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Dunkel ueber Longmont

Dunkel ueber Longmont

Titel: Dunkel ueber Longmont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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Bemerkung durch die dicken Mauern einer Burg verfolgen. Als Kind hatte Iome die Machtfülle nie recht verstanden, über die ein erwachsener Runenlord verfügte.
    Zweifellos hatte sie viele Dinge gesagt, die König Orden niemals hatte hören sollen. Und er wußte alles noch fehlerfrei.
    »Nun ja…«, meinte Iome.
    »Seid nicht gekränkt«, beruhigte Gaborn sie. »Ihr habt Euch nicht in Verlegenheit gebracht. Mein Vater hat jeden Scherz erzählt, den Ihr gegenüber Lady Chemoise gemacht habt.«
    Er deutete mit dem Kopf auf die Hofdame. Iome spürte die Geste eher, als daß sie sie sah. »Schon als Kind fand mein Vater Euch amüsant und großherzig. Ich wollte Euch kennenlernen, mußte aber den rechten Augenblick abwarten.
    Vergangenes Jahr kam ich im Gefolge meines Vaters zum Hostenfest, damit ich mir Euch ansehen konnte… Ich saß im Großen Saal und habe Euch während des gesamten Festmahls und auch sonst beobachtet.
    Ich möchte soweit gehen und behaupten, ich hatte Angst, ich könnte Euch mit meinem starren Blick durchbohren. Ihr habt mich beeindruckt, Iome. Mein Herz habt Ihr im Sturm genommen. Ich habe mir die Menschen in Eurer Nähe angesehen, die Kinder, die Euch bedienten, die Gardisten und die Hofdamen, und bemerkte, wie sie sich nach Eurer Zuneigung sehnten. Am nächsten Morgen, als wir aufbrachen, wurde ich Zeuge, wie sich eine Gruppe von Kindern um Euch scharte, gerade als unsere Karawane aufbrechen wollte. Ihr habt verhindert, daß die Kleinen unter die Hufe der Pferde gerieten. Von Eurem Volk werdet Ihr sehr geliebt, und Ihr erwidert diese Liebe von ganzem Herzen. In sämtlichen Königreichen Rofehavans gibt es niemanden, der Euch ebenbürtig wäre. Deswegen bin ich gekommen. Ich hatte gehofft, auch ich dürfte, wie alle, die Euch nahe sind, die Hoffnung hegen, eines Tages Eure Zuneigung zu gewinnen.«
    Offene Worte. Iome dachte rasch nach. König Orden brachte immer ein oder zwei Dutzend Gefolgsleute zum Festmahl mit in den Großen Saal. Es war nur gerecht, daß die, die an der Jagd teilnahmen, ihren Teil des erlegten Ebers bekamen, der zum Höhepunkt des Festmahls aufgetragen wurde. Iome versuchte sich an die Gesichter der Männer zu erinnern: Mehrere wiesen Narben der Zwingeisen auf und waren demzufolge aus eigenem Recht weniger bedeutende Lords.
    Prinz Gaborn war vermutlich einer von ihnen gewesen. Und er mußte sehr jung gewesen sein.
    Aber Ordens Gardisten und Gefolgsleute waren bis auf den letzten Mann ältere, vertrauenswürdigere Männer.
    Orden war klug genug zu wissen, daß die besten Kämpfer selten flinke Jugendliche waren, die beim Gedanken, eine Axt oder ein Schwert zu schwingen, vor Begeisterung ganz außer sich gerieten. Nein, die Besten waren alt – Meister der Technik und der Taktik, die oftmals in der Schlacht keinen Schritt weit wichen, sich kaum zu bewegen schienen und mit tödlicher Genauigkeit zuschlugen.
    Orden hatte keinen jungen Mann in seinem Gefolge gehabt.
    Bis auf… bis auf einen, an den sie sich erinnerte: einen schüchternen Jungen, der am anderen Ende der Tafel gesessen hatte – ein hübscher Junge mit glattem Haar und durchdringenden blauen Augen, die vor Klugheit nur so sprühten, obwohl er mit offenem Mund in die Gegend starrte wie ein gewöhnlicher Mensch. Iome hatte ihn nur für einen Leibdiener gehalten, dem man vertraute, einen Knappen in der Ausbildung vielleicht.
    Dieser ganz gewöhnliche Junge konnte doch unmöglich der Prinz des Runenlords gewesen sein! Schon der Gedanke bereitete ihr Unbehagen und ließ ihr Herz klopfen. Iome drehte sich um und sah Prinz Gaborn an, um ihren Verdacht zu bestätigen.
    Und mußte lachen. Da stand er, ein einfacher junger Mann mit geradem Rücken, dunklem Haar und diesen klaren blauen Augen. Noch ein Jahr, und er wäre erwachsen. Iome konnte ihre Überraschung kaum verhehlen. Er war… nicht gerade eine eindrucksvolle Erscheinung. Mehr als ein oder zwei Gaben der Anmut besaß er sicherlich nicht.
    Gaborn lächelte, entzückt über ihre Freude. »Nun, jetzt habt Ihr mich gesehen und kennt den Grund für mein Kommen.
    Hätte ich um Eure Hand angehalten, hättet Ihr sie mir gegeben?«
    Iome antwortete ernst, von ganzem Herzen: »Nein.«
    Gaborn trat einen Schritt zurück, als hätte sie ihm einen Schlag versetzt, als sei ihre Ablehnung das letzte, womit er gerechnet hatte. »Wie das?«
    »Ihr seid ein Fremder. Was weiß ich denn von Euch? Wie kann ich jemanden lieben, den ich nicht kenne?«
    »Ihr würdet mein Herz

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