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Dune 02: Der Herr des Wüstenplaneten

Dune 02: Der Herr des Wüstenplaneten

Titel: Dune 02: Der Herr des Wüstenplaneten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Herbert
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würde.
    »Herr, hier ist das Botenmädchen«, sagte Bannerjee. »Chani sagte mir, Sie seien bereits verständigt.«
    Paul nickte knapp. »Ja.«
    Komischerweise sah die junge Frau ihn nicht an; ihre Aufmerksamkeit blieb auf die Sanduhr gerichtet. Sie war dunkelhäutig, von mittlerer Größe, und ihre Gestalt war unter einem Gewand verborgen, dessen tief weinrotes Material und einfacher Schnitt von Wohlhabenheit zeugten. Ihr blauschwarzes Haar wurde von einem schmalen Band gleichfarbigen Materials gehalten. Ihre Hände waren unter den Gewandfalten versteckt, und Paul vermutete, daß die Finger fest ineinander verkrampft waren. Es wäre der Rolle gemäß. Alles an ihr würde der Rolle gemäß sein, sogar das Gewand: das letzte gute Stück, für solche Anlässe sorgsam aufbewahrt.
    Paul bedeutet ihr, näher zu treten. Bannerjee zögerte einen Moment, dann ließ er ihren Arm los und tat einen Schritt zur Seite. Das Mädchen trat zwei Schritte vor und blieb wieder stehen. In ihren Bewegungen war Anmut. Doch ihre Augen mieden ihn immer noch.
    Paul räusperte sich.
    Nun hob sie den Blick, und die Augen – blau in blau – weiteten sich in genau dem richtigen Grad vor Ehrfurcht. Sie hatte ein kleines, feingeschnittenes Gesicht, und um ihren Mund war ein Zug von Reserviertheit und Eigenwilligkeit. Die Augen über den zum schmalen Kinn keilförmig zulaufenden Wangen wirkten unnatürlich groß. Es war etwas Freudloses an ihr, etwas, das sagte, daß sie selten lächelte. Ihre Augenwinkel wiesen sogar eine schwache, gelbliche Trübung auf, die entweder von Staubreizung oder von Semutagenuß herrühren konnte.
    Alles war der Rolle gemäß.
    »Sie haben um eine Audienz nachgesucht«, sagte Paul.
    Der Augenblick für die entscheidende Probe dieser Mädchengestalt war gekommen. Scytale hatte die Form, die Manieriertheiten, das Geschlecht, die Stimme angenommen – alles, was seine Fähigkeiten erreichen konnten. Aber dies war eine junge Frau, die Muad'dib aus früherer Zeit kannte. Sie war damals, als er im Sietch gelebt hatte, noch ein Kind gewesen, aber sie und Muad'dib teilten gemeinsame Erfahrungen. Gewisse Bereiche der Erinnerung mußten sorgfältig gemieden werden. Es war die schwierigste und anspruchsvollste Rolle, in der Scytale sich je versucht hatte.
    »Ich bin Otheyms Lichna von Berk al Dib.«
    Die Stimme des Mädchens kam klein heraus, aber sie war fest und paßte vollkommen zu ihrer Erscheinung.
    Paul nickte. Er sah, wie Chani getäuscht worden war. Alles war mit unübertrefflicher Genauigkeit reproduziert, bis hin zum Timbre der Stimme. Wäre nicht sein eigenes, von der Mutter ererbtes Bene Gesserit-Training gewesen, und hätte sein zweites Gesicht ihm nicht eine vage, aber warnende Vision dieser Augenblicke zugespielt, dann hätte die geniale Verkleidung dieses Verwandlungkünstlers selbst ihn übertölpeln können.
    Sein durch Training geschärftes Bewußtsein registrierte gewisse Unstimmigkeiten: das Mädchen war älter als ihre Jahre; zuviel Selbstkontrolle färbte den Klang ihrer Stimmbänder; der Blick ihrer Augen verriet einen Hauch zuviel berechnende Beobachtung. Aber es gab auch hübsche Einfälle: das teure Gewand war am rechten Ellbogen geflickt, um den gegenwärtigen Status zu zeigen ... und die Züge waren von wunderbarer Genauigkeit. Sie sprachen von einer deutlichen Sympathie dieses Verwandlungskünstlers für die dargestellte Person.
    »Ruhen Sie in meinem Heim, Tochter von Otheym«, sagte Paul in zeremoniellem Ton. »Sie sind willkommen.«
    »Ich bringe eine Botschaft«, sagte sie.
    »Eines Mannes Bote ist wie er selbst«, sagte Paul.
    Scytale atmete vorsichtig auf. Es ging gut, bisher, aber nun kam der schwierige Teil der Aufgabe: der Atreides mußte auf den ausersehenen Pfad gelenkt werden. Er sollte seine Konkubine unter Umständen verlieren, wo kein anderer die Schuld teilte. Schuld und Versagen mußten allein beim »allmächtigen« Muad'dib liegen. Er mußte zur Erkenntnis seines Versagens geführt werden und von da zur Annahme der Alternative.
    »Ich bin der Rauch, der den Nachtschlaf stört«, sagte Scytale, mit Bedacht die landläufige Umschreibung für das Überbringen schlechter Nachrichten wählend.
    Paul fand es nicht einfach, seine gelassene Ruhe zu bewahren. Er fühlte sich nackt in einer Zeit herumtasten, die vor jeder Vision verborgen war. Mächtige Orakel schützten den Tleilax. Nur die Umrisse dieser Momente waren Paul bekannt. Er wußte nur, was er nicht tun konnte. Er konnte diesen

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