Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten
herum und wandte sich ab. Idaho hatte das vorausgesehen. Aber es half ihm, jetzt nicht in das einst so geliebte Gesicht sehen zu müssen, das nun der Besessenheit durch eine fremdartige Kraft unterlag.
»Nun«, bemerkte Irulan, »man kann der Gilde auch nicht in jeder Beziehung trauen ...«
»Die Gilde!« spottete Alia.
»Wir haben keine Kontrolle über die feindschaftlichen Gefühle der Bene Gesserit oder der Gilde«, sagte Idaho. »Aber wir sollten doch soweit gehen und sie als passive Helfer einstufen. Die Gilde wird niemals ihren Grundsatz verletzen: Sie will nicht regieren. Sie ist eine parasitäre Organisation und weiß das sehr wohl. Sie wird niemals etwas unternehmen, bei dem der Organismus vernichtet werden könnte, von dem sie zehrt.«
»Ihre Ansicht darüber, welcher Organismus sie am Leben erhält, kann sich von der unsrigen unterscheiden«, gab Irulan zu bedenken. Es war das erstemal, daß sie einem Punkt nahekam, der spöttisch wirkte, als hätte sie gesagt: »Du hast einen wichtigen Faktor übersehen, Mentat.«
Alia war über diese Worte verwundert. Sie hatte nicht erwartet, daß Irulan solche Worte von sich geben würde. Es war einfach nicht die Art eines Verschwörers, sich dermaßen bloßzustellen.
»Du hast zweifellos recht«, erwiderte Idaho. »Aber die Gilde würde sich trotzdem nicht offen gegen das Haus Atreides stellen. Andererseits: die Schwesternschaft wäre sicher willig, einen politischen Bruch zu riskieren, wenn dabei für sie ...«
»Wenn sie das tut«, sagte Irulan, »dann höchstens hinter dem Rücken einer Gruppe, die sie in den Vordergrund schieben kann. Die Bene Gesserit haben nicht umsonst jahrhundertelang existiert, ohne zu erkennen, wie wichtig die Verschleierung der eigenen Existenz ist. Sie bevorzugen es, hinter dem Thron zu stehen – nicht etwa, auf ihm zu sitzen.«
Verschleierung der eigenen Existenz? dachte Alia. Waren das wirklich Irulans eigene Worte?
»Das deckt sich mit dem, was ich über die Gilde sagte«, erklärte Idaho. Daß Irulan Gegenargumente auf den Tisch brachte, gefiel ihm. Zusammen mit den notwendigen Erklärungen trugen sie dazu bei, sein Gehirn von anderen Problemen freizuhalten.
Alia ging auf die Sonnenfenster zu. Sie war sich Idahos einseitiger Betrachtungsweise bewußt. In dieser Beziehung unterschied er sich nicht von anderen Mentaten. Die Aufgabe von Männern wie ihm war es, Fakten zu beurteilen und daraus Schlüsse zu ziehen. Natürlich rief dies die Tendenz hervor, Absolutismen und ultimative Grenzen zu setzen. Und die Mentaten wußten dies, denn Erkenntnisfähigkeit stellte einen Großteil ihrer Ausbildung dar.
Ich hätte ihn im Sietch Tabr lassen sollen, dachte Alia. Es wäre besser gewesen, ich hätte Jarvid auf Irulan angesetzt.
In ihrem Kopf sagte eine knarrende Stimme: »Genau!«
Sei still, still, still! dachte sie, und ihr wurde im gleichen Moment klar, daß sie einen schweren Fehler begangen hatte, auch wenn dessen Weiterungen ihr jetzt noch unklar waren. Alles, was sie sah, deutete auf Gefahr hin. Idaho mußte ihr aus dieser schrecklichen Situation heraushelfen. Aber er war ein Mentat, ein nützliches, notwendiges Ding – ein menschlicher Computer, der die Maschine ersetzte, die man während Butlers Djihad ausgeschaltet und zerstört hatte. ›Du sollst keine Maschine nach dem Bild des menschlichen Geistes machen!‹ Aber alles, wonach Alia in dieser Minute verlangte, war eine Maschinerie, die auf sie einging, keine, die sie analysierte. Man hätte nicht einmal erlauben sollen, daß es Leute mit den begrenzten Fähigkeiten eines Idaho gab: Einer Maschine konnte man niemals trauen.
Alia hörte Irulans lässige Sprechweise.
»Ein Schachzug, der einen Schachzug verdeckt, der einen Schachzug verdeckt, der wiederum den richtigen Zug verdecken soll«, sagte sie gerade. »Wir kennen doch dieses allgemeingültige Verhaltensmuster, wenn jemand die Finger nach der Macht ausstreckt. Ich nehme Alias Mißtrauen nicht übel. Natürlich verdächtigt sie jeden selbst uns. Aber auch das kann ich im Moment vergessen. Was also bleibt übrig und stellt die größte Gefahr für die Regentschaft dar?«
»Die MAFEA«, sagte Idaho mit flacher Stimme.
Alia lächelte grimmig. Die Merkantile Allianz für Fortschritt und Entwicklung im All! Aber das Haus Atreides war an dieser Gesellschaft mit einundfünfzig Prozent beteiligt. Fünf Prozent der Anteile besaß Muad'dibs Priesterschaft, was die Hohen Häuser hatten hinnehmen müssen, da der
Weitere Kostenlose Bücher