Dune 02: Der Herr des Wüstenplaneten
Gespräch bezweckte, trotzdem mißbilligte sie es. Sie war voll Widerwillen, an diesem Handel teilzunehmen.
»Sie müssen vorsichtig sein, wie Sie mit mir sprechen, alte Frau«, sagte Paul.
Er nannte mich alte Frau, als er ein kleiner Junge war, dachte die Ehrwürdige Mutter. Erinnert er mich jetzt an meine Hand in seiner Vergangenheit? Sie fühlte sich unschlüssig, bedrückt vom Gewicht einer Entscheidung, die sie nicht kannte. Schwäche und Müdigkeit kamen hinzu: ihre Knie zitterten, die alten Muskeln, in der Enge der Zelle der Bewegung entwöhnt, waren steif und schmerzten.
»Es war ein langer Weg«, sagte Paul, »und ich sehe, daß Sie müde sind. Wir werden uns in mein Beratungszimmer hinter dem Thron zurückziehen. Dort können Sie sitzen.« Er gab Stilgar ein Handzeichen und erhob sich.
Stilgar und der Ghola kamen zu der alten Frau, halfen ihr die Stufen hinauf und durch eine von den Draperien verdeckte kleine Passage. Sie begriff nun, warum er sie in der Halle empfangen hatte: nicht so sehr, um sie mit seiner Zurschaustellung von Macht und Prunk einzuschüchtern; es war mehr eine Schau für die Wachen und die Naibs gewesen. Das aber war ein Indiz dafür, daß er sie fürchtete. Und nun gab er sich freundlich und wohlwollend, weil er sie brauchte. Oder waren diese Folgerungen zu gewagt? Sie hörte Schritte hinter sich, blickte zurück und sah Alia folgen. Die Ehrwürdige Mutter erschauerte unter dem unheilvollen Ausdruck in Alias Augen.
Das Beratungszimmer war ein Raum von vielleicht zehn Metern im Quadrat. Es enthielt Sofas, weiche Sitzpolster, Kissen und Teppiche. Auf einem niedrigen Tisch standen kristallene Wasserkaraffen, und in der Luft hing ein schwacher Geruch von Melange. Nach der riesenhaften äußeren Halle erschien ihr der Raum winzig.
Stilgar und Hayt führten sie zu einem Sofa, wo sie sich seufzend niederließ. Der Herrscher stand vor ihr und musterte das alte Gesicht – stählerne Zähne, Augen, die mehr verbargen als sie enthüllten, faltige und gerunzelte Haut. Er deutete auf eine Wasserkaraffe. Sie schüttelte den Kopf.
Mit leiser Stimme sagte Paul: »Ich möchte mit Ihnen um das Leben meiner Geliebten feilschen.«
Stilgar räusperte sich.
Alia befingerte den Griff des Messers, das ihr an einer Kette vom Hals hing.
Hayt war neben der Tür stehengeblieben. Sein Gesicht war ausdruckslos, die Metallaugen starrten über den Kopf der Ehrwürdigen Mutter hinweg in die Luft.
»Hatten Sie eine Vision, daß meine Hand an ihrem Tod mitwirkt?« fragte die Ehrwürdige Mutter. Sie blickte wieder zu Hayt, unerklärlich beunruhigt. Warum sollte sie sich von dem Ghola bedroht fühlen? Es war ein Werkzeug der Verschwörung.
Paul wich ihrer Frage aus und sagte: »Ich weiß, was Sie von mir wünschen.«
Dann vermutet er nur, dachte die Ehrwürdige Mutter. Sie betrachtete die Spitzen ihrer Schuhe, die unter den Falten ihres weiten Gewands herausschauten. Schwarze Schuhe, schwarzes Gewand ... alles war fleckig und zerknittert, zeugte von ihrer Gefangenschaft. Sie hob das Kinn und begegnete Paul Atreides zornig starrendem Blick. Das befriedigte sie, aber sie versteckte die Empfindung hinter halbgeschlossenen Lidern, die welken Lippen geschürzt.
»Welche Münze bieten Sie?« fragte sie.
»Sie können meinen Samen haben, aber nicht meine Person.«
»Sie wagen es ...!« fuhr die Alte auf.
Stilgar tat einen halben Schritt vorwärts.
Hayt lächelte, und sein Lächeln brachte nicht nur die Ehrwürdige Mutter für einen Moment aus der Fassung; auch Alia beobachtete ihn mit fragendem Stirnrunzeln.
»Wir werden hier nicht die Verbote Ihrer Schwesternschaft diskutieren«, sagte Paul warnend. »Ich werde mir kein Gerede von Sünden, Abscheu oder über die Glaubenssätze anhören, die von vergangenen Kreuzzügen übriggeblieben sind. Sie können meinen Samen für Ihre Pläne haben, aber kein Kind Irulans wird auf meinem Thron sitzen.«
»Ihrem Thron«, höhnte sie.
»Meinem Thron, ganz recht.«
»Wer dann wird den Thronfolger zur Welt bringen?«
»Chani.«
»Sie ist unfruchtbar.«
»Sie ist schwanger.«
Ein unwillkürliches scharfes Einatmen verriet ihren Schock. »Das ist eine Lüge!« schnarrte sie.
Paul hob die Hand, als Stilgar vorwärtsdrängte.
»Wir wissen seit zwei Wochen, daß sie mein Kind trägt«, sagte Paul.
»Aber Irulan ...«
»Nur durch künstliche Mittel und nur bei gleichzeitiger Verbannung. Das ist mein Angebot.«
Die Ehrwürdige Mutter schloß die faltigen Augenlider, um
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