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Dunkel wie der Tod

Dunkel wie der Tod

Titel: Dunkel wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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Scheinbar gefasst sagte sie: „Mir scheint, dass Will allmählich wieder zu sich kommt. Es dürfte wohl das Beste sein, wenn ich mit ihm ein wenig hinausgehe, damit er einen klaren Kopf bekommt.“
    Adam lächelte, doch war es ein Lächeln, mit dem man wohl ein Kind bedenken mochte, wenn es versuchte, sich mit einer aberwitzigen Lüge davonzustehlen.
    â€žKönnte ich bitte den Schlüssel haben?“ Sie wollte gerade schon die rechte Hand ausstrecken, als ihr das Skalpell einfiel; sie besann sich rasch und hielt ihm die linke hin.
    Noch immer kühl lächelnd, schüttelte er den Kopf, als wolle er sagen: Ich habe Sie durchschaut. Wir haben einander durchschaut.
    Nell nahm allen Mut zusammen und machte zwei Schritte auf Adam zu, sodass er nun zwischen ihr und dem Kamin stand. Die Hände hielt sie verschränkt, damit er nicht sah, wie sie das Skalpell unmerklich durch die Fingerspitze ihres Handschuhs schob. Die Klinge war scharf und durchtrennte mühelos die feine Häkelspitze. Mit äußerster Willensanstrengung gelang es ihr, sich sie beide aus dem Blick eines unbeteiligten Beobachters vorzustellen – er mit dem Rücken zum marmornen Kamin, sie mit einer Waffe.
    Du schaffst das, redete sie sich ein. Weißt du noch, wie du Harry überwältigt hast? Das hier ist nichts anderes.
    Mit leise lockender Stimme sagte sie: „Muss das denn sein? Es geht doch auch anders.“ Mit regloser Miene sah er sie an, als sie dicht an ihn herantrat und die Hand ausstreckte, um seine Wange zu liebkosen. „Geben Sie mir einfach die Schlüssel“, flüsterte sie, fuhr mit der linken Hand in sein Haar, packte es und bog seinen Kopf zurück, während sie ihm zugleich die Spitze des Skalpells an die Kehle setzte. „Beide. Und dann stellen Sie sich dort drüben an den Bettpfosten.“ An welchen sie ihn fesseln würde – damit er auch noch hier war, wenn die Polizei eintraf.
    Er nahm den Blick nicht von ihr, und sein Lächeln veränderte sich unmerklich. Es schien, als sei er gegen seinen Willen beeindruckt. „Sie stecken voller Überraschungen, was?“ Aber dann verschwand sein Lächeln; in seinen Augen schimmerte jene dunkle Wehmut auf, die ihr auch bei ihrer ersten Begegnung aufgefallen war. „Wenn Sie nur nicht wären, was Sie sind“, sagte er, holte die Schlüssel aus seiner Westentasche …
    Und ließ sie ins Feuer fallen.
    Nell rang keuchend nach Atem und stieß Adam beiseite. Sie dachte einzig daran, an die Schlüssel zu gelangen – ein schwerwiegender Fehler, der ihr jedoch erst bewusst wurde, als sie sah, wie er ausholte.
    Das wird wehtun, dachte sie noch, da versetzte er ihr auch schon einen heftigen Schlag, der sie stürzen und schwer gegen den Marmorsims fallen ließ.
    Es tat weh – die Welt leuchtete in gleißend hellem Schmerz auf. Als ihr Kopf aufschlug, schien noch einmal alles um sie her zu bersten, bevor sie hinabtaumelte in schwarze Finsternis.

21. KAPITEL
    â€žLeviticus, zwanzigstes Kapitel, Vers zehn. ‚Wenn ein Mann die Ehe bricht mit der Frau seines Nächsten …‘“
    Von Adams gleichmäßigem Singsang wieder ins Bewusstsein gerufen, öffnete Nell die Augen und stellte fest, dass ihr Kopf vor Schmerz dumpf pochte, aber wenigstens in weiche Kissen gebettet war.
    â€žâ€šâ€¦ so sollen beide des Todes sterben, Ehebrecher und Ehebrecherin.‘“
    Binnen des Bruchteils einer Sekunde fiel ihr alles wieder ein – Will und sein Opium, Adam und sein Wahn … Syphilis … Quecksilber … Ich habe es eingenommen, mich damit eingerieben, mich bedampfen lassen … die Schlüssel, das Skalpell, Adams Schlag und ihr Sturz gegen den Kamin …
    Nell lag auf dem Bett – auf Wills Bett –, halb aufgesetzt an einen Stapel Kissen gelehnt, sie war vollständig bekleidet, wenngleich ihr Hut und ihre Handschuhe fehlten und ihr Haar offen herabhing. Adam musste die Nadeln herausgenommen haben. Ihre linke Wange fühlte sich feucht und klebrig an, gewiss Blut von der Platzwunde an ihrer Stirn. Als sie versuchte, sich zu bewegen, musste sie feststellen, dass sie mit den Handgelenken sowie am Hals an das grün lackierte eiserne Bettgestell gefesselt war. Die Fessel um den Hals erlaubte es ihr zumindest, sich aufzusetzen; die Hände jedoch waren fest an die Eisenstäbe gebunden.
    Jemand stöhnte. Will.
    Nell schaute zum Sofa, das an

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