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Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Titel: Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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entfernt. Sie schien unverletzt – wenigstens sah er kein Blut –, aber sie hatte ihre Plastiktüte fallengelassen. Die war aufgeplatzt und hatte ihren Inhalt in weitem Umkreis über die Straße verstreut. Jemand stand direkt hinter Katrin und schien beruhigend auf sie einzureden, aber Jan war so aufgeregt, daß er ihm keinerlei Beachtung schenkte.
    Er jagte nun seinerseits über die Straße, ohne auch nur einen Gedanken an seine Sicherheit zu verschwenden. Diesmal quietschten keine Bremsen. Der Zwischenfall hatte dafür gesorgt, daß die Autos nun sehr langsam fuhren. Einige hatten angehalten, und zwei oder drei Fahrer stiegen sogar aus, um nach dem Rechten zu sehen; vielleicht auch nur aus Neugier. Jan sah aus den Augenwinkeln, wie auch die Fahrertür des Mercedes aufging und ein dicker Mann in einem schlecht sitzenden Anzug ausstieg. Dann hatte er Katrin erreicht und vergaß alles andere.
    »Katrin! Um Gottes willen! Was ist passiert? Bist du verletzt?«
    Es verging fast eine Sekunde – eine Ewigkeit –, bis sie überhaupt auf seine Worte reagierte; eine Sekunde, in der ihm eine Million Dinge durch den Kopf schossen, die ihr zugestoßensein konnten, ohne eine äußerlich sichtbare Verletzung zurückzulassen.
    Dann hob sie langsam den Kopf und sah aus Augen zu ihm hoch, in denen kein Erkennen war. Jan hatte sie noch nie so blaß gesehen. Selbst ihre Lippen waren weiß.
    »Was ist mit dir?«
    »Verdammt noch mal, laß sie doch erst einmal zu Atem kommen! Sie ist nicht verletzt!«
    Jan sah hoch und erkannte erst jetzt, daß der Jemand , der sich um Katrin gekümmert hatte, niemand anderes als Vera gewesen war. Er war nicht einmal überrascht. Nur wütend.
    »Stimmt das?« fragte er, an Katrin gewandt.
    Sie deutete ein Nicken an – wenigstens vermutete er, daß es ein Nicken war – und hob zittrig die Hand. Jan wollte ihr aufhelfen, aber Vera kam ihm zuvor, was seinen Zorn nur noch steigerte.
    »Was soll das?« fragte er wütend. »Habe ich dir nicht deutlich gesagt, daß –«
    »Laß sie in Ruhe«, murmelte Katrin leise. »Sie hat mich gerettet.«
    Jan blinzelte. »Wie?«
    »Sie hat mich zurückgerissen.«
    »Was für ein Zufall«, murmelte Jan verstört. Er funkelte Vera an. »Du bist nicht zufällig im Nebenberuf Schutzengel?«
    »Ich war zufällig hier und habe den Wagen gesehen«, antwortete Vera kalt. »Hätte ich zusehen sollen, wie sie überfahren wird, nur damit du nicht mißtrauisch wirst?«
    Es war kein Zufall. Einen solchen Zufall konnte es gar nicht geben. Jan kam jedoch nicht dazu, zu antworten, denn in diesem Moment fühlte er sich von einer Hand an der Schulter gepackt und rüde herumgerissen.
    Es war der Mercedes-Fahrer. Sein Gesicht war noch breiter, als Jan es in Erinnerung hatte, und von einer Mischung ausSchrecken und daraus geborener, langsam aufkommender Wut beherrscht. Er überragte Jan um mindestens zwanzig Zentimeter und mußte fast das Doppelte wiegen.
    »Einen Moment!« begann er aggressiv. »So geht das nicht. Ihre Freundin –«
    Jan schlug seinen Arm beiseite. »– wäre um ein Haar von Ihnen überfahren worden!« schnappte er. »Danken Sie Gott, daß ihr nichts passiert ist!«
    »Wie bitte?« murmelte der Dicke verdutzt. Sein Gesicht begann sich allmählich rot zu färben. »Sie ist mir einfach vor den Wagen gesprungen!«
    »Weil Sie zu schnell waren«, mischte sich Vera ein. »Ich habe alles gesehen. Sie sind mindestens achtzig gefahren.«
    »Das ist nicht wahr!« Der Mercedes-Fahrer stand kurz davor, loszuschreien. »Sie ist einfach auf die Straße gesprungen.« Aber Jan spürte hinter der Aggressivität, daß der Mann nicht sicher war, nicht zu schnell gefahren zu sein.
    »Es ist ja nichts passiert«, sagte Jan beruhigend. »Vergessen wir es einfach.«
    »Vergessen?« Seine Worte schienen genau das Gegenteil zu bewirken. »So einfach ist das nicht, Freundchen! Ich hätte um ein Haar einen Unfall verursacht, nur weil Ihre Kleine glaubt, die Straße für sich allein gepachtet zu haben! Ich werde die Polizei rufen!«
    Etwas im Gesicht des Mannes flackerte. Für einen Moment schien er … ein anderer zu sein, als verberge sich unter seinem Gesicht noch ein zweites, vollkommen anderes.
    »Tun Sie das«, sagte Jan kühl. Er hob die Kamera, die er noch immer in der linken Hand hielt. »Ich habe alles fotografiert.«
    »Ist das zufällig eine Radarkamera?« fragte der Dicke hämisch.
    »Nein«, antwortete Jan. »Aber eine Motorkamera. Mankann feststellen, in welchem Abstand die

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