Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dune-Stories: Träume vom Wüstenplaneten

Dune-Stories: Träume vom Wüstenplaneten

Titel: Dune-Stories: Träume vom Wüstenplaneten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank und Brian Herbert , Kevin J. Anderson
Vom Netzwerk:
Apologet des Sokratischen Christentums«, sagte die brüchige Stimme. »Wahrscheinlich wurde er auf IV Anbus geboren und lebte irgendwann im achten bis neunten Jahrhundert, etwa zur Regierungszeit der zweiten Corrinos. Von Tibanas Schriften hat nur ein kleiner Teil überdauert, dem dieser Ausschnitt entnommen ist: ›Die Herzen aller Menschen bewohnen dieselbe Wildnis.‹ Das sind Worte, die man bedenken sollte, wenn man sich mit dem Gedanken an Verrat trägt.«
    Paul ließ den Blick kurz über die verständnislosen Gesichter seiner Diener und Weggefährten schweifen. Er hatte ihnen nicht gesagt, was für Informationen Bijaz hatte, und sie wussten nicht, was sie erwartete. Namen – würde dieser Zwerg gleich den Namen irgendeines Anwesenden nennen?
    »Die Fremen der tiefen Wüste haben die Blutopfer an den Shai-Hulud wiederbelebt«, drang es zeitgleich mit Bijaz' Wimmern aus dem Rekorder. »Sie sagen, der Imperator und seine Schwester seien ein und dieselbe Person, die Vorder- und die Rückseite eines einzigen Wesens, das halb männlich, halb weiblich ist.«
    Paul bemerkte, wie sich ihm mehrere Blicke zuwandten. Plötzlich hatte er das Gefühl, sich in einem Traum zu befinden, der von einem anderen Bewusstsein kontrolliert wurde, und dass er eben das vielleicht im nächsten Augenblick vergessen und sich in den Verwicklungen dieses Bewusstseins verlieren würde.
    »Imperator und Schwester müssen gemeinsam sterben, um diesen Mythos Wirklichkeit werden zu lassen«, fistelte der Rekorder. »Die Worte des Panygeristen Otmo werden in geheimen Zeremonien gepredigt. ›Muad'dib ist der Coriolissturm‹, sagt man. ›Er ist der Wind, der den Tod im Leib trägt. Alia ist der Blitz, der aus dem vom Sand verdunkelten Himmel zuschlägt.‹ Und man ruft: ›Blast das Licht aus! Der Tag ist gekommen!‹ Das ist das Signal zum Angriff, das sie lernen.«
    Paul dachte an das uralte Ritual. Mystizismus, verwoben mit Volksüberlieferungen, alten Aussprüchen, alten Sitten, vergessenen Bedeutungsebenen – ein blutiges, viele Zeitalter überspannendes Spiel von Ideen und Vorstellungen. Ideen ... Ideen ... ihnen war eine schreckliche Macht zu eigen. Sie konnten Zivilisationen auslöschen oder zu einem strahlenden geistigen Licht werden, das das Leben der Menschen über Jahrhunderte hinweg erleuchtete. Er schaute den Zwerg an und sah junge Augen in einem alten Gesicht. Vollkommen blaue Augen! Dann war der Zwerg also melangeabhängig. Was mochte das bedeuten? Paul musterte diese Augen, völliges Blau inmitten eines Netzwerks aus knotigen weißen Falten, die auf die Mulden unter den Schläfen zuliefen. Was für ein großer Kopf. Alles schien auf den geschürzten Mund zuzulaufen, aus dem weiterhin das monotone, hohe Jammern drang.
    Die Namen, dachte Paul. Komm zu den Namen.
    »Unter den Naibs«, fistelte der Rekorder, »sind die Verräter Bikouros und Cahueit. Außerdem ist da Djedida, Otmos Sekretär.«
    Paul spürte, wie sich die Wachmänner um ihn herum versteiften, als sie die Bedeutung dessen, was hier geschah, begriffen. Bannerjee machte einen halben Schritt nach vorn und starrte hasserfüllt auf den Zwerg.
    Bannerjee auch?, fragte sich Paul. Ein Gefühl der Bedrohung hatte Besitz von ihm ergriffen. Bikouros, Cahueit, Djedida!
    »Dann wäre da Abumojandis, Bannerjees Diener«, fuhr Bijaz fort. »Und Eldis ...«
    Neben Paul kam es zu hektischer Bewegung, etwas, womit er gerechnet hatte, doch nicht in dieser Art und Weise. Bannerjee wirbelte herum und positionierte sich zwischen Paul und dem Diener mit dem Distrans-Rekorder. Der Diener hatte den Rekorder gehoben und richtete ihn wie eine Waffe auf Paul. Ein Flammenstrahl schoss aus dem Gerät hervor und traf Bannerjee an der Hüfte. Die Fistelstimme des Distrans verstummte, doch Bijaz' Gejammer dauerte an, als Paul ein Silbermesser aus der Scheide in seinem linken Ärmel schleuderte. Es sah aus, als würde der Messergriff plötzlich aus dem Hals des Dieners sprießen. Bannerjee taumelte rückwärts und fiel in Pauls Arme. »Mylord, ich habe versagt«, knurrte er.
    Der Diener lag am Boden, und Wachleute hielten ihn an den ausgestreckten Armen fest. Er starrte aus toten Augen zur Decke. Jetzt erkannte Paul den Mann als Abumojandis, ein Fremen aus dem Sietch Balak in der tiefen Wüste. Dann entsprach Otheyms Liste also den Tatsachen – all diese Leute waren Verräter.
    Ärzte zogen Bannerjee aus Pauls Armen.
    Paul wurde bewusst, dass Bijaz noch immer sein monotones Wehklagen ausstieß.

Weitere Kostenlose Bücher