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Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten

Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten

Titel: Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Herbert
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sehr aufschlußreich. Albertus war jetzt in das alles enthüllende Stadium eingetreten, in dem die Angst sich um seinen Hodensack krallte. Er wußte, daß die schreckliche Ehrwürdige Mutter Odrade ihn mit einem Todesbann belegen oder ihn mit eigenen Händen umbringen konnte. Was er auch sagte oder tat – nichts würde ihrem entsetzlichen prüfenden Blick entgehen.
    »Sie haben darüber nachgedacht, ob Sie mich umbringen und unsere Festung in Keen vernichten sollen«, sagte Odrade im Tonfall einer Anklägerin.
    Albertus zitterte noch stärker. »Warum sagen Sie solche Dinge, Ehrwürdige Mutter?« In seiner Stimme klang ein enthüllendes Winseln mit.
    »Sie sollten nicht versuchen, es abzustreiten«, sagte sie. »Ich frage mich, wer schon alles herausgefunden hat, wie leicht Sie zu durchschauen sind. An sich sollten Sie ein Geheimnisbewahrer sein. Niemand erwartet von Ihnen, daß Sie mit einem Gesicht herumlaufen, auf dem alle unsere Geheimnisse offen geschrieben stehen!«
    Albertus fiel auf die Knie. Odrade rechnete damit, daß er sich ganz in den Staub warf.
    »Aber Ihre Leute haben mich doch geschickt!«
    »Und Sie waren nur zu glücklich, dieser Aufforderung Folge zu leisten! Weil Sie herausbekommen wollten, ob es eine Möglichkeit gibt, mich umzubringen!«
    »Warum sollten wir ...«
    »Schweigen Sie! Sie haben etwas dagegen, daß Sheeana unserer Kontrolle untersteht. Sie haben Angst vor den Tleilaxu. Man hat bestimmte Dinge aus Ihren priesterlichen Händen genommen und Dinge in Bewegung gesetzt, die Ihnen Furcht einflößen.«
    »Ehrwürdige Mutter! Was sollen wir tun? Was sollen wir tun?«
    »Ihr werdet uns gehorchen! Und noch mehr als das: Ihr werdet Sheeana gehorchen! Ihr habt Angst vor dem, was wir heute tun wollen? Ihr solltet euch vor ganz anderen Dingen fürchten!«
    Odrade schüttelte in höhnischer Verachtung den Kopf, denn sie wußte genau, welche Auswirkungen ihre Worte auf den armen Albertus haben würden. Er krümmte sich unter der Wucht ihres Zorns.
    »Aufstehen!« befahl sie. »Und denken Sie daran, daß Sie ein Priester sind, und daß man von Ihnen Wahrheiten verlangt!«
    Stolpernd und mit gesenktem Kopf kam Albertus wieder auf die Beine. Odrade sah die Reaktion seines Körpers auf seinen Entschluß, keine Ausflüchte zu gebrauchen. Welche Prüfung mußte dies für ihn sein! Pflichtgetreu der Ehrwürdigen Mutter gegenüber, die offensichtlich in sein Herz schauen konnte, mußte er nun auch gegenüber seinem Glauben ehrerbietig sein. Er mußte sich dem äußersten Paradoxon aller Religionen stellen:
    Gott sieht alles!
    »Sie werden nichts vor mir geheimhalten, nichts vor Sheeana, und nichts vor Gott«, sagte Odrade.
    »Vergebung, Ehrwürdige Mutter!«
    »Vergebung? Weder liegt es in meiner Macht, Ihnen zu vergeben, noch sollten Sie mich darum bitten. Sie sind Priester!«
    Albertus schaute auf und sah in das zornige Gesicht Odrades. Nun mußte er mit dem Paradoxon allein fertig werden. Gott war gewiß hier! Aber in der Regel befand er sich meist weit entfernt, um Konfrontationen aufzuschieben. Morgen war wieder ein neuer Tag des Lebens. Klar. Und es war ganz in Ordnung, wenn man sich ein paar kleine Sünden gestattete – vielleicht die eine oder andere Lüge. Für den Augenblick. Wenn die Verlockung allzu groß war, konnte man hin und wieder auch im Großformat sündigen. Von den Göttern wußte man ja, daß sie gerade großen Sündern besondere Nachsicht entgegenbrachten. Irgendwann konnte man sich ja bessern.
    Odrade musterte Albertus mit dem analytischen Blick der Missionaria Protectiva.
    Ahhh, Albertus, dachte sie. Aber jetzt befindest du dich in Gegenwart eines Mitmenschen, der über alle Dinge Bescheid weiß, von denen du glaubtest, sie seien Geheimnisse zwischen dir und deinem Gott.
    Was Albertus anging, so konnte seine gegenwärtige Lage sich kaum vom Tod und der letzten Reise zur letzten Aburteilung durch seinen Gott unterscheiden. So konnte man gewiß den unbewußten Hintergrund dessen beschreiben, was für den Zerfall der Willenskraft des Priesters verantwortlich war. Sämtliche religiösen Ängste, die er hatte, waren in ihm hochgestiegen und richteten sich auf eine Ehrwürdige Mutter.
    In ihrem trockensten Tonfall, wobei sie nicht einmal die Kraft ihrer Stimme einsetzte, sagte Odrade: »Ich wünsche, daß diese Farce sofort aufhört.«
    Albertus wollte schlucken. Er wußte, daß er nicht lügen konnte. Möglicherweise wußte er noch, wie man log, aber das nützte ihm jetzt nichts

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