Dungirri 01 - Schwarze Dornen
Zulassung überein. Ach, und der stellvertretende Untersuchungsrichter war da und hat die Leiche zur Autopsie freigegeben.«
Wozu sie, so viel war Alec klar, ebenfalls nach Sydney musste, was wiederum einen Tag Verzögerung bedeutete, bis endlich mit Ergebnissen zu rechnen war. Währenddessen blieb Tanya verschwunden und durchlitt weiß Gott welche Hölle, und in Dungirri lief ein Mörder frei herum und hatte Bella jederzeit im Blick. Die Ergebnisse der Spurensicherung konnten zur Verurteilung des Täters beitragen, aber sie würden nicht rechtzeitig genug eintreffen, um den Killer zu fassen. Es hing alles von logischer, routinierter und instinktsicherer Ermittlungsarbeit ab. Aber vor allem brauchten sie einen Durchbruch, irgendeine heiße Spur, und zwar schnell, um den drohenden Albtraum eines möglichen Scheiterns zu vertreiben.
Die Saaltüren gingen auf, und Steve Fraser marschierte herein, er kam auf sie zu, das Gesicht so finster und verbissen, wie Alec selbst sich fühlte.
»Wir haben ein neues Problem«, erklärte er. »Joe Ward ist verschwunden.«
16
I sabelle stieß Finn weg und stand mit zittrigen Beinen auf. Ihr erster Gedanke war, dass Joes Verschwinden nicht den Durchbruch, sondern eher das Gegenteil bedeutete, und dies spiegelte sich auch in der Trostlosigkeit wider, die kurz über Alecs Gesicht zuckte, bevor er wieder seine professionelle Maske aufsetzte.
»Ward wollte heute Vormittag eine Liefertour machen«, erläuterte Steve. »Er hätte nur eine Stunde weg sein sollen, ist aber seitdem nicht mehr aufgetaucht. Seine Tochter Melinda sagt, er hätte sich eigenartig benommen, sei nervös gewesen, und sie macht sich furchtbare Sorgen.« Steve ließ den Blick über die Gruppe schweifen und erklärte dann: »Außerdem sagt sie, er sei gestern Abend noch spät aus dem Haus gegangen und erst gegen Tagesanbruch zurückgekehrt. Und sein Gewehr ist nicht mehr da.«
»Gestern bei der Befragung war er auch schon ziemlich nervös«, stellte Alec fest. »Kris? Isabelle? Was meint ihr? Entführer oder Opfer?«
»In meiner Nähe ist er schon immer nervös gewesen«, gestand Isabelle. Den Grund dafür hatte sie bislang verschwiegen, aber nun musste sie mit der Wahrheit herausrücken, denn ihr Gefühl tendierte zu Opfer, nicht zu Täter. »Vor Jahren gab es mal einen Vorfall, ich war vierzehn oder so, da musste ich ihm einen Kniestoß versetzen. Ich
habe es nie jemandem erzählt, aber ich glaube, er hatte Angst, dass ich es tun würde und dass man ihm dann womöglich Melinda wegnimmt.«
»Er hat dich belästigt?«, knurrte Alec, und inmitten dieses ganzen Wahnsinns berührte und wärmte seine männliche Sorge sie, auch wenn sie innerlich abstritt, dass dies auch nur die geringste Bedeutung hatte.
»Eine harmlose Grapscherei im Suff. Nichts, wogegen ich mich nicht hätte wehren können, auch damals schon.«
Ihr Versuch, den Vorfall herunterzuspielen, minderte die Furchen in Alecs Stirn nur geringfügig.
»Aber er war nicht gerade gut auf deinen Vater zu sprechen, Bella«, merkte Kris nachdenklich an. »Ich hab irgendwann mal im Pub mit angehört, wie er über deinen Dad hergezogen ist, weil der ihn in einem von seinen Büchern verbraten hätte.«
Isabelle starrte sie an. »Joe? In einem Buch?« Rasch ging sie im Geist die Schriften ihres Vaters durch und schüttelte dann den Kopf. »Es ist mir schleierhaft, wie er auf diesen Gedanken kommt. Mit fällt keine einzige Figur ein, die Joe ähneln würde.«
»Es gibt Leute, die interpretieren die verquersten Sachen in die unschuldigsten Situationen hinein.«
Alecs ruhige Anmerkung hatte nichts Anklagendes, aber Isabelle bemerkte, dass Steve plötzlich ein hochrotes Gesicht hatte. Genau, er hatte verquere Dinge in Dan Chalmers’ unschuldigem Verhalten gesehen. Aber damit war er nicht allein gewesen.
Sie atmete bedächtig aus. Es brachte nichts, alte Geschichten noch einmal durchzukauen. Steve hatte dazugelernt und bereute seine Fehler, wie auch etliche andere.
Niemandem war damit gedient, wenn sie sich an die Vergangenheit klammerte, vor allem Tanya nicht.
Oder übersah sie das Offensichtliche? Konnte Joe Tanya entführt haben? Sie hatte seinem gestrigen Unbehagen keine Bedeutung beigemessen, da er sich seit diesem vergangenen Vorfall in ihrer Gegenwart immer unwohl fühlte. Und bei der Diskussion mit Jeanie und Kris war Joe als Verdächtiger ausgeschieden, weil es ihm einfach an Grips für einen derart komplexen Plan fehlte. Ein Mann mit schlichten,
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