Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten
Wunde zu entdecken – an der Stelle, wo er einen Sondenkontakt beiseitegefegt hat.
Mentatprojektion: Ich bewege mich mit gefährlicher Geschwindigkeit.
Aber nun ist er von der Trage herunter. Der Funktionär faßt mit äußerst langsamer Hand nach einer Ausbuchtung in seiner Seitentasche. Teg zermalmt ihm die Kehle. Der Funktionär wird nie wieder die kleine Lasgun anfassen, die er stets bei sich trägt. Yars ausgestreckte Hand hat noch immer kein Drittel der Strecke zur Sondenkonsole zurückgelegt. In seinen Augen spiegelt sich unendliche Überraschung. Teg bezweifelt, ob der Mann die Handkante, die ihm das Genick bricht, überhaupt sieht. Materly bewegt sich etwas schneller. Ihr linkes Bein nähert sich der Stelle, an der Teg sich vor dem Bruchteil einer Sekunde aufgehalten hat. Immer noch zu langsam! Materly wirft den Kopf zurück, ihre Kehle bietet sich Tegs heransausender Handkante förmlich dar.
Wie langsam sie zu Boden fallen!
Teg bemerkt plötzlich, daß ihm der Schweiß in Bächen von der Stirn herabläuft, aber er hat jetzt keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen.
Ich kannte jeden ihrer Schritte, bevor sie ihn taten! Was ist mit mir geschehen?
Mentatprojektion: Die Sonden-Agonie hat mich auf eine neue Bewußtseinsebene gehoben.
Ein starkes Hungergefühl machte ihm klar, wieviel Energie er verbraucht hatte. Er verdrängte das Gefühl und erkannte, daß er allmählich wieder in den normalen Zeitverlauf zurückkehrte. Drei dumpfe Aufschläge: zu Boden fallende Körper.
Teg untersuchte die Sondenkonsole. Es war kein ixianisches Fabrikat. Die Kontrollen waren jedoch ähnlich. Er schloß den Datenspeicher kurz und löschte ihn.
Zimmerbeleuchtung?
Der Schalter war neben dem Ausgang. Teg löschte das Licht, holte dreimal tief Luft. Ein rasend schneller dunkler Fleck jagte durch die Nacht.
Die Männer, die ihn hierhergebracht hatten, hatten aufgrund ihrer dicken Kleidung, die sie vor der winterlichen Kälte schützte, kaum Zeit, sich dem seltsamen Geräusch zuzuwenden, bevor der rasende Fleck sie zu Boden fegte.
Teg kehrte jetzt schneller in den normalen Zeitverlauf zurück. Das Sternenlicht zeigte ihm einen Weg, der durch dichtes Buschwerk einen Hang hinunterführte. Er rutschte eine Weile über schneebedeckten Morastboden, dann fand er eine Möglichkeit, sein Gleichgewicht zu bewahren. Er kam auf eine Ebene zu. Jeder Schritt, den er tat, war wohlberechnet. Dann fand er sich in offenem Gelände wieder und blickte auf ein Tal.
Die Lichter einer Stadt. Das große, finstere Rechteck eines Gebäudes in ihrem Zentrum. Teg kannte diesen Ort: Es war Ysai. Dort hielten sich die Puppenspieler auf.
Ich bin frei!
36
Es war einmal ein Mann, der saß jeden Tag vor einem großen Bretterzaun und blickte durch eine Öffnung, die durch ein fehlendes Brett entstanden war. Auf der anderen Seite des Zauns kam jeden Tag ein Esel vorbei: zuerst seine Nase, dann der Kopf, die Vorderläufe, sein brauner Rücken, seine Hinterläufe, und am Schluß sein Schwanz. Eines Tages nun sprang der Mann mit der Erleuchtung eines Entdeckers in den Augen auf und rief allen zu, die in Hörweite waren: »Es ist ganz klar! Die Nase ist die Ursache des Schwanzes!«
Geschichten geheimer Weisheit
Aus den Mündlichen Überlieferungen von Rakis
Seit sie nach Rakis gekommen war, hatte Odrade sich mehrmals dabei ertappt, daß sie an das alte Gemälde dachte, das an der Wand von Tarazas Domstift-Quartier einen derart prominenten Platz einnahm. Wenn sie diese Erinnerungen überkamen, spürte sie, daß ihre Hände wie unter der Berührung eines Pinsels erzitterten. Ihre Nasenflügel bebten, wenn sie den Geruch der Öle und Pigmente einsog. Ihre Emotionen vergewaltigten die Leinwand. Jedesmal, wenn Odrade aus diesen Erinnerungen zurückkehrte, erwuchsen in ihr neue Zweifel, ob Sheeana wirklich ihre Leinwand war.
Wer von uns formt den anderen?
An diesem Morgen war es schon wieder passiert. Es war noch dunkel vor dem Penthouse gewesen, das zur Burg gehörte und ihre und Sheeanas Unterkunft beherbergte. Eine Lernschwester war lautlos eingetreten, um Odrade zu wecken und ihr zu sagen, daß Taraza in Kürze eintreffen würde. Odrade hatte in das sanft beleuchtete Gesicht der dunkelhaarigen Helferin geschaut und auf der Stelle das Bild aus ihrer Erinnerung vor sich gesehen.
Wer von uns erschafft wirklich den anderen?
»Sheeana soll noch etwas schlafen«, hatte sie gesagt, bevor sie die Helferin entließ.
»Wollen Sie vor der Ankunft
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