Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten
ihre Kreise zogen, auch ihn sehen mußten: Ein dunkles Objekt, das sich zwischen Himmel und Sand bewegte, war für jeden Fremen ein Symbol für einen Menschen. Natürlich würden sie ihn wahrnehmen. Und sie würden vorsichtig sein. Sie würden warten. Fremen waren in der Wüste einander gegenüber immer mißtrauisch, bevor sie nicht wußten, ob der Neuankömmling für sie nicht eine Bedrohung darstellte. Selbst innerhalb des Imperiums und seinen Gesetzen waren sie im Grunde halbwilde Räuber geblieben, die niemals vergaßen, daß ein Crysmesser sich beim Tode seines Besitzers auflöste.
Das ist es, was uns retten könnte, dachte Leto. Diese Wildheit.
Der in der Ferne fliegende Gewürzjäger scherte erst nach rechts, dann nach links aus. Er gab den Leuten unter sich damit ein Zeichen. Er stellte sich vor, daß sie im Moment die hinter ihm liegende Landschaft absuchten, weil sie sich nicht darüber im klaren sein konnten, ob er allein gekommen war.
Leto steuerte den Wurm nach links, hielt ihn, bis er den Kurs voll eingeschlagen hatte, sprang dann von ihm ab und hetzte davon. Der Wurm, jetzt von seiner Last befreit, blieb einige Atemzüge lang liegen. Dann sank sein erstes Drittel in den Sand ein, um sich zu erholen. Es war ein sicheres Anzeichen dafür, daß er völlig erschöpft war.
Leto wandte sich von ihm ab. Der Wurm würde hierbleiben. Der Gewürzjäger umkreiste nun die Erntefabrik. Immer noch gab er mit seinen Schwingen Signale. Es mußte sich um irgendwelche von den Schmugglern bezahlte Abtrünnige handeln, die über keine elektronische Kommunikationsgeräte verfügten. Und sie waren wegen des Gewürzes hier draußen, soviel bestätigte die Anwesenheit des Sandkriechers.
Der Gewürzjäger umkreiste die Fabrik noch einmal, ließ die Schwingen flattern und flog dann direkt auf Leto zu. Er erkannte in dem Fabrikat einen der leichten Thopter, die seinerzeit sein Großvater nach Arrakis gebracht hatte. Die Maschine kreiste über seinem Kopf, glitt über die Düne dahin, an deren Rand er stand und machte Anstalten, im Gegenwind zu landen. Zehn Meter von ihm entfernt setzte sie in einer Staubwolke auf. In der Leto zugewandten Seite öffnete sich eine Tür und entließ einen einzelnen Mann mit einer Fremenrobe, über dessen rechter Brust das Symbol einer Lanze leuchtete.
Der Mann kam langsam auf ihn zu, als wolle er ihnen beiden genug Zeit lassen, einander zu studieren. Er war hochgewachsen und hatte völlig blaue Augen. Eine Destillanzugsmaske bedeckte die untere Hälfte seines Gesichts, während er, wie um seine Stirn vor der Sonne zu schützen, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen hatte. Die Art, in der die Robe vom Körper des Mannes abstand, deutete darauf hin, daß er unter ihr eine Maula-Pistole verbarg.
Zwei Schritte vor Leto blieb der Mann stehen und maß ihn mit einem verstörten Blick.
»Viel Glück für uns alle«, sagte Leto.
Der Mann sah sich nach allen Seiten um, entdeckte, daß niemand sonst sich in der Umgebung aufhielt und wandte sich wieder Leto zu. »Was machst du hier draußen, Kind?« fragte er. Unter der Maske seines Anzugs klang seine Stimme gedämpft. »Versuchst du, dich zum Korken eines Wurmlochs zu machen?«
Eine weitere Redensart der Fremen gebrauchend, erwiderte Leto: »Die Wüste ist meine Heimat.«
»Wrenn?« fragte der Mann. Welchen Weg gehst du?
»Von Jacurutu aus nach Süden.«
Der Mann lachte plötzlich auf. »Aber, aber, Batigh! Du bist wirklich die seltenste Wüstenpflanze, die mir je unter die Augen gekommen ist.«
»Ich bin keine kleine Melone «, sagte Leto und wies damit die Bezeichnung ›Batigh‹ von sich, die man auf eine am Rande der Wüste wachsende Frucht anwendete, deren Wasser demjenigen gehörte, der sie fand.
»Wir haben auch nicht vor, dich auszutrinken, Batigh«, sagte der Mann. »Ich heiße Muriz. Ich bin der Arifa dieses Taif.« Er deutete mit einer Handbewegung auf den Ernter in der Ferne.
Leto bemerkte, daß der Mann sich selbst als Richter seiner Gruppe bezeichnete und seine Leute als Taif, was soviel bedeutete wie ›Bande‹ oder ›Gesellschaft‹. Auf jeden Fall hatte er es hier nicht mit Ichwans zu tun, die eine Gruppe von Brüdern bildeten. Sicher waren sie Abtrünnige, die von irgendwem bezahlt wurden. Sie stellten genau den Faden dar, den er benötigte.
Da Leto schwieg, fragte Muriz: »Hast du einen Namen?«
»Bleiben wir bei Batigh.«
Muriz kicherte. »Aber du hast mir immer noch nicht gesagt, was du hier tust.«
»Ich suche nach
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