Dune 02: Der Herr des Wüstenplaneten
Paul.
»Ich denke«, sagte sie.
Und wieder schaute sie seine Schwester an. Die optimale Kreuzung für diese weibliche Atreides war verlorengegangen – von Paul getötet. Doch es blieb eine weitere Möglichkeit – eine, die das gewünschte charakteristische Erbgut zementieren würde. Paul wagte es, den Bene Gesserit ein Tierzuchtprogramm anzubieten! Wieviel war er wirklich bereit, für Chanis Leben zu zahlen? Würde er eine Kreuzung mit seiner eigenen Schwester akzeptieren?
Um Zeit zu gewinnen, sagte die Ehrwürdige Mutter: »Sagen Sie mir, makelloser Inbegriff alles dessen, was heilig ist: wie hat Irulan sich zu diesem Vorschlag verhalten?«
»Irulan wird tun, was Sie ihr sagen«, brummte Paul.
Richtig, dachte die Alte. Sie gab sich einen Ruck und sagte: »Es gibt zwei Atreides.«
Paul fühlte etwas von dem, was in den Gedanken der alten Hexe umging. Blut schoß ihm ins Gesicht. »Nehmen Sie sich in acht mit dem, was Sie vorschlagen!« grollte er.
»Sie würden Irulan nur gebrauchen, um ihre eigenen Ziele zu erreichen, nicht wahr?« fragte sie.
»Wurde sie nicht dafür erzogen, gebraucht zu werden?« fragte Paul zurück.
Und wir haben sie erzogen, das ist es, was er meint, dachte die Ehrwürdige Mutter. Nun ja ... Irulan ist eine halbierte Münze. Gibt es eine andere Möglichkeit, eine solche Münze auszugeben?
»Werden Sie Chanis Kind auf den Thron setzen?« fragte sie.
»Auf meinen Thron«, sagte Paul. Er blickte zu Alia, fragte sich auf einmal, ob sie die divergierenden Möglichkeiten in diesem Austausch überhaupt sah. Alia stand mit geschlossenen Augen, in sich selbst versunken. Mit welcher inneren Stimme kommunizierte sie? Wie er seine Schwester so stehen sah, fühlte Paul wieder die seltsame Entfremdung. Alia stand an einem Ufer, das sich von ihm entfernte.
Die Ehrwürdige Mutter war zu ihrer Entscheidung gekommen und sagte: »Dies ist zu bedeutungsvoll, um von einer Person entschieden zu werden. Ich muß den Rat auf Wallach konsultieren. Werden Sie mir erlauben, eine Botschaft zu übermitteln?«
Als ob sie meine Erlaubnis benötigte! dachte Paul.
Er sagte: »Einverstanden. Aber zögern Sie nicht zu lange. Ich werde nicht müßig sitzen und abwarten, während Sie mit Ihrem Rat debattieren.«
»Werden Sie mit den Bene Tleilax verhandeln?« fragte Hayt unvermittelt.
Alia starrte den Ghola an, als ob sie von einem gefährlichen Eindringling aus ruhigem Schlummer gerissen worden wäre.
»Ich habe keine solche Entscheidung getroffen«, erklärte Paul. »Ich habe vor, in die Wüste zu gehen, sobald es sich machen läßt. Unser Kind wird im Sietch geboren werden.«
»Ein weiser Beschluß«, sagte Stilgar.
Alia warf ihm einen mißbilligenden Blick zu und sah wieder weg. Es war ein falscher Beschluß, das fühlte sie in jeder Zelle ihres Körpers. Paul mußte es wissen. Warum hatte er sich auf einen solchen Weg festgelegt?
»Haben die Bene Tleilax ihre Dienste angeboten?« fragte Alia.
Paul schüttelte bedächtig den Kopf. »Nein.« Er blickte zu Stilgar und sagte: »Sorgen Sie dafür, daß die Botschaft ohne Zeitverlust nach Wallach geschickt wird, ja?«
»Ja, Herr.«
Paul wandte sich langsam ab, wartete, während Stilgar Palastwächter kommen ließ und mit ihnen und der alten Hexe hinausging. Er merkte deutlich, daß Alia mit sich kämpfte, ob sie ihn mit weiteren Fragen konfrontieren solle. Statt dessen wandte sie sich an den Ghola.
»Mentat«, sagte sie, »werden die Bene Tleilax meinen Bruder um Begünstigung ersuchen?«
Hayt zuckte die Achseln.
Paul fühlte seine Gedanken wandern. Die Tleilax? Nein ... nicht in dem Sinn, wie Alia es meint. Ihre Frage zeigte jedoch, daß sie die Alternativen hier nicht gesehen hatte. Nun, die Kraft der Vision war von Sibylle zu Sibylle verschieden. Warum nicht auch ein Unterschied zwischen Bruder und Schwester?
Seine Gedanken schweiften wieder ab, wanderten, und von jedem Gedanken kehrte er mit einem leichten Schreck zurück in die Gegenwart und zu dem Gespräch in seiner Nähe, von dem er nicht mehr als Bruchstücke auffing.
»... müssen wissen, was die Tleilax ...«
»... die Vollständigkeit von Daten ist immer ...«
»... entschiedene Zweifel, wo ...«
Paul drehte sich um und sah seine Schwester an, die im selben Moment aufmerkte. Er wußte, daß sie Tränen in seinen Augen sehen und sich Gedanken darüber machen würde. Sollte sie sich wundern; schon das wäre eine Wohltat in der Einsamkeit, die ihn umgab. Er ließ seinen Blick zu Hayt
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