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Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Titel: Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Stückchen näher an die Messerschublade heran. Dann registrierte sie seinen Blick, folgte ihm und schob die Lade mit einer übertrieben heftigen Bewegung zu. »O ja, ich verstehe. Zwei-, drei Mahlzeiten, ein nettes Gespräch und eine Nacht in einem warmen Bett … möglicherweise sind wir wirklich quitt. Ich wußte allerdings nicht, daß dein Leben so wenig wert ist.«
    Die falsche Taktik. Jan atmete innerlich auf. Vera hätte eine Menge sagen können, um ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen, aber damit machte sie es nun leichter für ihn.
    »Bitte versteh mich nicht falsch«, sagte er. »Ich bin dir dankbar. Aber wir … machen eine schwere Zeit durch. Wir haben genug Probleme.«
    »Auch ohne mich, meinst du.«
    Jan ignorierte das. »Du kannst nicht hierbleiben. Die Wohnung ist zu klein, und wir haben im Moment wirklich nicht die Kraft, uns um ein weiteres Schicksal zu kümmern.«
    Warum, zum Teufel, verteidigte er sich eigentlich? Er reklamierte für sich nichts anderes als das selbstverständlichste aller Rechte. Er hatte es nicht einmal nötig , irgendwelche Argumente zu suchen.
    »Und wo soll ich hin?«
    Was, zum Teufel, ging ihn das an? »Es muß doch irgend jemanden geben, zu dem du gehörst. Irgendeinen Verwandten. Freunde.«
    »Du hast vergessen, wo ich herkomme«, antwortete Vera bitter. »Es ist ein weiter Weg bis nach Transsylvanien. Und Vampire sind selten geworden heutzutage.«
    Jan antwortete absichtlich nicht. Er hatte nicht vor, sich auf irgendeine Diskussion einzulassen, ganz gleich auf welchem Niveau. »Ich kann dir noch etwas Geld geben«, sagte er. »Nicht viel, aber für ein paar Tage wird es reichen.«
    »Wie du meinst«, antwortete Vera. Sie machte keinen Versuch, den bitteren Vorwurf in ihrer Stimme zu unterdrücken. »Ich räume hier nur ein bißchen auf, und –«
    »Das ist nicht nötig«, unterbrach sie Jan. »Ich mache das schon.« Nach dem, was er gerade gesehen hatte, würde sie das Chaos ohnehin nur verschlimmern. Außerdem wollte er, daß sie ging, bevor Katrin zurückkam.
    »Ich verstehe«, sagte Vera. »Du hast es eilig. Also gut. Und noch mal vielen Dank für alles.«
    Jan trat beiseite, um sie vorbeizulassen. Er hatte damit gerechnet, daß sie ins Gästezimmer ging, um irgendwelche Sachen zu holen, aber offensichtlich hatte sie nichts, was des Mitnehmens wert war, denn sie steuerte geradewegs und mit sehr schnellen Schritten die Tür an. Keine zehn Sekunden nach ihren letzten Worten hatte sie die Wohnung verlassen, und Jan blieb fast verdutzt zurück.
    Das war zu leicht gewesen. Er kam sich vor wie ein Boxer, der mit dem sicheren Wissen in den Ring gestiegen war, einem zumindest ebenbürtigen Gegner entgegenzutreten, und nun verwirrt feststellen mußte, daß dieser schon nach dem ersten, nicht einmal ernstgemeinten Schlag k.o. gegangen war. Vielleicht war sein Kontrahent gar nicht so ebenbürtig gewesen. Erhatte einen harten Kampf erwartet, aber andererseits … was hätte sie schon tun oder sagen sollen?
    Also gut, dachte Jan erleichtert. Dieses Problem hatte sich erledigt. Jetzt würde er sich dem Rest der Welt stellen. Einige davon waren vielleicht von anderem Kaliber.
    Er ging zum Telefon, hörte die aufgezeichneten Anrufe ab und stellte fest, daß zumindest zwei davon durchaus Anlaß zur Sorge gaben – der eine war von Dr. Mertens, der wieder einmal um Rückruf bat und diesmal schon deutlich drängender klang als zuvor, der andere von Krieger. Auch er bat Jan zurückzurufen, das aber in weitaus unfreundlicherem Ton als Mertens. Jan hatte nicht die geringste Ahnung, was der Polizeibeamte von ihm wollte, aber er hatte auch gar keine Lust, es herauszufinden. Er löschte den Anruf, um erst gar nicht in Versuchung zu geraten, später vielleicht doch noch die Nummer anzurufen, die Krieger ihm auf Band hinterlassen hatte, und versuchte dann, den Doktor zu erreichen. Vergebens.
    Jan hängte ein, ging in die Küche und begann das Chaos zu beseitigen, das Vera hinterlassen hatte. Er haßte Hausarbeit, wußte aber, daß es eine der sichersten Methoden war, um auf andere Gedanken zu kommen.
    Heute funktionierte sie nicht.
    Von seiner gelösten Stimmung war nichts geblieben. Nach einer halben Stunde blitzte die Küche vor Sauberkeit, aber er war so nervös und verwirrt wie vorher.
    Er setzte Kaffee auf, dann zündete er sich eine Zigarette an und trat ans Fenster. Es war albern, aber für einen Moment war er felsenfest davon überzeugt, daß Vera irgendwo dort unten stehen und darauf

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