Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten
befahl sie. Odrade warf Tuek einen Blick zu. Er lag ausgestreckt zu ihrer Rechten auf dem Boden. Einer der Pfeile hatte sein Ziel nicht verfehlt.
»Waff hat den Hohepriester getötet«, sagte Odrade, damit ihre heimlichen Zuhörer Bescheid wußten.
Die beiden Gestaltwandler starrten sie unverwandt an. Ihre Unentschlossenheit war offenkundig. Keiner der beiden, bemerkte sie, hatte eine Ahnung, wie diese Situation den Bene Gesserit entgegenkam. Die Tleilaxu saßen tatsächlich in der Falle!
Odrade sagte zu den beiden Gestaltwandlern: »Verschwindet. Und nehmt die Leiche dort hinten mit! Schließt die Tür! Euer Herr hat eine Torheit begangen. Er wird eure Dienste später brauchen.« Waff zugewandt, sagte sie: »Im Augenblick brauchen Sie mich mehr als Ihre Gestaltwandler. Schicken Sie sie weg!«
»Geht!« keuchte Waff.
Da die Gestaltwandler den Blick nicht von ihr lösten, sagte Odrade: »Wenn ihr nicht sofort geht, bringe ich ihn um – und danach erledige ich euch.«
»Gehorcht ihr!« kreischte Waff.
Die Gestaltwandler sahen darin ein Kommando, ihrem Herrn zu gehorchen. Odrade hatte einen anderen Klang in Waffs Stimme gehört. Es lag nun an ihr, ob sie es fertigbrachte, ihn von seiner selbstmörderischen Hysterie zu heilen.
Als sie mit ihm allein war, entfernte sie die leergeschossenen Waffen aus seinen Ärmeln und steckte sie ein. Man konnte sie später in aller Ausführlichkeit untersuchen. Was Waffs gebrochene Knochen anging, so konnte sie nicht mehr tun, als ihrem Gefangenen für kurze Zeit das Bewußtsein zu nehmen und sie zu richten. Mit Hilfe zweier Kissen und einer grünen Gardinenschnur improvisierte sie ein paar Schienen.
Waff kam rasch wieder zu sich. Als er Odrade ansah, stöhnte er.
»Wir sind nun Alliierte«, sagte Odrade. »Was sich in diesem Raum abgespielt hat, ist von einigen meiner Leute und mehreren Vertretern einer Fraktion mitgehört worden, die Tuek durch jemanden aus ihren eigenen Kreisen ersetzen wollen.«
Es ging zu schnell für Waff. Er brauchte einen Moment, um überhaupt zu verstehen, was sie gesagt hatte. Sein Geist erfaßte jedoch zumindest das wichtigste.
»Alliierte?«
»Ich stelle mir vor, daß man mit Tuek nur schwer verhandeln konnte«, sagte sie. »Selbst wenn man ihm einen profitablen Vorschlag machte, fing er unweigerlich an, Unsinn zu reden. Sie haben einigen der Priester einen Gefallen damit getan, daß Sie ihn umgebracht haben.«
»Und sie hören uns jetzt zu?« stöhnte Waff.
»Natürlich. Lassen Sie uns über das Gewürzmonopol reden, von dem Sie gesprochen haben! Der bedauerlicherweise verstorbene Hohepriester erwähnte es. Ich möchte versuchen, den Umfang Ihres Angebots einzuschätzen.«
»Meine Arme«, jammerte Waff.
»Immerhin leben Sie noch«, sagte Odrade. »Seien Sie meiner Weisheit dankbar. Ich hätte Sie töten können.«
Waff wandte das Gesicht von ihr ab. »Das wäre besser gewesen.«
»Nicht für die Bene Tleilax, und ganz gewiß nicht für die Schwesternschaft«, sagte Odrade. »Wollen wir mal sehen. Ja, Sie haben versprochen, Rakis mit vielen neuen Erntefabriken zu beliefern, und zwar mit denen, die schweben können und die Wüste nur noch mit Saugköpfen abtasten.«
»Sie haben gelauscht!« sagte Waff vorwurfsvoll.
»Aber nein! Ein sehr attraktiver Vorschlag, denn ich bin sicher, daß die Ixianer gratis liefern, weil sie eigene Pläne verfolgen. Soll ich weitermachen?«
»Sie haben gesagt, wir seien jetzt Alliierte.«
»Ein Monopol würde die Gilde zwingen, mehr ixianische Navigationsinstrumente zu kaufen«, sagte Odrade. »Dann hätten Sie die Gilde in der Zange.«
Waff hob den Kopf, um sie anzusehen. Die Bewegung jagte einen starken Schmerz durch seine Arme, und er stöhnte. Trotz der Schmerzen musterte er Odrade eingehend unter halb geschlossenen Lidern hervor. Glaubten die Hexen wirklich, alles über den Plan der Tleilaxu zu wissen? Er wagte kaum zu hoffen, daß sie wirklich derart im dunkeln tappten.
»Natürlich war dies nicht Ihr Grundsatzplan«, sagte Odrade.
Waff riß die Augen weit auf. Sie las seine Gedanken! »Ich bin entehrt worden«, stöhnte er. »Als Sie mein Leben retteten, haben Sie eine sinnlose Tat vollbracht.« Er sank zurück.
Odrade holte tief Luft. Es ist an der Zeit, die Ergebnisse der Domstift-Analyse auszuspielen. Sie beugte sich zu Waff hinüber und flüsterte ihm ins Ohr: »Der Shariat braucht Sie noch.«
Waff keuchte.
Odrade lehnte sich zurück. Sein Keuchen hatte ihr alles gesagt. Die Analyse war
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