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Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten

Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten

Titel: Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Herbert
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eigenen Kindheit, und zwar in jenem Heim, in dem die Schwester Prokuratorin nächtens an den Bettreihen vorbeiging, um sich zu vergewissern, daß alle schlafend in den Betten lagen.
    Schwester Baram, die Nacht-Prokuratorin.
    Taraza hatte seit Jahren nicht mehr an sie gedacht. Schwester Baram war untersetzt und dick gewesen: eine Ehrwürdige Mutter, die versagt hatte. Man hatte es ihr einfach nicht sofort angesehen, aber die Medizinerschwestern und ihre Suk-Ärzte hatten etwas gefunden. Man hatte Baram nie erlaubt, an der Gewürz-Agonie teilzunehmen. Das, was sie über ihren Defekt wußte, hatte sie bereitwillig zugegeben. Man hatte es entdeckt, als sie noch eine Halbwüchsige gewesen war: periodische Nervenzuckungen, die auftraten, wenn sie gerade einschlief. Ein Symptom mit tieferer Bedeutung, aufgrund dessen man sie sterilisiert hatte. Die Zuckungen verurteilten sie zur Schlaflosigkeit; deswegen war es nur logisch, daß sie in der Nacht Rundgänge machte.
    Aber Baram hatte auch noch andere Schwächen, die ihre Vorgesetzten nicht entdeckt hatten. Ein aufgewecktes Kind, das zum Waschraum tapste, konnte Baram zu einem leisen Gespräch verleiten. Naive Fragen erzeugten meist naive Antworten, aber manchmal offenbarte Baram ein nützliches Wissen. Sie hatte Taraza den Entspannungstrick beigebracht.
    Eines Morgens hatte ein älteres Mädchen Schwester Baram tot im Waschraum aufgefunden. Die Zuckungen der Nacht-Prokuratorin waren das Symptom eines fatalen Defekts gewesen, ein Faktum von größter Wichtigkeit für die niemals endenden Aufzeichnungen der Zuchtmeisterinnen.
    Da die Bene Gesserit die vollständige »Einzeltod«-Erziehung in der Regel erst auf den Lehrplan setzten, wenn man in das Stadium einer Helferin übergewechselt war, war Schwester Baram die erste Tote, die Taraza zu Gesicht bekam. Man hatte ihre Leiche halb unter einem Waschbecken liegend vorgefunden. Barams rechte Wange lag gegen den gefliesten Boden gepreßt, während ihre linke Hand das unter dem Becken befindliche Abflußrohr umklammert hielt. Sie hatte versucht, ihren geschwächten Körper hinaufzuziehen, und dabei hatte sie der Tod ereilt, der ihre letzte Bewegung nun zur Schau stellte wie ein in Bernstein gefaßtes Insekt.
    Als man Schwester Baram umdrehte, um sie fortzutragen, sah Taraza dort, wo ihre Wange den Boden berührt hatte, einen roten Fleck. Die Tages-Prokuratorin erklärte das Mal mit der ihr eigenen wissenschaftlichen Gelassenheit. Jede Erfahrung konnte für die potentiellen Ehrwürdigen Mütter in Daten umgewandelt werden, die man später in die mit den Helferinnen geführten ›Todeskonversationen‹ einbrachte.
    Die fahle Farbe des Todes.
    Nun, als sie im Domstift an ihrem Tisch saß – nach all den Jahren, die seit diesem Ereignis vergangen waren –, sah Taraza sich gezwungen, ihre sorgfältig konzentrierten Kräfte zu nutzen, um die Erinnerungen abzuschütteln. Sie mußte sich davon freimachen, um mit der vor ihr liegenden Arbeit beginnen zu können. So viele Lektionen. Sie hatte so unheimlich viele Erinnerungen. Viele Lebensalter waren in ihr vereint. Daß sie die Arbeit sah, die vor ihr lag, bestätigte ihr, daß sie noch da war. Daß sie Dinge zu erledigen hatte. Daß man sie brauchte. Eifrig wandte sie sich ihrer Aufgabe zu.
    Sie verfluchte die Notwendigkeit, den Ghola auf Gammu auszubilden.
    Aber dieser Ghola erforderte es. Wollte man seine ursprüngliche Persönlichkeit wiederherstellen, war es nötig, daß er den Boden, über den sich seine Füße bewegten, wiedererkannte.
    Es war weise gewesen, Burzmali in die Gammu-Arena zu schicken. Wenn Miles tatsächlich ein Versteck gefunden hatte ... wenn er jetzt wieder auftauchte, würde er alle Hilfe brauchen, die er kriegen konnte. Erneut zog sie die Frage in Betracht, ob die Zeit reif dazu war, dem ausgeklügelten Plan zu folgen. Es war so gefährlich! Man hatte die Tleilaxu bereits davon in Kenntnis gesetzt, daß man möglicherweise bald ihren Ersatz-Ghola brauchen würde.
    »Macht ihn ablieferungsbereit!«
    Ihr Geist wandte sich dem Rakis-Problem zu. Man hätte diesen Narren Tuek besser überwachen sollen. Wie lange konnte ein Gestaltwandler ihn imitieren, ohne aufzufallen? Man konnte Odrades spontaner Entscheidung jedoch nichts Übles nachsagen. Sie hatte die Tleilaxu in eine unhaltbare Position gedrängt. Wenn man die Identität des Gestaltwandlers offenbarte, mußte sich eine Welle des Hasses über die Tleilaxu ergießen.
    Das, was sich innerhalb des Bene Gesserit-Plans

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