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Dunkel ueber Longmont

Dunkel ueber Longmont

Titel: Dunkel ueber Longmont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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Männern, denen beim Anblick eines hübschen Gesichts schwindlig wird.« Wieder diese Stimmgewalt, so einfühlsam. »Nein, es ist Eure Anständigkeit, die ich so anziehend finde.«
    Dann sagte Gaborn, vielleicht weil er spürte, daß die Dunkelheit sich ringsum senkte: »Ich will ehrlich sein, Prinzessin Sylvarresta. Es gibt andere Prinzessinnen, mit denen ich mich verbinden könnte, in anderen Königreichen.
    Haver sind am Meer oder Internook.« Er ließ ihr einen Augenblick zum Nachdenken. Beide Königreiche waren ebensogroß wie Heredon – ebenso reich und vielleicht sogar einfacher zu verteidigen, es sei denn, natürlich, man befürchtete eine Invasion vom Meer. Und die Schönheit von Prinzessin Arrooley von Internook war legendär, selbst hier, zwölfhundert Meilen entfernt. »Doch Ihr habt mich neugierig gemacht.«
    »Ich? Wie das?«
    Gaborn antwortete aufrichtig: »Vor ein paar Jahren hatte ich einen Streit mit meinem Vater. Er hatte Vorkehrungen getroffen, um Anmut für mich von einem jungen Fischer zu kaufen. Ich war dagegen. Ihr wißt, wie jene, die ihre Anmut hergeben, sich oft an das Leben klammern. Die Muskeln ihrer Eingeweide können sich nicht strecken, und sie können keine Speisen verdauen. Selten sind sie in der Lage zu laufen. Selbst jeder Versuch, zu sprechen oder die Augen zu schließen, kann schmerzhaft für sie sein. Ich habe gesehen, wie sie dahinsiechen, bis sie nach etwa einem Jahr sterben. Mir scheint, als seien all die Eigenschaften, die man einander weitergeben kann…
    Ich habe mich jedenfalls geweigert, und mein Vater wurde wütend. Ich sagte, es sei unrecht, auf diesem schändlichen Tauschgeschäft zu bestehen und Gaben von solchen Untertanen anzunehmen, die so arm an Verstand und weltlichen Gütern waren, daß sie sich glücklich schätzten, die besten Teile von sich an uns abzutreten.
    Mein Vater lachte. ›Du hörst dich an wie Iome Sylvarresta.
    Als ich das letzte Mal an ihrem Tisch speiste, hat sie mich einen unersättlichen Menschen geschimpft – unersättlich nicht, was Essen anbetrifft, sondern unersättlich, weil ich vom Unglück anderer zehre! Ha! Stell dir das vor!‹«
    Gaborn klang genauso wie der König, als er seinen Vater zitierte. Er hatte wieder alle Ausdruckskraft seiner Stimme eingesetzt.
    Iomes Gesicht glühte vor Verlegenheit. Sie war oft hin-und hergerissen gewesen zwischen Bewunderung und Abscheu für König Orden. Er war in mancher Hinsicht eine heldenhafte Gestalt. Mendellas Val Orden war ein mächtiger, entschlossener König, und es ging das Gerücht, daß er sich im Kampf gut schlug. Zwei Jahrzehnte lang hatte er die Königreiche im Norden zusammengehalten. Ein Blick von ihm würde so manchen Möchtegern-Tyrannen einschüchtern, und er konnte mit einer knappen Bemerkung dafür sorgen, daß ein Prinz die Gunst seines eigenen Vaters verlor.
    Einige bezeichneten ihn als Königsmacher. Andere nannten ihn den Herrn der Marionetten. In Wahrheit hatte sich Orden nicht ohne Grund zu einem Mann von heroischem Ausmaß hinaufgearbeitet. Gleich den Runenlords aus alter Zeit hatte er zu einem Übermenschen werden müssen, weil seine Feinde Übermenschen waren. »Verzeiht mir meine Bemerkung«, sagte Iome. »Euer Vater hat es nicht verdient, von einem selbstgerechten siebzehnjährigen Mädchen so verurteilt zu werden.«
    »Verzeihen?« erwiderte Prinz Gaborn. »Was gibt es da zu verzeihen? Ich war derselben Ansicht wie Ihr. Vielleicht hatten unsere Vorfahren vor eintausend Jahren einen Grund, sich gegenseitig der Schmach der Zwingeisen zu unterwerfen.
    Aber die Invasionen der Nomen gehören lange der Vergangenheit an. Der einzige Grund, daß Ihr und ich Runenlords sind, liegt darin, daß wir in dieses ›schändliche Tauschgeschäft‹ hineingeboren wurden! Eure Worte hatten mich so neugierig gemacht, daß ich meinen Vater bat, jedes einzelne zu wiederholen, das Ihr je in seiner Gegenwart gesprochen habt – sowie die Umstände, unter denen sie gesprochen wurden. Also berichtete er mir, was Ihr mit drei Jahren gesagt hattet, und dann alles Weitere, was er glaubte erzählen zu dürfen.«
    Er ließ Iome einen Sekundenbruchteil Zeit, um zu begreifen, was das bedeutete. Lord Orden, wie jeder, der über so kräftige Gaben der Geisteskraft verfügte, konnte sich natürlich an alles erinnern, was er je gesehen hatte, an jedes Wort, das er je gehört hatte, an jede nebensächliche Bemerkung. Mit seinen Gaben des Gehörs konnte Lord Orden eine drei Räume entfernt geflüsterte

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