Dungirri 01 - Schwarze Dornen
als er endlich sprach, zerrissen seine verzweifelten, erstickten Worte ihr das Herz. »Oh Gott, Bella. Es tut mir so leid. Es tut mir so leid, dass er dich verletzt hat. Es ist meine Schuld. Das wäre nicht passiert, wenn ich nicht …«
Sie hob ihr Gesicht von seiner Schulter und sah selbst im gedämpften Licht der Taschenlampe die Qual in seinem Blick.
»Alec, mir fehlt nichts. Von einem Schlag auf den Kopf und ein paar Schrammen und Kratzern abgesehen hat er mir nichts getan.«
»Er hat nicht …?«
In den ungesagten Worten sah sie die geistige Folter, der Darren ihn ausgesetzt haben musste.
Trotz der schweren Fesseln an ihren Gelenken fasste sie sein Gesicht mit beiden Händen und ließ ihn die Wahrheit
in ihren Augen sehen. »Was immer er dir eingeredet hat, es ist nicht passiert.«
Er schloss die Augen und holte keuchend Luft. Sie legte ihre Stirn an seine und ließ ihm Zeit, sein Gleichgewicht wiederzufinden.
Fast hätte er es wieder verloren, als er die Handschellen aufschloss und die blutigen Striemen an ihren Handgelenken sah.
»Hey, es ist alles gut«, beharrte sie und grinste ihn schief an. »Hol mich jetzt einfach aus diesem Drecksloch raus.«
Bei dem Versuch aufzustehen, gaben ihre Beine nach, aber er half ihr, trug sie fast, als sie durch den Tunnel wankten, während Finn ungeduldig vor ihnen herlief.
Sie stolperten in einen breiteren Gang, wo sich ihr helfende Hände entgegenstreckten, doch sie ließ Alec nicht los, und er hob sie auf seine Arme und trug sie aus dem Schacht heraus.
Als sie ins Freie traten, hörte sie Jubelschreie, Blitzlichter flammten auf, und Leute drängten sich um sie, lächelten, berührten sie am Arm und murmelten Worte der Erleichterung.
Viele, viele Leute. Leute aus Dungirri. Bekannte Gesichter, die Augen vor Erschöpfung gerötet, aber vertraut. Leute, die stundenlang in der dunklen Nacht geschuftet haben mussten, um sie und Tanya zu finden. Leute, die schwere Zeiten und schreckliche Zustände erlebt hatten und die dennoch so viel Nächstenliebe besaßen, dass sie ungeachtet aller Wahrscheinlichkeit immer weitergemacht, immer weitergehofft hatten.
Ihre Leute.
Ihr Blick verschwamm, und sie krächzte ein ums andere Mal ihren Dank.
Hinter den Scheinwerfern leuchteten die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne durch die Bäume. Morgen. Schon. Wie lange hatte sie also in diesem Loch gesessen? Zu lange jedenfalls, als dass die Erinnerung daran zu ertragen gewesen wäre.
Die Sanitäter brachten eine Trage, und Alec setzte sie darauf ab. Sie wollte seine Hand festhalten, doch das war unmöglich, solange die Sanitäter sie behandelten. Journalisten mit Kameras drängten heran, aber er befahl ihnen, ihr den nötigen Platz zu lassen, und schon stand auf einmal er im Fokus der Medien. Er beantwortete noch immer Fragen - und hielt dabei Finn am Halsband fest -, als die Rettungssanitäter und einige SES-Leute die Trage anhoben und sich auf den Weg zurück zur Piste machten.
»Bitte …«
»Wir bringen Sie zum Krankenwagen, Detective. Bleiben Sie ruhig liegen, dann sind Sie in null Komma nichts hier raus.«
Sie trugen sie durch den Busch zur Piste, wo zwei Krankenwagen mit rot und blau blinkenden Lichtern warteten, wo Beth und Ryan ihre Tochter im Arm hielten und Delphi, die an Kris’ Schulter weinte, ihr schmerzhaft fest die Hand drückte.
Sie alle kümmerten sich um sie, machten es ihr bequem, bereiteten sie auf die Fahrt ins Krankenhaus vor. Und während all der Zeit wartete sie auf Alec, doch er kam nicht.
28
D a wären wir, Chef. Das ist das Krankenhaus.« Die Männerstimme stahl sich in seinen Traum, und Alec schreckte auf und wusste nicht, wo er war. Der Minenschacht … Bella leblos, blutüberströmt wie Shani …
Nein . Mit einem Kopfschütteln vertrieb er das Bild, während der Streifenwagen abbremste und auf den Parkplatz einbog, der von niedrigen Bauten gesäumt war, die ihr Licht in die hereinbrechende Dämmerung sandten. Das Krankenhaus von Birraga. Himmel, er war offenbar gleich eingeschlafen, nachdem sie Dungirri verlassen hatten.
»Tut mir leid, ich war keine gute Gesellschaft«, entschuldigte er sich bei dem Constable, der ihn gefahren hatte. Verdammt, er konnte sich nicht einmal an den Namen des Mannes erinnern, und in dem Zwielicht war das Namensschild nicht zu erkennen.
»Kein Problem, Chef. Ich dachte mir schon, dass Sie ein bisschen Schlaf gebrauchen können. Die letzten Tage waren ganz schön hart.«
»Ja«, pflichtete Alec aus
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