rückwärts durch die Zeit zu tasten. Die Perlmutteroberfläche reflektierte schimmernde Lichtmonde. Er riß den Blick davon los und sah hinauf zum blassen Himmel, wo die Staubglocke über der Stadt silbrig im weißen Sonnenlicht leuchtete.
    Die Fremen nennen sich »Kinder des Mondes«, dachte er.
    Er legte die Muschelschale nieder, ging langsam auf dem Balkon auf und ab. Bot dieser schreckenerregende Mond noch eine Hoffnung auf Entkommen? Er suchte nach einer Bedeutung in der Region mystischer Gemeinschaft, doch vergebens. Er fühlte sich schwach, immer noch aufgewühlt von der Droge.
    Er überblickte den südlichen Bereich der Zitadelle mit den Regierungsgebäuden. Menschen drängten sich auf den Gehwegen. Sie bewegten sich wie ein Fries vor einem

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